Die Klinge: Roman (German Edition)
Vampir und ein Yoda.
Ist nicht erst morgen Halloween?
Nein, es ist Donnerstag. Es ist Halloween.
Die verkleideten Kinder sind der Beweis.
Lester fragte sich, ob Emily Jean irgendwelche Süßigkeitenvorräte hatte.
Sie telefonierte noch mit dem Büro für die Vertretungslehrer. Er hörte sie langsam und deutlich sprechen, wie jemand, der eine Nachricht auf einem Anrufbeantworter hinterließ.
Lester griff in die Hosentasche. Er ertastete ein paar Münzen und fischte sie heraus.
»Bitte schön, Kinder.«
Sie streckten ihm ihre Beutel entgegen.
»Happy Halloween«, sagte Lester und warf einen Vierteldollar in jeden Beutel.
41 TRAVELER’S FRIEND
Butler Avenue. Ein Butler wäre gut.
Wer ist der Mörder? Der Butler natürlich.
Wenn ich einen Butler hätte, würde er mich ins Bett stecken …
Albert schüttelte ruckartig den Kopf, um wieder klar zu werden. Er schaltete den Blinker des VW s ein, wechselte auf die rechte Spur und fuhr vom Interstate 40 ab.
Willkommen in Flagstaff, dachte er.
Der Stoff des Lebens. Schlaf. Oder ist es Brot? Der Stoff des Lebens?
Wer weiß? Wen interessiert’s?
Seit wann hatte er nicht mehr geschlafen? Pueblo, Ari zona. Diese ruhige, dunkle Straße in Pueblo, wo er geparkt und geschlafen hatte, bis die Morgendämmerung durch die Windschutzscheibe drang. Aber das war … dreizehn Stunden her? Nein, vierzehn. Ungefähr.
So viel Fahrerei. Endlos. Er musste so weit wie möglich weg von …
Das ist es. Genug gefahren. Für heute.
Er sah ein großes Neonschild.
TRAVELER’S FRIEND
Auf dem kleinen, grün blinkenden Schild darunter stand: ZIMMER FREI.
Albert bog in die Einfahrt des Motels und stieg aus. Die kalte Luft half ihm, einen klaren Kopf zu bekommen. Eine lächelnde blonde Angestellte stand an der Rezeption. Mrs. Friend oder Mrs. Traveler?
Er unterschrieb das Anmeldeformular mit Arnold Price.
Er zahlte mit einem Zwanzig-Dollar-Schein. Einer von denen, die er der Frau letzte Nacht gegeben hatte … der, die entkommen war.
Entkommen, genau wie Charlene.
Mal gewinnt man, mal verliert man, dachte er.
Aber ich verliere immer die Besten.
»Ich kann Ihnen Zimmer vierzehn geben«, sagte die Frau.
»Gut. Danke.«
Mit dem Schlüssel in der Hand kehrte Albert zum Auto zurück. Er parkte auf einem freien Platz vor Zimmer vierzehn. Stieg aus. Öffnete die Zimmertür. Schloss sie. Verriegelte sie. Zog sich aus. Schlug die Decke zurück. Legte sich nackt zwischen die kühlen, weichen, weißen Laken.
Der Schlaf wartete am Boden eines dunklen Lochs auf ihn. Er stürzte kreiselnd darauf zu.
42 GESTÄNDNIS
»Ich hoffe, du hast dich gut amüsiert«, sagte Helen. Sie warf ihm vom Sofa aus einen Blick zu und sah dann zurück zur Decke, als wäre die körnige Oberfläche eine viel bessere Gesellschaft als Lester.
»Ich hatte eine schöne Zeit.«
»Weißt du, wie spät es ist?«
»Ja, ich weiß, wie spät es ist. Ich weiß bloß nicht, warum es dich kümmert. Es ist nicht später als bei dir, wenn du von deinen verfluchten Seminaren und Sitzungen und dem ganzen Scheiß nach Hause kommst.«
»Ich hatte heute keine Seminare oder Sitzungen. Es ist Halloween. Ich hatte nur Horden von verkleideten kleinen Ratten, die an der Tür geklingelt haben. Um sechs sind mir die Süßigkeiten ausgegangen, und ich konnte nicht mehr die Tür aufmachen.«
»Entschuldigung«, sagte Lester. »Ich dachte, Halloween wäre morgen, wie die Lehrerparty.«
»Wo warst du?«
Er dachte daran, wie er am Flughafen mit Emily Jean drei Stunden auf den Flug nach Denver gewartet hatte. Sie hatten dort zu Abend gegessen. Sie schnitt ihr Lenden steak in mundgerechte Happen, konnte aber nichts davon essen, weil die Sorge um May Beth ihr auf den Magen schlug. Später lehnte sie sein Angebot ab, mit ihr in die Bar zu gehen, und sie warteten auf den Plastikstühlen am Gate.
Als sie ging, zeigte sie ihren Bordpass vor wie die Eintrittskarte zu einem brutalen Spiel, das zu sehen sie Angst hatte.
»Also, wo warst du?«, fragte Helen noch einmal.
»Ich bin zum Flughafen gefahren.«
»Du warst bis elf Uhr am Flughafen?« Ihre Stimme klang spöttisch. »Hoffentlich hast du dich gut amüsiert.«
»Ja. Ich fand es sehr aufregend, die ganzen Leute wegfliegen zu sehen.«
»Wahrscheinlich wärst du gern einer von ihnen gewesen.«
»Allerdings.«
»Tja, scheiße, warum bist du nicht einfach abgehauen? Meinst du, ich will dich bei mir haben, wenn du dich die ganze Zeit wie ein verfluchtes Baby benimmst?« Sie
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