Die Klinge
Personenbeschreibung gestanden und auch keinerlei Hinweis auf seine Nationalität. Lediglich eine Liste von Morden war aufgeführt gewesen, die man der Kugel zugeschrieben hatte. Drei davon hatten gestimmt, mit den anderen fünf hatte er nichts zu tun gehabt.
Er setzte sich auf sein Motorrad und fuhr langsam die Bahnhofstraße hinunter in die Richtung, die Paula eingeschlagen hatte. Hier war es ruhiger, weil die extrem niedrigen Temperaturen sogar die winterfesten Züricher Damen vom Schaufensterbummel abhielten, und die meisten anderen waren bereits an ihren Arbeitsplätzen. Eine ideale Ausgangssituation für Luigi. Aber dann ging auf einmal alles schief.
Paula, die sich in jeder Situation auf ihren Instinkt verließ, spürte auf einmal, dass sie von irgendjemandem verfolgt wurde. Obwohl sie nichts Verdächtiges wahrgenommen hatte, wurde sie das Gefühl einfach nicht mehr los. Eigentlich wäre ihr nächstes Ziel die Züricher ACTIL-Zentrale gewesen, in der sie Roman Arbogast anzutreffen hoffte, aber nun würde sie erst einmal einen Umweg machen.
Ehe sie die Bahnhofstraße überquerte, blieb sie am Randstein stehen und blickte erst nach rechts und dann nach links. Falsch, dachte sie. Du bist hier nicht in England. Hier schaut man erst links, dann rechts. Rasch überquerte sie die leere Straße und ging in die Richtung zurück, aus der sie gekommen war. Luigi, der langsam vorausgefahren war, sah sie im Rückspiegel. Er wendete die Maschine und fuhr zurück in Richtung Paradeplatz.
Harry Butler hingegen blieb, wo er war. Er saß auf seinem Motorrad auf einer Verkehrsinsel zwischen den Trambahngleisen und wartete geduldig, wo Paula als Nächstes hingehen würde.
Pete Nield war ziemlich erschrocken, als Paula beim Überqueren der Straße zunächst in die falsche Richtung geschaut hatte. Das würde er ihr später unter die Nase reiben. Als sie sich ihm näherte, verschwand er eilig im Eingang eines Uhrengeschäfts und betrachtete interessiert die im Schaufenster ausgestellten Chronometer.
Obwohl sie nichts Verdächtiges erkennen konnte, schob Paula die rechte Hand in ihre Schultertasche und tastete
nach der Browning. Nachdem sie den Paradeplatz überquert hatte, wandte sie sich nach rechts, als wollte sie zurück zu der Bar gehen. Kurz davor aber bog sie in eine kleine Seitenstraße ab, in der sich eine kleine Kirche mit einem seltsamen, fast dreieckigen Grundriss befand. Hier begann das Gewirr kleiner Gassen im ältesten Teil der Stadt.
Luigi auf seinem Motorrad grinste zufrieden. Das Labyrinth der Altstadt war der perfekte Ort für einen Mord, noch dazu bei diesem Wetter, bei dem bestimmt kein Mensch unterwegs war. Langsam fuhr er Paula hinterher, die in der Eiseskälte stramm ausschritt, bis sie an einen kleinen Platz kam. Als sie hinter sich einen Motor aufheulen hörte, drehte sie sich um und sah, wie sich ein Motorrad in rascher Fahrt näherte. Etwas an dem Fahrer kam ihr merkwürdig vor, obwohl sie nicht die Pistole erkannte, die Luigi inzwischen aus der Packtasche geholt und sich in den Nierengürtel gesteckt hatte. In diesem Augenblick kam ein großer Lastwagen aus einer Querstraße und hätte Paula um ein Haar über den Haufen gefahren.
Der Lastwagenfahrer bremste, zog galant die Mütze vor der attraktiven Frau auf der Straße und winkte sie vorbei. Paula schenkte ihm ein freundliches Lächeln, winkte kurz zurück und ging über den Platz, während der Lastwagen anfuhr und dem Motorrad dadurch die Weiterfahrt versperrte.
Luigi fluchte abermals. Das wäre der ideale Ort gewesen, diese Paula Grey zu erledigen. Ganz in der Nähe war die Brücke über die Limmat, auf deren anderem Ufer sich seine Wohnung befand. Ungeduldig wartete er, bis der Lastwagen vorbei war, und hoffte dabei, gleich zu sehen, welchen Weg sein Opfer einschlug. Er war so konzentriert, dass er das Motorrad nicht hörte, das sich ihm von hinten näherte. Es war Harry Butler, dem Luigi äußerst verdächtig vorgekommen war. Als Pete Nield auf dem schmalen
Bürgersteig neben ihm auftauchte, deutete er auf die Maschine vor ihm.
Endlich war der Lastwagen in Richtung Brücke verschwunden, und Luigi sah gerade noch, wie Paula in der Schlüsselgasse verschwand, eine schmale Straße mit Kopfsteinpflaster, die unmittelbar ins Zentrum der Altstadt führte. Perfekt! Er kannte das Viertel wie seine Westentasche. Sein Opfer lief geradewegs in eine tödliche Falle, aus der es kein Entrinnen gab.
Paula kannte die Altstadt noch von einem früheren
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