Die Klinge des Löwen 03
zu
befolgen, war der Freiherr nicht so leicht zu beeindrucken. "Was
tut sich denn da draußen?"
"Sie
rücken uns mit einem Tribock zuleibe. Aber geht jetzt und rüstet
Euch. Ich will nicht, daß Ihr verletzt oder gar getötet
werdet. Schließlich bin ich auch für Euer Leben
verantwortlich."
"Ja,
ja, schon gut", beschwichtigte der Freiherr, während er
versuchte, sich mit seinem farbigen Tuch Kühlung zuzufächeln.
"Ich werde tun, was Ihr sagt. Soll ich wieder die Südmauer
decken?"
"Nein,
kommt lieber hierher. Ich glaube, der Feind konzentriert sich heute
allein auf die Tormauern."
Die
Slawen hatten den Beschuß wieder eingestellt. Dietrich begann
sich zu fragen, wieso bei ihnen noch keinerlei Kampfbereitschaft zu
erkennen war. Die paar Steinbrocken, die sie gegen die Burg
geschleudert hatten, waren wohl Zielübungen gewesen. Außerdem
waren diese viel zu klein, um ernsthaften Schaden anzurichten.
Nirgends waren Bogenschützen aufgezogen, auch Schildträger
waren keine zu sehen. Regungslos stand draußen die
Gerichtslinde in der sengenden Sonne, keines ihrer Blätter
schien sich in der lähmenden Hitze zu bewegen.
Um
so lebhafter ging es offensichtlich hinter den Schirmwänden zu.
Zu Dietrichs Verwunderung schallte von dort auf einmal Gelächter
herüber. Er bildete sich einen Moment lang ein, auch den spitzen
Schrei einer Frau gehört zu haben. Aber das war wohl eine
Täuschung. Dietrichs Bogner, die auf den Schießbefehl
warteten, sahen den Ritter fragend an. Sie hatten ihre Pfeile auf der
Sehne liegen, bereit, sie in das Talgfeuer zu ihren Füßen
zu tauchen und anschließend dem Feind ein paar heiße
Grüße zu senden.
"Nun
gut", sagte Dietrich sarkastisch. "Wenn die Halunken so
vergnügt sind, wollen wir unser Scherflein zu dieser Belustigung
beitragen! Schießt über die Palisaden - vielleicht gelingt
es, den Tribock zu treffen!"
Während
die beiden Schützen ihre Pfeile entflammten, hatte Dietrich das
Geschehen dort draußen im Auge behalten. Nach wie vor war
Lachen und Schreien zu hören.
"Auf
jetzt", sagte er rauh. "Laßt die Brände fliegen,
daß den Spaßvögeln dort drüben richtig warm
wird!"
Aber
die Schützen hatten kaum ihre Bogen gehoben, da stoppte er sie
mit entsetzter Stimme: "Halt! Nicht schießen!"
Die
beiden Bogner starrten ihren Herrn verblüfft an, ließen
die brennenden Pfeile zu Boden fallen und traten eilig die Flammen
aus. Und während Dietrich erbleichend beobachtete, was da vor
seinen Augen geschah, trat Jost von Ullenburg in Brünne und Helm
aus der Turmtür, stellte sich neben Dietrich, und sagte in
lustigem Ton: "Na, bin ich jetzt genug gerüstet für
den kommenden Tanz?"
Der
junge Ritter schien gar nicht hinzuhören. Sichtbar außer
Fassung, deutete er in die Richtung der Palisaden. Dort war zu sehen,
wie der Wurfarm des Tribocks langsam emporwuchs. Die Krieger hinter
der Abschirmung schienen noch kein Gegengewicht eingesetzt zu haben.
Offenbar zogen einige von ihnen das gegenüberliegende Balkenende
mit einem Seil in die Höhe, um seine Wurfschale für die
Verteidiger auf der Burgmauer sichtbar zu machen, sozusagen als
Drohung, was sie erwartete!
Auf
einem Brett, das mit einem Strick auf der Wurfschale des Tribocks
festgebunden war, saß eine Frau in weißem Gewand und
klammerte sich mit beiden Händen krampfhaft daran fest. Nun
hörte man auf der Burg auch ihr verzweifeltes Jammern.
"Diese
Satansbrut!" knirschte Dietrich.
"Da
habt Ihr recht", pflichtete Jost von Ullenburg bei. "Das
sind Teufel!"
Dietrich
sah nicht, daß der Ullenburger plötzlich aschfahl wurde,
mit entsetzt geweiteten Augen auf das Geschehen starrte und ächzte:
"Jesus, Maria...das ist ja meine Gemahlin!..."
Während
dieses furchtbare Schauspiel anhielt, kamen aus dem Hintergrund drei
Berittene auf die Burg zu. Der mittlere hatte die flache Hand
gehoben, zum Zeichen, daß sie in friedlicher Absicht kämen,
während die ihn flankierenden Krieger Schilde hielten. Jost von
Ullenburg war zusammengebrochen, lag auf den Knien und flehte zu Gott
und den Heiligen um Hilfe.
"Beruhigt
Euch", sagte Dietrich. "Noch ist keine Gefahr für
Eurer Gemahlin Leben. Wie es aussieht, wollen die Slawen verhandeln."
Inzwischen
verhielt die Dreiergruppe ihre Rosse unweit des Torturmes. Der Reiter
in ihrer Mitte richtete sich in den Steigbügeln auf und rief zur
Mauer hin: "Ich möchte mit dem Herrn dieser Burg sprechen."
Dietrich
trat in die Lücke zwischen zwei Zinnen. "Hier bin ich. Was
ist Euer
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