Die Klinge: Roman (German Edition)
Park. Meistens durch den Park.
Im Park gingen sie immer langsam und hielten sich bei den Händen.
Sie setzten sich im Sonnenlicht auf die Schaukeln und schwangen nur leicht auf und ab, während sie sich unterhielten. Oder sie hockten auf dem Klettergerüst. Oder auf umgekippten Baumstämmen am Fluss. Eines Nachmittags lehnte sich Nikki auf der Uferböschung an eine Birke, und er legte den Kopf auf ihren Schoß und rauchte seine Pfeife.
Manchmal liebten sie sich nachts im Park. Das Gras war fast immer feucht. Wenn es nicht gerade regnete, breitete er seinen Mantel als Decke aus. In regnerischen Nächten deckten sie sich damit zu. Nikki gefiel es, im Regen mit ihm zu schlafen. Danach war ihr Gesicht immer kalt und nass, und sie lächelte und streckte die Zunge heraus, um die Tropfen zu fangen.
Er sah zu Helen.
»Stimmt was nicht?«, fragte sie.
»Was soll nicht stimmen?«
Helen wandte sich ab.
Der Cheerleader beugte sich vor und ging auf Zehenspitzen rückwärts, während er die offenen Hände ausstreckte und rief: »Drängt sie zurück, drängt sie zurück, weiiit zurück!«
Zweimal hatte er mit Helen im Park Sex gehabt. Dann hatte sie sich beschwert, dass die Nächte zu kalt, das Gras zu nass, der Boden zu hart seien. Außerdem könne jemand vorbeikommen und sie sehen. Warum konnten sie nicht an einen sicheren und bequemen Ort wie ein Motel gehen?
Lester hatte nichts dagegen.
Ihm gefiel es im Park ohnehin nicht mehr besonders, seit Nikki ihn wegen dieses Pfarrers verlassen hatte.
Viele Dinge machten ihm nicht mehr solchen Spaß.
Plötzlich sprang Helen auf und winkte. »Charles, hier drüben!«
Ein Junge mit braunen Locken und Schnurrbart winkte zurück.
»Noch ein ehemaliger Schüler?«, fragte Lester.
Sie signalisierte dem Jungen, dass er zu ihr kommen sollte, und sagte: »Wir haben schon über Charles gesprochen. Charles Perris. Er ist in einer meiner Klassen. Erinnerst du dich an die Halloween-Party letztes Jahr? Emily Jean hat uns von ihm erzählt.«
»Weiß ich nicht mehr.«
»Der Dichter«, erklärte sie, während Charles auf sie zukam. »Er hat den zweiten Platz beim landesweiten Lyrikwettbewerb gewonnen.«
»Ich kann mich immer noch nicht erinnern, aber ich bin tief beeindruckt.«
»Du kannst mich mal.«
»Ein Dichter, ja?« Er lachte schnaubend.
Helen sah ihn voller Verachtung an und sagte: »Warum musst du dich immer so kindisch benehmen?«
»Wenn du mich fragst, sieht er wie ein Schwuler aus«, meinte Lester und lächelte den zu ihnen tretenden Jungen an. Er versuchte, das Lächeln freundlich wirken zu lassen, als Helen sie vorstellte. »Wie geht’s dir?«, fragte er und bot Charles die Hand an.
»Gut, danke.« Der Händedruck des Jungen war fest, nicht lasch, wie Lester es erwartet hatte. »Und Ihnen?«
»Ganz gut.«
Charles setzte sich auf Helens andere Seite. Sie unterhielten sich und lachten fast während des gesamten Footballspiels. Lester versuchte, sie zu ignorieren.
Nachdem das Spiel geendet hatte, schüttelte Charles Lesters Hand und sagte: »Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Sir.«
»Hat mich auch gefreut.«
»Ich sollte jetzt besser gehen.«
Helen klopfte Charles auf den Rücken und sagte etwas zu ihm, das Lester nicht hören konnte. Der Junge errötete und lächelte. Dann verschwand er in der Menge.
»Ich könnte einen ordentlichen Drink gebrauchen«, sagte Meg. »Was meinst du?«
»Klingt gut«, sagte Janet. Sie schnallte sich an, als Meg aus der Parklücke zurücksetzte.
»Lass uns bei mir einen – oder mehrere – trinken. Dann gehen wir auf die Jagd.«
»Auf die Jagd wonach?«
»Nach Männern natürlich.«
»Am Sonntagabend?«
»Möchtest du lieber zu einer Gebetsstunde?«
»Ich würde lieber zu Hause bleiben und ein gutes Buch lesen.«
»So wirst du alt und allein und verzweifelt enden.«
»Das Risiko gehe ich ein.«
»Es ist dein Leben, Süße. Diesen Pennern haben wir ganz schön den Arsch versohlt, stimmt’s?«
Es dauerte einen Augenblick, bis Janet begriff, dass Meg plötzlich über das Spiel sprach. »Allerdings.«
»Aber weißt du auch, was wir nicht getan haben?«
»Ja, weiß ich.«
»Tja, du solltest trotzdem lieber Bücher lesen.«
»Vielleicht nicht die ganze Zeit.«
»Eine von uns beiden«, sagte Meg, »hätte dem Typen eins mit dem Knie verpassen sollen.«
»Das hätte ihn beeindruckt.«
»Oder ihm eine Cola über den Rücken kippen sollen.«
»Noch besser wäre gewesen«, meinte Janet, »wenn eine von uns ihm auf die
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