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Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)

Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)

Titel: Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Archer
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Füße suchen. Weiter nichts. Und er durfte nicht nach unten zu London schauen.
    Er schob diese Gedanken beiseite und konzentrierte sich ganz auf den Vorgang des Kletterns. Auf das Strecken der Muskeln, das Anheben des Körpers. Darauf, wie er sich mit den Beinen nach oben schob und zugleich mit den Armen zog. Auf den Stein unter seinen Fingern, die Sonne auf seinen Schultern, deren Licht und Hitze von dem weißen Fels abstrahlten. Er versuchte, die Arme locker zu lassen. Seine Hände gaben ihm Halt und Gleichgewicht. Eine Öffnung oder einen Vorsprung suchen, ihn prüfen, dann festhalten. Wieder und wieder.
    Er dachte daran, dass der Blick von dort oben beeindruckend sein würde. Schade, dass London das nicht sehen konnte. Aber besser, sie blieb auf dem Kaik, wo sie sicher war. Ganz gleich, wie stark sie in den letzten Wochen und Tagen geworden war, eine solche Felswand könnte sie nicht hochklettern.
    Das Gewicht seines Körpers zerrte an seinen Armen. Er versuchte, seinen Schwerpunkt über den Füßen zu halten. Die Zeit verlor ihre Bedeutung und löste sich in den Felsen auf. Schweiß rann ihm in die Augen. Wenig erfolgreich versuchte er ihn mit dem Ärmel wegzuwischen. Er durfte nicht das Risiko eingehen, sich nur mit einer Hand festzuhalten, um sich das Gesicht abzutrocknen. Der Wind nahm zu, riss heftig an ihm und wehte ihm Sand in Augen und Mund. Er verstärkte seinen Griff.
    Beim nächsten Schritt nach oben lockerte sich der Vorsprung unter seinem Fuß und brach ab. Nach Halt suchend schabte sein Stiefel am Stein entlang, seine Hände klammerten sich in eine kleine Spalte der Felswand. Weit unter ihm krachte der Stein auf das Deck des Kaiks. Es hatte verdammt lange gedauert, bis er unten angelangt war.
    Rasch griff er in eine andere Nische und zog sich höher, bis er einen neuen Vorsprung für seinen Fuß fand.
    Jetzt brannten seine Muskeln und Lungenflügel. Doch er trieb sich weiter.
    Über sich vernahm er ein Geräusch. Als Steinbrocken und Kiesel auf ihn herabregneten, presste er sich flach gegen die Felswand. Ein größerer Stein traf ihn an der rechten Hand. Bennett fluchte, um den Schmerz zu unterdrücken, hielt sich aber weiter fest.
    Die nächste Nische befand sich ein ganzes Stück über ihm. Ihm blieb keine andere Wahl, als Schwung zu holen und danach zu greifen. Er holte tief Luft und stieß sich nach oben ab. Kurz schwebte er völlig frei in der Luft. Dann fanden seine Finger neuen Halt.
    »Verdammt!« Der Stein, den er gepackt hatte, zerbröselte unter seinen Fingern zu Staub. Vergeblich suchte er mit den Füßen Halt. Er prallte zurück. Sein Leben hing an seiner linken Hand, die sich an einem Vorsprung festkrallte.
    Die Muskeln in seinem Arm schienen zu schreien, seine Finger verkrampften sich schmerzhaft. Eine Hand trug sein gesamtes Körpergewicht. Er blickte nach unten und fluchte erneut. Er hing siebzig Fuß über dem Meer. Blaues Wasser brandete gegen den Fuß des Felsens. Das Kaik unter ihm wirkte wie ein Spielzeug, und London, Athene und Kallas sahen aus wie Puppen, die hilflos zu ihm heraufschauten und nichts tun konnten. Sie würden zusehen müssen, wie seine Finger an Kraft verloren und er ihnen entgegenstürzte. Ein weiterer Ikarus, der scheiterte und dafür bezahlte. London würde Zeuge werden, wie ihn ein Mast des Kaiks aufspießte oder er mit gebrochenem Hals auf das Wasser schlug.
    Nein! Er würde überleben. Stöhnend warf er die andere Hand nach oben und suchte an der Felswand nach einer winzigen Spalte. Da! Es passten gerade die Finger seiner rechten Hand hinein. Das reichte. Nun brannten beide Arme, aber der Schmerz ließ etwas nach und gab ihm Gelegenheit, neue Stützen für seine Füße zu suchen. Er fand sie und wartete einen Augenblick, dass sich seine brennenden Lungen beruhigten. Aber er durfte auch keine Zeit verschwenden. Seine Hände waren bereits schweißnass und drohten abzurutschen.
    Mit einem animalischen Schrei hievte er sich kraftvoll nach oben. Je höher er kletterte, desto heftiger zerrte der Wind an ihm. Er verdrängte jeden Gedanken an Versagen und Stürze oder an die winzige London ganz dort unten. Er durfte nur daran denken, dass er nach oben musste, ganz hinauf.
    Jetzt legte er den Kopf in den Nacken, um zu sehen, wie viel er noch vor sich hatte. Zehn Fuß. Sein ganzer Körper ächzte vor Anstrengung, aber er zwang sich weiterzuklettern. Neun Fuß. Acht. Er wich einem weiteren Felsbrocken aus, der sich über ihm gelöst hatte. Sieben Fuß. Fast hatte

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