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Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Titel: Die Klinge von Namara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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überhaupt irgendetwas riechen konnte, beinahe als süß. Gelegentliches Krachen oder ein überraschendes Plätschern erzählte von dem zunehmenden Zerfall des Gebäudes über mir. Was ich vage beruhigend fand, denn ich glaubte nicht, dass die Elitesoldaten es besonders eilig haben würden, in ein Gebäude einzudringen, das gerade einstürzte.
    Triss glitt den Kanal hinauf und zurück zu der Stelle, an derwir hineingestürzt waren, verriet mir aber nicht, warum. Genau wie schon vorhin hinterließ er auch jetzt nur einen dünnen Schattenfaden, und genau wie vorhin war er noch nicht lange fort, als ich ein sorgenvolles Pulsieren in der Verbindung zu ihm wahrnahm.
    »Aral, stromabwärts, sofort!« Triss Stimme klang hart und schrill in der Dunkelheit der Kanalisation auf, ritt über dem plötzlich viel lauteren Lärm von von oben.
    Reflexartig rollte ich mich von der Kante herunter. Die vielen Jahre des Trainings, deren Zweck es gewesen war, mich zu lehren, meinen Körper bis weit über den Punkt physischen Durchhaltevermögens hinaus in Bewegung zu halten, sorgten dafür, dass ich mit den Armen ruderte, obwohl sie sich anfühlten wie Blei und meine Stiefel mich ständig in die Tiefe zu ziehen drohten. Trotzdem hatte ich kaum mehr als ein Dutzend Schwimmzüge getan, als die Welt auf mich herabstürzte.
    Es fing mit einem Geräusch an, das wie ausdauernder Donnerhall klang oder nach den Händen eines Gottes, der einen irrsinnigen Tanz auf dem Fell der Himmelstrommel schlug. Dann folgte der Staub, eine riesige, blendende, erstickende Mauer aus Staub, die von hinten den Tunnel herabrollte, wie eine Lawine einen Hochpass unter sich begraben mochte. Sie legte sich über meine Nase, umgab meinen Mund augenblicklich mit einer Schlammschicht und zwang mich, die Augen zu schließen, um sie vor den Staubkörnchen zu schützen. Ich tauchte mit dem Kopf in den Abwasserkanal ein und schrubbte mein Gesicht ab, um den schlimmsten Dreck zu entfernen, denn es bedeutete, entweder das, oder ersticken.
    Da schlug die Welle zu. Irgendwo hinter mir hatte das alte Wohngebäude seinen letzten Seufzer getan, war eingestürzt und hatte neun Stockwerke Ziegelmauerwerk auf einmal in die Kanalisation gekippt. Tonnen von Wasser und der Abfall, den es mit sich trug, wurden plötzlich verdrängt, ein veritabler Abwasserstrom, fortgeschleudert von der Aufprallstelle in einem einzigen Moment. Es traf mich wie ein flüssiger Hammer, warf mich um, trieb mich vor sich her, bis ich jegliche Orientierung verloren hatte.

16
    Z uerst war da ein Zischen, eine Reihe tieftönender, gefährlich klingender Sibilanten, als würde die größte Natter der Welt ihren Zorn kundtun. Vermutlich hätte mich das ängstigen sollen, aber das tat es nicht. Stattdessen empfand ich es als tröstlich, und so konzentrierte ich meine fragmentarische Aufmerksamkeit auf das Geräusch. Langsam wandelte es sich von einer sinnlosen Aneinanderreihung von Lauten zu Worten einer fremden Mundart   … der Sprache der Finsterlinge. Triss! Wütend oder verängstigt oder vielleicht beides, fluchte er heftig in seiner Muttersprache.
    Etwas stimmte nicht, abgesehen von der Tatsache, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich war oder wie ich dort hingeraten war. Ich wusste nur, dass es dunkel und kalt war und sich anfühlte, als hätte mich jemand in ein Fass gestopft, das zur Hälfte mit Steinen gefüllt war, und mich einen langen, unebenen Hang hinabrollen lassen. Mühsam setzte ich mich auf, und erst, als ich es tat, begriff ich, dass ich gelegen hatte. Ehe ich halb oben war, krachte mein Kopf gegen etwas Hartes, und mir entfleuchte ein leiser Aufschrei.
    Als ich zurückfiel, streckte ich beide Arme aus und strich mit den Fingern zu beiden Seiten über gekrümmtes Mauerwerk. Ich war in einer Art steinernem Rohr, vermutlich ein Abzweig von dem Hauptabwasserkanal, in den mich meine letzte Erinnerung platzierte. Das würde auch den Gestank erklären   …
    »Nicht bewegen«, zischte Triss. »Du bist in Sicherheit, aber nur, wenn du stillhältst, bis ich mit dem Nachtschreck fertig bin.«
    Ich erstarrte. Die Worte erklangen irgendwo hinter meinen Füßen, und ich tat, was Triss mir sagte. Nachtschrecks aßen Menschenfleisch, wenn sie es ergattern konnten. Sie waren nicht die Schlimmsten ihrer Art, bei weitem nicht. Aber auch die unbedeutendsten Ruhelosen Toten konnten enorm gefährlich werden, und sie mussten nicht unmittelbar töten, um ihrem Opfer ein Ende zu machen. Sollte ein Nachtschreck mich

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