Die Klinge der Träume
ihrer Herrin besser zu dienen. Essande war sehr gut in ihrer Arbeit. Trotzdem störte es Elayne, und es störte sie noch mehr, weil sie sich bewusst war, dass das irrational war.
Sie ließ zu, dass Essande sie und Aviendha in das Ankleidezimmer führte. Sephanie schloss sich ihnen an. Mittlerweile fühlte sie sich richtig elend, sie war nass und zitterte, sie war wütend auf Birgitte, weil sie so einfach davongestürmt war, sie verspürte Angst, weil sie sich in dem Palast verirrt hatte, in dem sie aufgewachsen war, es störte sie, dass ihre Leibwächterinnen über sie klatschten. In Wahrheit fühlte sie sich absolut fürchterlich.
Aber Essande hatte sie schnell von den nassen Sachen befreit und in ein großes weißes Handtuch gewickelt, das vor dem großen Marmorkamin am anderen Ende des Raums auf einer Wärmestange gehangen hatte. Das hatte eine beruhigende Wirkung. Dieses Feuer war nicht so klein, und in dem Zimmer schien es fast schon zu heiß zu sein, eine willkommene Hitze, die in die Haut eindrang und das Zittern vertrieb. Essande rieb Elaynes Haar mit dem Handtuch trocken, während Sephanie das Gleiche bei Aviendha tat, was die Aiel noch immer verdross, obwohl es bei weitem nicht das erste Mal war. Sie und Elayne bürsteten sich oft abends gegenseitig das Haar, aber diesen einfachen Dienst von einer Zofe erledigen zu lassen trieb Farbe in Aviendhas sonnengebräunte Wangen.
Als Sephanie einen der Schränke an der Wand öffnete, seufzte Aviendha tief. Sie hielt ein Handtuch lose um ihren Körper - es war zwar peinlich, sich von einer anderen Frau das Haar trocknen zu lassen, aber fast nackt zu sein war in Ordnung -, und ein weiteres, kleineres, war um ihren Kopf gewickelt. »Elayne, findest du, ich sollte Feuchtländerkleidung tragen, da wir doch zu diesen Söldnern gehen?«, fragte sie mit zögerndem Tonfall. Essande lächelte. Sie genoss es, Aviendha in Seide zu kleiden.
Elayne unterdrückte selbst ein Lächeln, was nicht einfach war, da sie selbst gern gelacht hätte. Ihre Schwester tat so, als würde sie Seide verabscheuen, aber sie ließ selten eine Gelegenheit aus, sie zu tragen. »Wenn du dich überwinden kannst, Aviendha«, sagte sie ernst und richtete sorgfältig ihr Handtuch. Essande sah sie jeden Tag nackt, und Sephanie auch, aber es schickte sich nicht, so etwas grundlos zu tun.
»Wir sollten sie beide beeindrucken, das erzielt den größten Erfolg. Es stört dich doch nicht zu sehr, oder?«
Aber Aviendha stand bereits am Kleiderschrank, und ihr Handtuch klaffte sorglos weit offen, während sie mehrere Kleider berührte. In einem anderen Schrank hingen mehrere Garnituren Aiel-Kleidung, aber Tylin hatte ihnen vor ihrem Aufbruch aus Ebou Dar Truhen mit aufwändig geschneiderten Seiden- und Wollkleidern mitgegeben, fast genug, um beinahe ein Viertel der Kleiderschränke zu füllen.
Nach der kurzen Heiterkeit fühlte sich Elayne nicht länger, als müsste sie sich wegen allem streiten, also ließ sie sich ohne Widerrede von Essande in ein Kleid aus roter Seide stecken, auf dessen hohen Kragen Feuertropfen in der Größe von Fingergliedern aufgenäht waren. Dieses Kleid würde beeindrucken, da gab es keinen Zweifel, und man brauchte auch keinen weiteren Schmuck, obwohl der Große Schlangenring an ihrer rechten Hand ohnehin jeden Schmuck ersetzte. Die weißhaarige Dienerin hatte einen sanften Griff, aber trotzdem zuckte Elayne zusammen, als sie hinten die Reihen winziger Knöpfe schloss, wodurch sich das Oberteil um ihre empfindlichen Brüste spannte. Die Meinungen waren geteilt, wie lange das andauern würde, aber alle waren sich einig, dass sie mit noch mehr Schwellung rechnen musste.
Oh, wie sehr wünschte sie sich doch, Rand wäre nahe genug, um die vollen Auswirkungen durch ihren Bund zu teilen. Das würde ihn lehren, ihr so ohne weiteres ein Kind zu machen. Natürlich hätte sie den Herzblatttee trinken können, bevor sie sich ihm hingegeben hatte… Sie verdrängte den Gedanken energisch. Das alles war nur Rands Schuld, und damit Schluss.
Aviendha wählte Blau, wie sie es oft tat, mit Reihen winziger Perlen am Ausschnitt. Die Seide war nicht so tief ausgeschnitten, wie es in Ebou Dar Mode war, aber sie zeigte dennoch etwas Dekollete; nur wenige Kleider aus Ebou Dar taten das nicht. Als Sephanie anfing, die Knöpfe zu schließen, tätschelte Aviendha etwas, das sie aus ihrer Gürteltasche geholt hatte, einen kleinen Dolch mit einem Hirschhorngriff, der mit Golddraht umwickelt war. Er diente
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