Die Klinge des Löwen 03
würde
sich endlich seiner Gemahlin und seiner eigenen Burg widmen können,
was er schon so lange ersehnt, aber nie zu hoffen gewagt hatte.
Auf seinem Gesicht erschien ein
Ausdruck der Erleichterung. "Ihr werft mich von einer
Überraschung in die nächste", rief er aus. Seine Augen
begannen vor Neugierde zu glitzern, als er seinen Begleiter forschend
ansah. "Das ging aber rasch!"
Egeno wurde noch verlegener.
"Ach, wißt Ihr, ich habe die Erfahrung gemacht, daß
die schnellen Entschlüsse oft die besten sind."
Spontan ergriff Dietrich Egenos
Rechte mit beiden Händen.
"Egeno, ich wünsche
Euch und Eurer zukünftigen Gemahlin alles Glück dieser
Welt", sagte er herzlich. "Ihr habt eine gute Zeit gewählt,
denn nachdem der Feind abgezogen ist, steht auch den gebührenden
Festlichkeiten für dieses Ereignis wohl nichts mehr im Wege!"
Der junge Geroldsecker machte mit
der linken Hand eine skeptische Bewegung. "Da bin ich mir noch
nicht sicher. So wie es aussieht, hat Herzog Berthold ein Wörtchen
mitzureden. Ich brauche bestimmt einen Fürsprecher, denn
immerhin bin ich der Sohn eines Mannes, der bei dem Herzog nicht in
besonderer Gunst steht. Ich wäre Euch daher dankbar, wenn Ihr
für mich ein gutes Wort bei ihm einlegen könntet. Wollt Ihr
das für mich tun?"
"Den Freundschaftsdienst
gewähr' ich gerne!" stimmte Dietrich freudig zu, denn nun
war er überzeugt, daß ihm der Herzog seine Bitte, ihn von
der Aufsichtspflicht für die Ortenburg zu entbinden, nicht
abschlagen würde. Etwas zögernd fuhr er fort: "Ich
hätte aber auch eine Bitte an Euch."
Egeno sah ihn jetzt entspannt an,
und die roten Flecke schwanden aus seinem Gesicht. "So sprecht!
Ich will für Euch tun, was in meinen Kräften steht."
"Wäret Ihr bereit,
weiterhin die Ortenburg in Eure Obhut zu nehmen? Es gibt nach dem
Slawenüberfall auf der Thiersburg so viel zu tun, daß
meine Gegenwart dort notwendig ist. Die Last der Arbeit allein meiner
Gemahlin zu überlassen, bedrückt mich. Ich kenne natürlich
meine Pflichten als Lehensträger, aber ich hätte keine
Ruhe, wenn ich auf der Ortenburg säße und Däumchen
drehte, während mein Weib sich allein abmühen müßte,
unser eigenes Haus wieder in Ordnung zu bringen."
Egeno legte ihm freundschaftlich
die Hand auf die Schulter. "Ich verstehe Euch. Macht Euch keine
Sorgen um Eure Gehorsamspflicht gegenüber Herzog Berthold. Es
herrschen schließlich außergewöhnliche Umstände,
und die verlangen ungewöhnliche Maßnahmen. Jetzt hat Eure
Sorge Eurer Gemahlin und Eurer Feste zu gelten. Nach allem, was Ihr
für das Land getan habt, wird kein Herzog es wagen, Euch zu
maßregeln, wenn Ihr Euch nunmehr um Eure eigenen Belange
kümmert. Außerdem - Berthold ist weit weg. Er wird wohl
nie erfahren, was wir beide miteinander ausgemacht haben. Ich
verspreche Euch, daß ich mit meinen Mannen weiterhin die
Ortenburg schützen werde - wenn es erforderlich ist, bis zur
Hochzeit!"
Mit einem freundschaftlichen
Klaps auf Dietrichs Rücken und in burschikosem Ton, wie es seine
Art war, setzte er hinzu: "Nun geht und überrascht Eure
Gemahlin mit der frohen Botschaft, daß der Krieg aus ist. Wie
ich die Weiber kenne, wird sie Euch dafür herzen, daß Euch
schwindlig wird!"
*
An diesem sonnigen Morgen befand
sich Adelheid mit dem Großknecht in ihrem Kräutergarten,
um zu sehen, was zur Ernte für ihren Arzneischrank bereit war.
Rolands Wolfshund Greif, dessen Heim jetzt die Thiersburg war und der
deshalb seinen jungen Herrn nicht begleiten durfte, stand mit steil
aufgerichteten Ohren vor einem Mausloch, aus dem ihm der Geruch einer
Schermaus in die Nase stach. Währenddessen waren Bartholomäus
und die Burgherrin so in ihr Gespräch vertieft, daß sie
Dietrich erst bemerkten, als er hinter ihnen stand.
"Ach!" rief Adelheid
und faßte sich erschrocken an die Brust, weil sie ihn nicht
hatte kommen hören. "Hast du etwas vergessen?"
"Vergessen? N...nein",
sagte er zögernd und sah sie mit unschuldigem Gesicht an.
"Ja, aber...du bist doch
nach der Ortenburg aufgebrochen? Was willst du dann noch hier?"
"Nun, ich wollte dich
einfach sehen!"
Bartholomäus mischte sich
zögernd ein: "Soll ich mich zurückziehen?"
"Bleib nur, Bartl!"
lachte jetzt Dietrich, der nicht länger ernst zu bleiben
vermochte. "Der Grund, warum ich hier dazwischenplatze, wird
auch dich erfreuen."
Er ließ sodann die beiden
nicht länger im Ungewissen und erzählte, was sich ereignet
hatte.
"Und jetzt bin ich da, und
hier bleibe ich",
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