Die Klinge des Löwen 03
aussetzen!"
Sie lehnte sich etwas zurück
und lächelte. "Bleibst du nun hier?"
Er antwortete nicht gleich, denn
er wußte, daß es noch nicht so weit war.
"Es gibt noch einiges zu
tun", wich er aus, "und ich werde dabei gebraucht. Aber so
Gott will, werde ich danach heimkommen zu dir - und bleiben für
immer."
Er blickte um sich und bemerkte,
daß aller Augen auf sie gerichtet waren. Nun erst wurde ihm
bewußt, daß immer noch Feuer flackerten, den nach der
Eroberung der Feste hatten einige Slawenkrieger auch die
Notunterkünfte vor der Ostmauer in Brand gesteckt; aber auch
innerhalb der Burg schwelten zwei Brände in Stallung und
Scheune, die ein rasches Eingreifen erforderten. Ihn fröstelte
plötzlich, trotz der Sommerhitze. Er sah die Leichen der
Erschlagenen, sah das Blut, das er vergossen, und er fühlte, wie
ihm für einen Moment übel wurde. Nur mit erheblicher
Willensanstrengung gelang es ihm, dieses lähmende Gefühl
einer wachsenden Schwäche zu überwinden. Sein Blick fiel
auf die überlebenden Slawen, die, von Wilfred und seinen Mannen
in Schach gehalten, immer noch ihre Waffen trugen. Auch wenn die
wilde Horde zu einem kläglichen Rest zusammengeschmolzen war, so
war ihren grimmigen Mienen anzusehen, daß sie am liebsten
erneut losgeschlagen hätten. Er erkannte, daß sie sofort
entwaffnet werden mußten, wenn wieder Ruhe und Sicherheit in
der Burg einkehren sollten.
Sanft löste sich Dietrich
von seiner Gemahlin, denn er sah ein, daß er als Burgherr die
notwendigen Anordnungen treffen mußte. Er wandte sich dem
Führer seiner Kampfgefährten zu. "Wilfred, entwaffnet
die Feinde und bindet sie. Was weiter mit ihnen geschehen soll, muß
ich mir erst noch überlegen. Am liebsten würde ich die
ganze Bande aufhängen lassen!"
Bei diesen Worten war Adelheid
wieder auf ihn zugetreten und faßte ihn am Arm. "Höre,
mein Gemahl! Unter den Slawen sind die sechs Gefangenen, die hier auf
der Burg beschäftigt waren. Sie haben ein besseres Los verdient,
als alles, was du dir jetzt als Strafe ausdenken magst. Ich will
nicht, daß ihnen ein Leid geschieht!"
Erstaunt sah Dietrich sie an.
"Was bewegt dich, so für sie einzutreten - sind das nicht
dieselben Galgenvögel wie alle anderen?"
"Nein, Dietrich. Sie haben
sich zweimal gegen ihre eigenen Leute gewandt, um mich zu schützen."
Dietrich sah sie nachdenklich an.
"Bedenke, sie alle sind als Feinde in unser Land eingefallen.
Sie haben Tod und Verderben gesät - und jetzt soll ich ein paar
dieser Räuber von aller Schuld lossprechen?"
"Die Männer, die ich
meine, haben verhindert, daß ich entehrt wurde. Wenn sie sich
auch aufgrund ihrer Minderzahl am Ende wahrscheinlich nicht gegen
ihre Kriegsgenossen durchgesetzt hätten, so gelang es ihnen
doch, das Unheil aufzuhalten, bis du gekommen bist und...", sie
unterbrach sich und sah ihn aus strahlenden Augen lächelnd an,
"...und uns alle gerettet hast!"
Dietrich nickte und zog sie
erneut an sich. "Es soll sein, wie du es haben willst, mein
Herz!"
Währenddessen hatten
Wilfreds Reisige begonnen, die Slawen zu entwaffnen. Das ging
allerdings nicht ohne Rangelei ab. Besonders Branka drückte sich
in den Hintergrund. Er zog zwar sein Schwert aus der Scheide, aber
als einer der Geroldsecker Kriegsleute die Hand ausstreckte, um es
entgegenzunehmen, stieß es Branka ihm in den Leib. Lautlos wie
ein Wolf sprang der Slawe zwischen den Umstehenden hindurch, war mit
zwei, drei Sätzen bei den unbeaufsichtigten Reittieren der
Geroldsecker, warf sich auf eines der gesattelten Rosse und sprengte
davon, noch ehe einer von Wilfreds Kriegern reagieren konnte.
Roland, der den heimtückischen
Mord aus nächster Nähe gesehen hatte, faßte sich als
erster. Und zum erstenmal handelte er auf eigene Faust, denn um
seinen Herrn um Erlaubnis zu fragen, blieb keine Zeit. Er sprang mit
seinem Bogen zur Ostmauer, vor der unten auf dem Weg der Mörder
bereits vorbeipreschte. Er riß zwei Pfeile aus dem Köcher,
klemmte einen davon zwischen die Zähne, spannte mit dem zweiten
den Bogen und ließ das Geschoß schwirren. Dicht über
den Kopf des Flüchtigen hinweg flog der Pfeil ins Leere, doch
Roland hatte schon den zweiten auf der Sehne. Er wußte jetzt,
wie er die Neigung seines Bogens zu verändern hatte. Und dieser
Pfeil war besser gezielt und traf Branka in den Rücken. Die an
der Mauer stehenden Menschen sahen, wie der Slawe sich, wohl durch
den plötzlichen Schmerz, ruckartig zurückwarf. Gleichzeitig
stieg sein Roß vorne hoch,
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