Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)
Raum befand. Sonst hätte Gabriel Thalia Burgess gepackt, sie leidenschaftlich geküsst und vermutlich noch mehr. Gabriel überkam auf einmal ein so heftiges, ungezügeltes Verlangen nach ihr, dass er sie am liebsten auf die Schlafmatte geworfen, ihr die Tunika ausgezogen und ihren Körper mit seinem bedeckt hätte. Er wollte zu Ende bringen, was sie in der Nacht in der Höhle begonnen hatten, wollte in ihrer wohligen Wärme versinken. Da waren sich sein Trieb und sein Verstand einig. Er konnte sich nicht erinnern, dass er eine Frau je so begehrt hatte.
Thalia bemerkte nicht, dass er mit seinem Anstand rang, und sagte: »Jetzt verstehen Sie es. Die Magie, die Sie heute Abend erlebt haben, ist nichts verglichen mit der Wirkung der Quellen. Und wenn die Erben an diese Quellen gelangen … «
Richtig. Gabriel erinnerte sich wieder, wieso er überhaupt mit Thalia hier war. Sie wollten eine Quelle vor diesen blassen Mistkerlen schützen, vor den Erben. »Die in der Mongolei bekommen sie nicht«, sagte er auf einmal. Auch Thalia würde er vor den Erben schützen, und überhaupt vor allem und jedem. Er fragte sich, ob er sie auch vor sich selbst schützen musste. »Was auch immer es ist.«
»In dem Lied kam ein bewegliches, karmesinrotes Feld vor«, überlegte sie.
»Auf das die Jahreszeiten keinen Einfluss haben«, ergänzte Gabriel.
Thalia runzelte die Stirn, während sie intensiv nachdachte. Gabriel war den Anblick einer tief in Gedanken versunkenen Frau nicht gewohnt. Die Frauen der Offiziere wirkten meist gelangweilt und geistlos. Es überraschte ihn, wie sehr es ihm gefiel, eine Frau – Thalia – nachdenken zu sehen. Er kannte viele Männer, die die Anwesenheit kluger oder nachdenklicher Frauen gereizt machte. Wahrscheinlich weil sie sich neben ihnen klein oder dumm vorkamen. Während er Thalia beim Denken zusah, empfand Gabriel weder das eine noch das andere. Er spürte nur Wärme. Und Lust.
»Aus dem Lied wissen wir, dass es außergewöhnlich ist, dass dieses Feld zu allen Jahreszeiten blüht«, überlegte sie. »Es muss also etwas Natürliches sein. Etwas, das man normalerweise nur zu einer bestimmten Jahreszeit sieht.«
»Ein Tier«, schlug Gabriel vor, »oder eine Pflanze.«
Sie dachte darüber nach. »Eine Tierherde bewegt sich, Pflanzen nicht.«
»Ich wette, dass wandernde Pflanzen eher selten vorkommen«, behauptete er trocken.
»Wetten?« Sie lächelte. »Ich kann keiner Wette widerstehen.«
Er grinste ihr direkt ins Gesicht. »Und ich kann keiner wettenden Frau widerstehen.«
»Die Unterschiede sind zu groß«, schaltete sich Batu von der anderen Seite des Raumes ein. Gabriel bemerkte den bissigen Blick des Mannes, der direkt auf ihn gerichtet war. Warum, zum Teufel?
Thalia sprach in hartem Tonfall auf Mongolisch mit Batu. Was auch immer sie sagte, veranlasste den Diener, sich mit finsterer Miene erneut dem Gepäck zuzuwenden. Sie wandte sich wieder an Gabriel und wirkte ruhig und entspannt. Bevor Gabriel herausfinden konnte, wieso er plötzlich zum Zankapfel zwischen Thalia und Batu geworden war, fuhr sie in ihren Gedanken fort: »Eine Herde roter Tiere oder ein Feld mit Pflanzen. Wir könnten nach beidem suchen. Obwohl ich noch nie von einer Quelle gehört habe, die das eine oder das andere wäre.«
»Sie sind unser Scharfschütze«, bemerkte Gabriel. »Mit Ihrem Wissen werden wir herausfinden, wonach wir suchen.«
Sie verzog das Gesicht. »Ich kann vielleicht weit schießen. Aber die Äußere Mongolei ist ein großes Land. Nach dem Hinweis auf die Schildkröte wusste ich, wohin ich gehen muss. Doch das … « Sie streckte die Hände aus, als könnte sie das gesamte Land umfassen.
Gabriel nahm einen Schluck Airag und überlegte. Er hatte nicht viel Erfahrung mit dem Entschlüsseln rätselhafter Hinweise, die zu magischen Quellen führten – gar keine, um genau zu sein. Allerdings wusste er das eine oder andere über Strategien und versteckte Botschaften. Einst hatten Räuber in den indischen Bergen ihr Unwesen getrieben, und Gabriel hatte mehr als einmal ihre geheimen Kommunikationswege aufgedeckt und Raubüberfälle verhindert. Einer von diesen schlauen Mistkerlen hatte sogar Nachrichten mittels Obstkörben verschickt – jede Frucht hatte ihre eigene Bedeutung gehabt, und zusammen ergaben sie eine Nachricht. Gabriel war es schließlich gelungen, den Code zu knacken, und das nicht zu früh. Die Dörfer der Einheimischen wären anderenfalls wegen dieser gemeinen Diebe verarmt.
Er ging
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