Die Klinge des Löwen 03
sie auf verschiedenen Burgen unseres schönen
Landes Unterschlupf fanden."
Dietrich
wurde ungeduldig, denn er wußte, daß der Händler
dafür bekannt war, seine Reden immer in die Länge zu
ziehen. "Jetzt sage schon, wovor du mich warnen willst!"
"Ich
bin ja dabei! Hört nur weiter: Da ich von dem
Flüchtlingsgeschäft nicht viel hatte - die Leute haben ja
kein Geld und bezahlen mich mit Nahrungsmitteln -, verfiel ich auf
den Gedanken, den Heerführer der Slawen um einen Erlaubnisschein
zu bitten."
"Ah,
jetzt verstehe ich", sagte Dietrich und nickte. "Schlau,
schlau! Damit hast du dir wohl Freizügigkeit bei deinen
Handelsgeschäften erkauft! Wieviel Pfund Silber hast du dem
Steppenfürsten dafür auf den Tisch gelegt?"
"Silber,
und auch noch Pfunde!" rief Hacko entrüstet. "Ihr habt
ja keine Ahnung von meiner Not! Wenn ich ein paar Pfund Silber hätte,
dann wäre ich jetzt nicht hier, sondern hielte mich in einem
sicheren Gebiet auf, um in Ruhe abzuwarten, bis es in der Mortenau
wieder friedlich geworden ist!"
Dietrich
zog die Augenbrauen zusammen. "Was du nur zu jammern hast - du
verdienst doch im Lager da draußen sicher gut! Wie ich gesehen
habe, tummeln sich die Slawen um deinen Verkaufsstand wie die Wespen
um eine Schale süßer Früchte."
"Ei,
das wäre gut!" entgegnete Hacko mit bitterem Lachen. "Nein,
nein, davon gehört mir nichts. Das Geschäft betreibt einer,
der im Slawenheer mitzieht und unsereins das tägliche Brot
wegnimmt. Ich kann von so etwas nur noch träumen!"
"Na
ja, das mag sein. Das Leben ist für uns alle schwer geworden.
Welche Gegenleistung für deinen sogenannten Erlaubnisschein hast
du erbringen müssen?"
Abermals
rang der Händler verzweiflungsvoll die Hände. Dietrich sah
mit wachsendem Mißtrauen die unglückliche Miene des
Mannes. "Also, heraus mit der Sprache - was forderte der
Besatzer von dir?"
Hacko
hatte wohl bemerkt, daß Dietrichs Stimme einen schärferen
Klang angenommen hatte, aber er gab sich weiterhin den Anschein, als
sei er in einer üblen Zwangslage. "Das Pergament, das mir
die Handelsgeschäfte erlaubt, ist zwar schon gesiegelt, aber der
Berater des Heerführers hält es noch zurück. Ich
bekäme es erst, sagt er, wenn ich mich in dieser Burg hier
umgesehen hätte. Ich soll herausfinden, wie es um Euch und Eure
Mannen steht - ob Ihr ernsthaft gewillt seid, seine Bedingungen
anzunehmen oder ob ihr etwas anders vorhabt. Das ist der Grund, warum
ich unbehelligt diese Burg aufsuchen konnte."
"Aha
- sieh mal an!" murmelte Dietrich und sah dem Händler
mißtrauisch in die Augen. "Und was wirst du dem Slawen
berichten?"
Hacko
druckste zögernd herum, ehe er antwortete: "Das eben will
ich mit Euch besprechen, denn ich habe noch eine andere Nachricht für
Euch, die Euch wohl kaum freuen wird. Der Mann, den sie Feinel
nennen, verlangt von mir außerdem, daß ich auch auf Eurer
eigenen Burg spioniere!"
Eine
Weile starrte Dietrich den Besucher verständnislos an, ehe er
begriff, daß Hacko offenbar die Thiersburg meinte. Seine Augen
wurden eng. "Hast du ihm den Standort verraten - du weißt
doch sicher, wo die Burg liegt?"
Hacko
starrte den Ritter mit großen Augen und offenem Mund an, als
sei er zutiefst entrüstet über dessen Vermutung. Aber mit
dieser Grimasse gelang es ihm, Dietrich zu täuschen: "Aber
wo denkt Ihr hin! Die Slawen haben längst selber herausgefunden,
wo sich die Thiersburg befindet. Dazu brauchten sie mich nicht!"
"Und
was gedenkst du jetzt zu tun?"
"Das
will ich Euch überlassen - sagt mir, wie ich es anstellen soll,
daß die Slawen mir den Erlaubnisschein geben, ohne daß
ich ihnen etwas für Euch Wichtiges ausplaudern muß!"
Mit flehentlich ausgestreckten Händen versuchte der Händler
den Eindruck von Treue und Ehrlichkeit zu erwecken. Dabei lief ihm
der Schweiß in kleinen Rinnsalen über das Gesicht.
Dietrich
sah nachdenklich vor sich hin. Er ahnte nicht, daß Hacko
zwischen Begehrlichkeit und Gewissensbissen hin und hergerissen
wurde. Der Dicke hatte sehr wohl die Thiersburg an die Slawen
verraten - allerdings ungewollt, denn es war Feinel gelungen, ihm in
raffiniert unbefangener Weise den Standort zu entlocken. Erst als er
wenig später Augenzeuge wurde, wie die Eroberer mit der Gemahlin
des Ullenburgers umgingen, hatte er seinen Verrat bereut. In ihm
stieg die furchtbare Ahnung auf, daß sie mit Dietrichs Gemahlin
wohl dasselbe vorhatten, um den jungen Ritter endgültig zur
Aufgabe zu zwingen. So verworfen, daß er solchen
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