Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)
ihrem innigen Zusammensein mit Bennett fühlte sich ihre Trennung falsch und schmerzlich an. Sie dachte an all die altertümlichen Liebesgedichte, die sie gelesen hatte. Jene alten Worte hatten Bedürfnisse in ihr geweckt, die Lawrence nie erfüllt hatte. Sie hatte sie fest in sich eingeschlossen und geglaubt, dass sie ein Leben in kalter Einsamkeit ertragen müsste. Durch Bennett brachen diese Bedürfnisse nun erneut hervor und verlangten, befriedigt zu werden. Sie wollte an seiner Seite schlafen, in seinen Armen erwachen und den liebevollen Blick aus seinen schläfrigen Augen genießen, während sie sich leise über Nichtigkeiten unterhielten. Aber sie wusste ja noch nicht einmal, ob er dazu überhaupt bereit war.
Anstatt Athene zu antworten oder sich mit ihren unsicheren Gefühlen gegenüber Bennett auseinanderzusetzen, stand London auf. »Wir sollten den Männern an Deck helfen.« Sie ging zur Tür, und ohne sich umzudrehen fügte sie hinzu: »Vielleicht sollten Sie sich lieber über die Bedürfnisse Ihres eigenen Körpers Gedanken machen. Ich habe gehört, wie Sie letzte Nacht ein- oder zweimal › Nikos ‹ geflüstert haben.« Während Athene dies wortreich bestritt, trat London lächelnd hinaus in den Gang.
An Deck ließ ein strahlender Tag die Welt in klaren kräftigen Farben leuchten. Londons Augen mussten sich erst auf die intensive Helligkeit einstellen. Am traumhaft blauen Himmel zeigte sich keine Wolke, zufrieden und gleichmäßig schwappte das Meer gegen den Rumpf. Die Farbe des Wassers ging von Kobaltblau über in Aquamarin und schließlich in ein klares Hellblau, in dem der goldfarbene steinige Grund schimmerte.
Die Insel vor ihnen bestand aus weißen Felsen und grünen Pinien. In kleinen Buchten säumten Sandstrände das Wasser. Aus ihrer Perspektive konnte sie nicht erkennen, ob die Insel einem Delfin glich, doch sie vertraute Kallas’ Einschätzung. In die salzige Brise mischte sich der intensive Geruch der Pinien. London stand an der Reling, atmete tief ein und genoss es, wie die Sonne ihr Gesicht streichelte.
Doch sie durfte sich nicht müßig den Freuden eines Morgens in der Ägäis hingeben. Sie drehte sich um und wollte helfen, das Kaik einzubringen. Als sie sah, wie Bennett sich selbstbewusst und mit männlicher Anmut über das Boot bewegte, stockte ihr jedoch der Atem. Beim Setzen der Hauptsegel wölbten sich seine Armmuskeln, unter dem feinen Stoff seines Hemdes zeichneten sich die Bewegungen seiner starken Schultern ab. Mit seinen langen kräftigen Beinen stemmte er sich gegen das Deck. Er wirkte wie die meisterhafte Skulptur eines männlichen Körpers. Der Seewind zerzauste seine dunklen Haare, und er hatte sichtlich Spaß an der Bewegung.
Als er merkte, dass sie auf ihn zukam, blickte er ihr aus seinen klaren blauen Augen lustvoll entgegen. Sie presste eine Hand auf ihren Bauch, denn sie spürte die Wirkung dieses Blicks in ihrem tiefsten Inneren. Dieser Mann, dieser wunderschöne Mann hatte letzte Nacht das Bett mit ihr geteilt?
Nicht ganz. Sie hatten nicht miteinander geschlafen. Er war noch nicht in ihr gewesen. Nur seine geschickten Finger. Sie sehnte sich nach ihm. Noch nie hatte sie einen so heftigen und berauschenden Höhepunkt erlebt, und dabei hatte Bennett sie nur gestreichelt. Doch dieses Erlebnis hatte sie nicht befriedigt, sondern nur den Wunsch nach mehr in ihr geweckt. Mehr von Bennett. Nach allem, was sie getan und geteilt hatten, war er Bennett für sie, nicht mehr Day.
»Ich hoffe, du hast gut geschlafen?«, sagte sie und trat dicht vor ihn. Ein alberner Satz, aber wie begrüßte man einen Liebhaber am Morgen nach einem unterbrochenen Stelldichein?
»Furchtbar«, sagte er.
»Vielleicht schläfst du heute Nacht besser.«
»Hoffentlich nicht.« Die sengende Hitze seines Blickes brannte auf ihrer Haut, und in ihr erwachten Erregung und Verlangen.
»Wenn das so ist, kann die Nacht gar nicht früh genug hereinbrechen.« Da höre ihr einer zu! So etwas sagte doch nicht etwa die anständige brave London Harcourt aus der feinsten englischen Gesellschaft? Doch die englische Gesellschaft war weit weg und vermutlich würde sie nie mehr dorthin zurückkehren.
Die Realität ließ ihre Lust etwas abkühlen. Sie betrachtete die Insel, dann fragte sie: »Ist das die Insel in der Form eines Delfins?«
Er bemerkte ihre Stimmungsänderung und fasste sich ebenfalls. »Kallas behauptet das jedenfalls.«
»Sie ist fast so klein wie Delos«, erklärte Kallas, der sich zu ihnen
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