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Die Klinge: Roman (German Edition)

Die Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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nicht.«
    »Danke, Milton. Sie sind ein Engel.«
    »Ich gebe mir Mühe, dem Weg des Herrn zu folgen.«
    »Gott segne Sie«, sagte Albert.
    Milton nickte, beugte sich näher ans Lenkrad und blickte finster auf die leere Straße hinaus.
    Albert schloss die Augen und kehrte zu den Erinnerungen an die frühen Morgenstunden zurück. Wo war ich?, fragte er sich.
    In der Garage.
    Er hatte gerade seine Klamotten im Kleidersack versteckt.
    Ich bin nackt und blutig.
    Albert rief sich vor Augen, wie er die Garage verließ und durch den Garten hinter dem Haus schlich. Der Wind wehte stark. Er ließ das durch die Ulmenblätter gefilterte Mondlicht auf dem Rasen tanzen. Er verwirbelte sein langes Haar. Er strömte zwischen seinen Beinen hindurch, streichelte ihn wie die kalten Finger einer Frau und ließ ihn wieder steif werden.
    Das Wasser aus dem Gartenschlauch war kalt. Es spritzte gegen seine Brust und floss über den Bauch. Mit der freien Hand rieb er sich den ganzen Körper ab.
    Nachdem er das Wasser abgedreht hatte, kehrte er in die Wärme der Garage zurück und schloss die Tür. Er zog Socken und Schuhe an. Dann, ganz langsam und leise, verließ er erneut die Garage, schlich ins Haus und hinauf in sein Zimmer. Dort zog er ein frisches Hemd und eine saubere Jeans an. Er nahm den gelben Anorak vom Kleiderbügel und fand sein Jagdmesser.
    Er schob die Schlaufe der schwarzen Kalbslederscheide über seinen Gürtel. Das Gewicht an der Seite fühlte sich gut an. Er steckte ein zweites Messer, sein Springmesser, in die Vordertasche der Jeans. Dann zog er den Reißverschluss des Anoraks hoch und ging auf Zehenspitzen die Treppe hinunter.
    Er fuhr mit dem Fahrrad nach Süden, bis es hell wurde. Im Sonnenlicht sah er, dass sich auf seinen Händen schwa che rostfarbene Flecken abzeichneten.
    An den ersten beiden Tankstellen waren keine Kunden, deshalb strampelte er weiter, bis er zu einer kam, an der ein Pick-up neben den Zapfsäulen stand. Der Tankwart war damit beschäftigt, sich mit dem Fahrer zu unterhalten.
    In der Toilette wusch sich Albert die Hände und die Unterarme mit grober Seife. Er knöpfte sein Hemd auf. Auch dort rötliche Flecken. Mit dem Garten schlauch hatte er das meiste Blut abspülen können, doch an manchen Stellen war die Haut noch rotbraun verfärbt.
    Das würde warten müssen. Es konnte ohnehin niemand sehen, solange das Hemd zugeknöpft war.
    Er stieg auf sein Rad und fuhr zur Straße.
    Das Fahrrad würde bald zu einem Problem werden. Aber nicht, bevor sein Vater aufstand und bemerkte, dass er weg war. Sonntags rührte er sich nie vor zehn Uhr. Bis er anfing, sich Gedanken zu machen, würde eine weitere Stunde vergehen. Dann würde er vielleicht die Polizei rufen und Albert als vermisst melden. Oder auch nicht, der alte Mistkerl.
    Um auf Nummer sicher zu gehen, entledigte sich Albert um elf Uhr des Fahrrads. Als er es los war, ging er fast eine Stunde lang zu Fuß. In einem Schnellimbiss genehmigte er sich ein Root Beer und einen Cheeseburger mit Pommes. Es war schon fast zwei Uhr, als Milton anhielt, um ihn mitzunehmen.
    »Hast du Hunger?«, unterbrach Milton ihn und schnippte seinen Zigarrenstummel aus dem Fenster. Die rote Spitze zog einen Funkenschweif durch die Nacht.
    »Und wie«, sagte Albert.
    »Auf dem Schild gerade stand, dass wir gleich nach Litchfield kommen. Wir können anhalten und …«
    »Eine Tramperin!«, rief Albert.
    Die Scheinwerfer erfassten sie nur einen Augenblick. Ehe sie wieder in Dunkelheit getaucht wurde, sah Albert, dass sie mit ausgestrecktem Daumen rückwärts ging. Sie schien ungefähr siebzehn zu sein und schlank und blond. Sie trug ein indianisches Stirnband und ein großes, weites Hemd, das über den Bund der Jeans hing.
    »Nehmen Sie sie mit, Milton.«
    »Wohl kaum.«
    »Warum nicht?«
    »Das ist etwas, das du dir merken solltest, Billy, man nimmt keine Angehörigen des schönen Geschlechts mit.«
    »Ach, kommen Sie, drehen Sie um, und holen Sie sie. Auf der Straße ist echt nichts los. Sie könnte die ganze Nacht da stehen.«
    »Pech. Ich nehme keine Mädels mit.«
    »Warum nicht?«
    »Ich erkläre dir, warum nicht. Wenn man eine Frau im Auto sitzen hat, ist man ihr ausgeliefert. Ausgeliefert , Billy. Sie kann einem jeden verrückten Streich spielen, der ihr gerade durch den Kopf geht. Sie könnte sogar auf die Idee kommen, einen zu erpressen.«
    »Wie kann sie jemanden erpressen?«, fragte Albert, um das Geräusch des Druckknopfs an der Lederscheide zu

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