Die Klinge der Träume
gerichtet, bis Egeanin ihr die Hand unter das Kinn legte und ihren Kopf sanft nach oben drückte. »Ihr seht mir in die Augen. Ihr seht allen in die Augen.« Die Tarabonerin befeuchtete nervös die Lippen, aber sie blickte Egeanin direkt ins Gesicht, als die Hand von ihrem Kinn entfernt wurde. Doch ihre Augen waren weit aufgerissen.
»Das ist eine Veränderung«, sagte Juilin misstrauisch. Und mit einer Spur Verärgerung. Er stand so steif da wie eine dunkle Holzstatue. Er verabscheute alle Seanchaner für das, was sie Amathera angetan hatten. »Ihr habt mich einen Dieb genannt, weil ich sie befreit habe.« Darin war mehr als nur eine Spur Ärger. Er hasste Diebe. Und Schmuggler wie Domon.
»Alle Dinge verändern sich im Laufe der Zeit«, sagte Domon jovial und lächelte, um weitere erhitzte Worte abzuwehren. »Nun, Ihr seht wie ein ehrlicher Mann aus, Meister Diebefänger. Bevor Leilwin eingewilligt hat, meine Frau zu werden, hat sie mir das Versprechen abgerungen, mit dem Schmuggeln aufzuhören. Glück stich mich, wer hat je von einer Frau gehört, die sich weigert, einen Mann zu heiraten, es sei denn, er würde ein lukratives Handwerk aufgeben?« Er lachte, als wäre das der beste Witz der Welt.
Egeanin schlug ihm hart genug mit der Faust in die Rippen, um sein Lachen in ein Grunzen zu verwandeln. Dank seiner Heirat mussten seine Rippen ein einziger blauer Fleck sein. »Ich erwarte, dass du dein Versprechen hältst, Bayle. Ich ändere mich, und du musst das auch tun.« Nach einem schnellen Blick auf Amathera - vielleicht um sich zu vergewissern, dass sie noch immer gehorchte; Egeanin legte viel Wert darauf, dass andere das taten, was sie ihnen befahl - hielt sie Juilin die Hand hin. »Ich ändere mich, Meister Sandar. Wollt Ihr das auch tun?«
Juilin zögerte, dann nahm er ihre Hand. »Ich werde es versuchen.« Er klang nicht gerade überzeugt.
»Ein ehrlicher Versuch, um mehr bitte ich nicht.« Sie blickte sich stirnrunzelnd in dem Zelt um, dann schüttelte sie den Kopf. »Ich habe Orlopdecks gesehen, die nicht so bevölkert waren. Wir haben einen anständigen Wein in unserem Wagen, Meister Sandar. Wollt Ihr und Eure Dame Euch auf einen Becher oder zwei zu uns gesellen?«
Wieder zögerte Juilin. »Er hat das Spiel fast gewonnen«, sagte er schließlich. »Sinnlos, es herauszuzögern.« Er stülpte sich den konischen roten Hut auf den Kopf, richtete unnötigerweise seinen dunklen, weit geschnittenen tairenischen Mantel und bot Amathera den Arm. Sie ergriff ihn fest, und obwohl ihr Blick noch immer auf Egeanins Gesicht gerichtet war, zitterte sie sichtlich. »Ich nehme an, dass Olver hier bleiben und sein Spiel zu Ende spielen will, aber meine Dame und ich werden gern mit Euch und Eurem Gemahl Wein trinken, Frau Schiffslos.« In seinem Blick lag der Hauch einer Herausforderung. Für ihn war es klar, dass Egeanin mehr tun musste, um zu beweisen, dass sie Amathera nicht länger als gestohlenen Besitz betrachtete.
Egeanin nickte, als würde sie das genau verstehen. »Das Licht leuchte auf Euch diese Nacht, und für alle Tage und Nächte, die uns noch bleiben«, sagte sie zu den anderen als eine Art Abschiedsgruß. Wie aufmunternd von ihr.
Die vier waren gerade gegangen, da krachte ein Donnerschlag am Himmel. Er wiederholte sich, und Regen prasselte auf das Zeltdach und wurde schnell zu einem Wolkenbruch, der auf die grün gestreifte Zeltplane trommelte. Wenn Juilin und die anderen nicht gerannt waren, würden sie ihren Wein durchnässt trinken.
Noal nahm den Platz gegenüber von Olver ein und führte Amatheras Spiel fort, warf die Würfel für die Schlangen und Füchse. Die schwarzen Scheiben, die jetzt für ihn und Olver standen, befanden sich nun am Rand des mit einem Netz bemalten Tuchs, aber es war offensichtlich, dass sie es nicht schaffen würden. Zumindest für jeden außer Olver. Er stöhnte laut, als eine helle Scheibe auf eine Schlangenlinie kam, seinen Spielstein berührte, und er stöhnte erneut, als eine mit einem Dreieck markierte Scheibe Noals berührte.
Noal machte da mit der Geschichte weiter, wo er bei Egeanins und Domons Eintreten aufgehört hatte, einer angeblichen Reise auf einem Schiff des Meervolks. »Die Frauen der Atha'an Miere sind die anmutigsten auf der ganzen Welt«, sagte er und schob die schwarzen Scheiben zurück in den Kreis in der Spielfeldmitte, »noch mehr als die Domani, und du weißt, das will schon etwas heißen. Und wenn sie außer Sicht vom Land sind, dann…« Er
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