Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
„Konservativen“ äußern – aus den begutachteten und damit einzig legitimen wissenschaftlichen Zeitschriften herauszuhalten. Entsprechend wollen die „Konservativen“ in eben diesen Zeitschriften präsent sein. Journale, die ansonsten von kaum jemandem außerhalb wissenschaftlicher Spezialistenkreise wahrgenommen wurden, standen plötzlich im Zentrum einer Klimadebatte, die dabei war, völlig aus dem Ruder zu laufen.
In dieser Logik entwickelte sich 2003 eine eigenartige groteske Auseinandersetzung um die kleine, aber feine und begutachtete Zeitschrift Climate Research , die sich zumeist angewandten Fragen von Klimawandel, -wirkung und -manifestation, insbesondere regionaler Art, widmete. Das Journal hatte zehn Herausgeber aus aller Herren Länder – mit den verschiedensten fachlichen Hintergründen –, die unabhängig voneinander arbeiteten. Ihre Aufgabe bestand u. a. darin, Artikel zu gewinnen und den Begutachtungsprozess zu organisieren – d. h., Gutachter zu finden und die verschiedenen Gutachten abschließend danach zu bewerten, ob oder nach welchen Verbesserungen der Artikel zum Druck in Climate Research angenommen wird.
Unter den zehn Herausgebern erwiesen sich zwei als „skeptischen“ Artikeln gegenüber wohlwollend eingestellt. Sie interessierten sich für fundamentale Fragen und hielten etwa diejenige, ob es den menschengemachten Klimaeffekt überhaupt gibt, noch für nicht beantwortet.
In den Jahren zuvor erschienen in Climate Research zunächst vermehrt skeptisch angehauchte Artikel – was wir nicht vorschnell als negativ beurteilen wollen, zumal es der Offenheit des wissenschaftlichen Prozesses dienlich ist, solange der Begutachtungsprozess methodisch ordentlich durchgeführt wird.
Zum Konflikt kam es im Jahr 2003 wegen eines Artikels, dessen Autoren sehr viele wissenschaftliche Veröffentlichungen auf Indizien für die mittelalterliche Warmzeit durchgesehen hatten. Die Verfasser hatten herausfinden wollen, ob diese Temperaturen mit den heutigen Werten vergleichbar waren. Beides wurde als Synthese aus den diversen früheren Artikeln bejaht und gefolgert, dass die Erderwärmung der Gegenwart mit derjenigen im Mittelalter vergleichbar sei und der Klimawandel daher historisch nicht einmalig, sondern sozusagen schon einmal stattgefunden hatte – ohne dass Treibhausgase im Spiel waren. Der Artikel fand einen erstaunlichen Widerhall in den USA: Er wurde von Vertretern der republikanischen Seite, einschließlich derjenigen im Weißen Haus, als richtungsweisend wahrgenommen. Es ist daher nicht erstaunlich, dass es auf der „anderen Seite“ rumorte, und die Herausgeber wurden von prominenten Klimaforschern wie etwa Phil Jones aufgefordert, etwas gegen die beiden Skeptiker in ihren Reihen zu unternehmen.
Unter den Herausgebern war Hans von Storch, und einige der Bemühungen, ihn zum Eingreifen zu bewegen, sind in den E-Mails von Climategate nachzulesen. Hans von Storch blieb standhaft und verlangte – wie in der Wissenschaft üblich – eine nachprüfbare Veröffentlichung, um mit dem konkreten Fall umgehen zu können. Diese gab es dann tatsächlich, initiiert von Michael Mann und anderen prominenten Klimaforschern, die sich kritisch mit den Methoden und Folgerungen der in Frage stehenden Arbeit auseinandersetzten. Ihren entsprechenden Text reichten sie jedoch nicht bei der betroffenen Zeitschrift ein, sondern anderswo. Das hatte den Vorteil, dass die Angeklagten sich nicht an Ort und Stelle zu den Vorwürfen äußern konnten. Sicher keine Methode, um eine offene Debatte zu führen, sondern vielmehr dazu geeignet, Opponenten, in diesem Fall „Skeptikern“, keine Chance zur Widerrede zu geben.
Die Veröffentlichung war insofern überzeugend, als es offenbar tatsächlich eine ganze Reihe von legitimen Fragen an den Artikel gab; Fragen, die während des Begutachtungsprozesses hätten gestellt werden müssen, aber offenbar nicht gestellt worden waren.
Hans von Storch konstatierte daher ein Versagen des Begutachtungsprozesses – nicht die Fehlerhaftigkeit des Artikels selbst, sondern der Prozedur – und schlug vor, dass zukünftig ein Chefherausgeber die eingehenden Artikel an die einzelnen Herausgeber verteilen und somit eine zentrale Instanz geschaffen werden sollte. Hans von Storch wurde zum Chefherausgeber bestimmt. Er blieb es aber nur wenige Tage. Nachdem er feststellen musste, dass der Verleger eine öffentliche Klarstellung des Vorgangs durch den neuen Chefherausgeber nicht
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