Die Klimaprioritaeten
Konten von Juristen und Beratern, die den Unternehmen helfen, den Nachweis dieser Additionalität anzutreten. Anders verhält es sich bei kleineren Projekten, deren Startschuss sehr wohl von CDM-Kapital abhängig sein kann.
Der Nachweis, ob ein Vorhaben Emissionen verringert, ist |161| hingegen einfacher zu erbringen. Für das Klima ist es letztlich egal, wer warum in Umwelttechnologien investiert, Hauptsache es wird investiert. Entscheidend ist, dass dadurch Emissionen reduziert werden.
Richtig ist auch, dass der Clean Development Mechanism einen Markt geschaffen hat, keinen Entwicklungsfonds oder puren Fördermechanismus für erneuerbare Energie. Sein Ziel ist es, handelbare Emissionsgutscheine zu generieren zu geringen Kosten. Nur weil es Hinweise auf Missbrauch gibt, muss ein ansonsten sinnvolles Instrument weder abgeschafft noch ausgesetzt werden. Es muss wirksam kontrolliert, und die dargelegten Schwachstellen müssen korrigiert werden. Das Hauptproblem: Wie wird Additionalität interpretiert? Der zusätzliche Umwelt- und Klimanutzen versteht sich von selbst. Wie man im Zukunft mit der Frage umgeht, ob ein Projekt nur dann »CDMtauglich« ist, wenn das zusätzliche Kapital den Ausschlag gibt für das Zustandekommen, darüber diskutieren derzeit Branche, Fachleute und UN. Standards und Verfahren des CDM stehen jedoch ohnehin auf dem Prüfstand, denn in seiner jetzigen Form gilt es als eine Säule des Kyoto-Protokolls vorerst nur bis 2012. Für die Zeit danach fordern Branchenvertreter eine klare Definition des Additionalitätskriteriums: Nicht die Motivation des Investors soll ausschlaggebend sein, sondern der Nutzen eines Projektes für den Klimaschutz.
Doch Argwohn und Abneigung vieler Umwelt- und
Hilfsorganisationen
über die CDM-Standards und Methoden sind groß und schwer aus der Welt zu räumen. So wurde unter Leitung des WWF ein Gütesiegel entwickelt, der sogenannte Gold Standard – der bekannteste von sieben existierenden alternativen Standards. Er soll nach eigenen Angaben noch höhere Umwelt- und Sozialkriterien für CDM-Projekte durchsetzen helfen, eine Art allumfassender Superstandard. So sollen »die
Beeinträchtigungen |162| auf die lokale Umwelt, biologische Vielfalt und den Boden gering sein, und die Vorhaben müssen gut abschneiden in punkto Arbeitsplätze, Gesundheit, Einkommen, Gleichstellung und technische Signalwirkung«, schreibt die deutsche Firma atmosfair auf ihrer Webseite. Atmosfair unterstützt den Gold Standard und neutralisiert nicht nur Flüge des
Umweltministeriums
.
Der Gold Standard favorisiert kleine Projekte für erneuerbare Energien wie Solarküchen, kleine Biogasanlagen oder
Mikrowasserkraftwerke
. Sie sind sicher richtig und gut, und man setzt sich mit ihnen nirgendwo in die Nesseln. Kleinvieh macht auch Mist, aber, realistisch betrachtet, nicht besonders viel. Die Erderwärmung werden diese Projekte nicht aufhalten. Das Gütesiegel ignoriert die wahren Verursacher des Klimawandels, die großen Kraftwerke und schmutzigen Fabriken. Es ist ohnehin mehr eine Erfindung europäischen Gutmenschentums denn ein hilfreiches Instrument, den Klimawandel wirksam zu bekämpfen.
Unternehmen in Entwicklungsländern sehen in ihm eher einen grünen Neokolonialismus, die Zuneigung zum Gold Standard hält sich dort in Grenzen, meint Pablo Fernandez Guillen, CDM-Spezialist des spanischen Energieversorgers Endesa. Denn der Gold Standard macht CDM-Vorhaben für arme Länder langwieriger, teurer, verhindert somit nachhaltige Entwicklung. Er ist zudem ein Beispiel für gut gemeinte Selbstüberschätzung. Die Verfahren zum Akkreditieren von Projekten sind nebulös. Eine Handvoll Nichtregierungsorganisationen überprüft, ob ein Vorhaben die oft fließenden Kriterien zufriedenstellend erfüllt – und dies in einem nicht gerade transparenten Gegenentwurf zum lautstark von diesen Gruppen kritisierten CDM-Prozedere. All dies hat dazu geführt, dass der Gold Standard zwar unglaublich bekannt ist, aber kaum registrierte Projekte |163| vorzuweisen hat und »absolut marginal ist«, wie Fernandez Guillen sagt.
Die Debatte um Standards für Klimaschutzprojekte berührt jedoch weitaus stärker den freiwilligen und unregulierten Markt. Dieser wächst und etabliert sich immer mehr neben den von der UN und dem Kyoto-Protokoll geregelten Emissionshandel. Yahoo zum Beispiel verkündete Ende 2007, bald »
emissionsneutral
« sein zu wollen und investiert deshalb in Projekte in Indien und Brasilien. Der
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