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Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)

Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)

Titel: Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Archer
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Horizont und sah nichts. Aber als er dieselbe Stelle durch den Spiegel betrachtete, glänzte der Riese erneut deutlich sichtbar über dem Wasser. Die anderen folgten seinem Beispiel und blickten zwischen dem Horizont und dem Spiegel hin und her.
    »Können Sie unseren Kurs nach dem Spiegel ausrichten?«, fragte Bennett den Kapitän.
    »Schon geschehen.« Kallas brauchte keinen Kompass oder Quadranten. Er kannte das Meer wie seine Westentasche.
    Und er hatte es gerade noch rechtzeitig getan. Die Sonne stieg höher, und das Bild des Riesen verschwand aus dem Spiegel. Nun war es Morgen. Bennett ließ den Spiegel sinken und sah, dass London ihn mit leuchtenden Augen beobachtete. Sie glühte, aber weder aufgrund der Sonne noch auf übernatürliche Weise. Ihre strahlende Miene und ihre Augen verrieten Respekt und Zuneigung. So etwas hatte Bennett noch nicht erlebt. So hatte ihn noch keine Frau angesehen. London betrachtete ihn, als bewundere sie ihn aufrichtig, als sei er mehr als ein unwiderstehlicher Schurke mit krankhaftem Fernweh.
    Er wusste nicht, ob er der Mann war, den sie in diesem Augenblick in ihm sah, aber er wollte es um jeden verdammten Preis sein.
    * * *
    Die klare Sicht in der Ägäis erschwerte es, Entfernungen einzuschätzen. Was in Wahrheit weit weg lag, sah aus, als könnte man es mit den Fingerspitzen berühren. London kam es vor, als bräuchte sie sich nur über die Reling des Kaiks zu beugen, um die winzigen Inseln wie ein Muschelsucher einzusammeln. Sie wollte sie in Einmachgläsern auf eine Fensterbank stellen, um die Sonne darin einzufangen und den Raum damit aufzuhellen. Vielleicht würde sie die Einmachgläser dann beschriften. Inseln der östlichen Ägäis. Mai 1875.
    Sollte sie Bennett ebenfalls einsammeln und beschriften? Meine erste Liebe. Frühling 1875 . Nein. Er gehörte nicht zu den Männern, die sich einfangen und in eine Schublade stecken ließen. Sie liebte seinen Freiheitsdrang und wollte ihn nicht einengen. Also behielt sie ihre Idee für sich, doch den klugen Augen von Athene Galanos entging nichts.
    »Bitte verrate nichts«, bat London leise, als sie kurz mit der Hexe allein war.
    »Er sollte es wissen.«
    »Ich sage es ihm schon noch. Aber nicht jetzt.« Sie blickte zu Bennett, der den Kapitän auf dessen Bitte hin mit Geschichten von seinen Reisen unterhielt. Die meisten Engländer waren stolz auf ihre Zurückhaltung und ihre undurchdringliche Fassade. Bennett nicht. Er lächelte und lachte viel. Äußerlich glich er einer klassischen Statue, doch sprühte er vor Leben und reagierte auf alles in seiner Umgebung. Er war alles andere als kühl oder reserviert. Während er für den Kapitän eine Geschichte spann, gestikulierte er wild mit den schlanken Händen in der Luft. Diese Hände konnten mit tödlicher Treffsicherheit ein Gewehr bedienen oder eine Frau in erotische Verzückung versetzen. Wie viele hatten sich wohl schon in ihn verliebt? Tausende vielleicht. Kein Wunder. Man konnte ihm nicht widerstehen. Londons eigener Widerstand war jedenfalls gänzlich gebrochen.
    »Wann?«, drängte Athene.
    London wandte den Blick ab. »Ich weiß es nicht. Das ist auch für mich neu.«
    Mit leicht melancholischer Miene küsste die Hexe sie auf die Stirn. »Dann geh. Ich werde den Mund halten.«
    Die Mittagshitze traf sie mit voller Wucht, als sie den Achterdeckaufbau verließ. Der Riese tauchte jedoch nicht wieder auf, während sie dahinsegelten. Am Horizont erschien lediglich eine weitere Insel.
    »Nichts für ungut, Kapitän«, sagte London, »aber sind Sie sicher, dass wir hier richtig sind? Wir haben schließlich nur in einen Spiegel gesehen.«
    »Ich bin sicher«, erwiderte Kallas. »Unser Kurs führt uns genau zu der Insel. Soll ich die Richtung ändern?«
    »Nein, bleiben Sie auf Kurs«, sagte Bennett.
    Als sie sich der Stelle näherten, an der sie den Riesen gesehen hatten, wurden Form und Größe der Insel langsam erkennbar. London betrachtete sie mit bloßem Auge und dann durch das Fernglas, verstand jedoch nicht ganz, was sie da erblickte. Erst als sich das Boot der Insel bis auf eine halbe Meile genähert hatte, sah sie klarer.
    »Großer Gott«, flüsterte London. Ihr schwante nichts Gutes.
    Die Insel tauchte steil aus dem Meer auf und zeigte eine schroffe Oberfläche. Sie hatte noch nicht einmal einen Strand. Stattdessen ging die Steilwand direkt in das Meer über, das in tosenden Wellen gegen die zerklüfteten Felsen brandete. Kallas lenkte das Boot dicht heran. Das Kaik

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