Die Klinge des Löwen 01
Bogen benutzen. Hast du mich verstanden?“
Verlegen
lächelnd, aber mit vor Stolz rotem Gesicht nickte Roland eifrig.
„Ich werde Euch nicht enttäuschen!“
Dietrich
sah ihn nachdenklich an. „Paß gut auf dich auf, mein
Junge!“
Dann
verstummte er und lauschte. Die lauter werdenden Geräusche der
sich durch das Unterholz arbeitenden ahnungslosen Entführer und
ihrer Opfer ließen keinen Zweifel daran, daß die Gruppe
sich näherte.
Er
wandte sich Giselbert zu. „Komm, es wird Zeit, unsere Posten zu
beziehen! Wir wollen den Schurken aufwarten, daß sie meinen,
die Hölle habe sie verschluckt!“
Ein
grimmiges Lächeln überzog Giselberts Gesicht. „Bei
diesem Tanz bin ich gerne dabei, Herr!“
Sachte
bewegten sie sich hintereinander am östlichen Rande der Lichtung
entlang zum Berg hin. Nach etwa hundert Schritt blieb Dietrich stehen
und lauschte. Giselbert war dicht an seiner Seite. Roland war
inzwischen dabei, die Pferde an eine Stelle zu führen, wo die
Bäume dicht beisammen standen. Er wollte sichergehen, daß
kein unberufenes Auge sie zu früh entdeckte. Greif befahl er,
sich niederzulegen und sich ruhig zu verhalten. Der Hund folgte
sichtlich widerstrebend diesem Befehl. Mit geöffneter Schnauze
und heraushängender Zunge schien es, als lachte er über
diese Zumutung, die ihm angesichts der fühlbaren Gefahr wohl
mehr als sonderbar erschien.
Anschließend
schloß der Knappe eine Strecke weit zu seinem Herrn und dessen
Waffenknecht auf. Er versteckte sich in Sichtweite der beiden hinter
einer mächtigen Pappel, einen Steinwurf entfernt von der Linie,
wo der Wald so unvermittelt aufhörte. Von seinem Platz aus hatte
er einen guten Überblick sowohl über das Waldstück, in
dem sie die Entführer der Gräfin erwarteten, als auch über
die freie Fläche, die still und friedlich dalag. Er konnte
ungesehen beobachten, was Dietrich und Giselbert tun würden,
wenn sie die Feinde stellten.
Roland
war jetzt doch etwas aufgeregt. In der kommenden Begegnung würde
es zu einem Kampf auf Leben und Tod kommen. Sein Herr hatte ja keinen
Zweifel daran gelassen. So ganz egal war ihm die Gefahr, nun da sie
näherrückte, nicht mehr. Er hörte sein Herz klopfen
bei diesen Gedanken und zwang sich gewaltsam zur Ruhe. Es waren ja
nur drei Mann, die zu überwältigen waren. Dietrich nahm es
mit doppelt so vielen auf, wenn es sein mußte! Und auch der
breitschultrige Giselbert führte eine treffliche Klinge. Nein,
da konnte nichts schiefgehen - es durfte nichts schiefgehen!
Aus
der Tiefe des Waldes drang das Geräusch brechender Zweige an
sein Ohr. Er sah, daß Dietrich und Giselbert, die mittlerweile
einige Schritte weit in den Wald vorgedrungen waren, sich eilig
hinter größeren Stämmen versteckten. Roland machte
seinen Bogen schußbereit, denn das Knacken dürren Holzes
wurde lauter. Es rührte unverkennbar von einigen Menschen mit
Pferden her, die sich ihren Weg mühsam durch das Unterholz
bahnten und langsam näherkamen. Bald gaben die Bäume, deren
Laub sich großenteils noch nicht entfaltet hatte, den Blick auf
die Ursache der Geräusche frei.
Dietrich
spähte zwischen den Ästen hindurch. Als erstes erblickte er
einen der feindlichen Kriegsknechte, der mit seinem Pferd am Zügel
vorausging. Hinter ihm kamen Gräfin Ida und ihre Zofe, ebenfalls
zu Fuß und jeweils ihr Reittier am Zügel führend. Sie
machten beide einen erschöpften Eindruck. Ihre langen Gewänder
behinderten sie in dem Gestrüpp sehr und machten das Gehen
mühsam. Neben ihnen ging ein weiterer Krieger, der den kleinen
Bernhard auf dem Arm trug. Den Schluß bildete der dritte
Kriegsknecht. Er führte zwei Pferde mit sich, wovon eines dem
Mann vor ihm gehörte, und stapfte mit ihnen mühselig hinter
der Gruppe her.
Langsam
näherte sich der Zug dem Standort von Dietrich und Giselbert.
Beiden fiel auf, daß der vorderste der Kriegsknechte sich
ständig umsah, als fürchte er, von hinten überrascht
zu werden. Das bestärkte Dietrichs Vermutung, daß die
Kerle nach wie vor der Meinung waren, die Verfolger im Rücken zu
haben.
Als
der Führer des Trupps in Höhe der beiden versteckt
lauernden Männer auftauchte, trat Dietrich ihm mit blanker Waffe
in den Weg. Dies geschah so unvermutet, daß der Kriegsmann mit
einem erschreckten Ausruf zurücktaumelte und die Zügel
seines Rosses losließ. Er trug einen einfachen Lederhelm und
eine lederne Brünne mit einem breiten Gürtel, an dem sein
Schwert hing. Sein pausbäckiges Gesicht war von der
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