Die Klinge: Roman (German Edition)
habe mich gefragt, ob du Hal für mich anrufen kannst. Oder mir eine Nummer geben kannst, unter der ich ihn erreiche.«
»Er ist bereits am Set in Denver.«
»Ja, das habe ich mir gedacht. Hast du eine Nummer von ihm?«
»Natürlich. Wir telefonieren täglich .«
»Ah, gut. Wenn du nächstes Mal mit ihm sprichst, kannst du dann erwähnen, dass es eine junge Schauspielerin gibt, die meiner Meinung nach perfekt für die Rolle der Lilly ist?«
»Eine deiner Lolitas?«
Ian lächelte. »Ich habe keine Lolitas, das weißt du doch.«
»Ach, wie schade.«
»Sie heißt May Beth Bonner und ist die Tochter einer Freundin. Eine schlanke, sehr attraktive Rothaarige Anfang zwanzig. Sie ist Lilly.«
»Aber kann sie schauspielern?«
»Das nehme ich an. Sie hat gerade eine Spielzeit lang in Die Glasmenagerie am Stage-Door-Theater hier in L. A. gespielt.«
»Hal hatte gerade seine liebe Not, eine geeignete Lilly zu finden.«
»Tja, warum erzählst du ihm nicht einfach von May Beth? Wenn er Interesse hat, kann er sie anrufen.« Ian las ihm die Nummer aus seinem Notizbuch vor.
»Okay«, sagte Arnie. »Dir ist klar, dass wir Ende der Woche mit den Dreharbeiten beginnen?«
»Ja, ich weiß. Aber ich würde mich freuen, wenn sie eine Chance bekäme. Ich würde mich wirklich freuen, wenn sie die Rolle bekäme.«
»Ich werde mit Hal sprechen. Mal sehen, was er tun kann.«
»Sehr gut.«
»Ich kann nichts garantieren.«
»Das verstehe ich. Tu einfach, was du kannst.«
»Mach ich. Und, wie geht’s mit dem neuen Buch voran?«
9 DAS GROSSE SPIEL
Lester wollte nicht zum Footballspiel des City College gehen. Er wollte den Sonntagnachmittag zu Hause verbringen und sich die Rams im Fernsehen ansehen. Er sagte es Helen.
»Ich dachte, du wärst ein großer Fan von Buster Johnson«, entgegnete sie. Es klang wie ein Vorwurf.
»Wer?«
»Buster Johnson. Der Quarterback, den du letztes Jahr so gut fandest.«
»Wir waren letztes Jahr bei keinem College-Spiel.«
»Er war letztes Jahr nicht am College.« Sie fügte nicht hinzu: »Du Vollidiot.« Das war auch nicht nötig. Die schnei dende Ungeduld in ihrer Stimme sagte alles. »Da war er noch an der Highschool.«
»Einer deiner Schüler?«
Helen nickte.
»Ist das nicht jeder?«, sagte Lester.
»Nicht jeder.«
»Jeder, der zählt.«
»Willst du jetzt zu dem Spiel oder nicht? Buster ist ihr bester Quarterback.«
»Ich würde lieber hierbleiben und mir die Rams ansehen.«
»Mach, was du willst«, sagte Helen. »Ich guck mir das Spiel an.«
»Typisch.«
Er sah zu, wie sie den braunen Pullover anzog, den er ihr letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte.
»Falls du mitkommst«, sagte Helen, »solltest du dir langsam die Schuhe anziehen.«
»Ich komme«, murmelte Lester. Er stieg in seine Slipper, schnappte sich einen Pullover und folgte Helen zum Auto.
»Fährst du?«, fragte sie. »Oder willst du, dass ich fahre?«
»Ich fahre.«
Lester fuhr, aber er redete nicht. Er verspürte eine Leere im Bauch, gegen die man mit Essen nichts ausrichten konnte. Vielleicht gab es überhaupt nichts, was dagegen half. Helen hatte ihm etwas genommen. Er wusste nicht genau, was es war, aber er musste es zurückhaben.
Helen beugte sich vor und drehte das Radio lauter. John Denver sang »Goodbye Again«.
Lester war sich nicht sicher, woran es lag, aber er hätte am liebsten geweint.
Janet und Meg kamen rechtzeitig ins Footballstadion des City College, um gute Plätze in der Nähe der Fünfzig-Yard-Linie zu finden.
»Gehst du oft zu den Spielen?«, fragte Janet.
»Ich komme zu jedem Spiel. Es ist sozusagen meine Pflicht. Ich kenne alle, und sie erwarten, mich hier zu sehen. Ich kenne die meisten Spieler, alle Lehrer und alle aus der Verwaltung. Und so weiter und so fort. Möchtest du die ersten acht Takte von ›Getting to Know You‹ hören?«
»Das wäre toll. Vielleicht lassen sie dich die Lautsprecheranlage benutzen. Als Zugabe könntest du die Nationalhymne singen.«
»Gute Idee.«
»Wenn du gut genug bist, lassen sie das Spiel vielleicht ausfallen. Stattdessen gäbe es ein Open-Air-Konzert von Meg Haycraft.«
»Wäre das nicht großartig? Fantastische Werbung für den Schulladen.«
»Nicht, dass es dir zu Kopf steigt.«
»Solange es sich nicht am Hintern absetzt. Da schlägt sich nämlich sonst alles nieder.« Sie hüpfte auf ihrem Sitz auf und ab. »Im vierten Quarter bin ich allerdings immer froh über mein Zusatzpolster. Die Sitze sind ziemlich hart. Mir tun die ganzen
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