Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)
ihr sein Anblick gefiel, und anscheinend ließ er sich gern von ihr ansehen. Und nicht nur ansehen.
Er ging auf sie zu. Wenn er sich in so spärlicher Kleidung bewegte, könnte er jede Frau dazu bringen, die Treue zu brechen. Es erfüllte Thalia mit Stolz, dass sich alle Frauen, vom schüchternen Mädchen bis zur schrumpeligen Großmutter, nach ihm umsahen, er jedoch nur Augen für sie hatte.
»Vielleicht sollte ich die Kamele melken.« Oyuun lachte und verschwand zum Glück.
»Denkst du, die britische Armee sollte das als neue Uniform einführen?«, fragte Gabriel und baute sich vor ihr auf.
»Nur wenn sie ihre Feinde erregen will«, erwiderte sie.
Er grinste. »Tue ich das?«
»Darauf antworte ich nicht. Sonst wirst du noch ein aufgeblasener Gockel.«
»Wenn du mich weiter so ansiehst, bläst sich noch etwas ganz anderes auf.«
Thalia lachte und sagte laut: »Behalte diese Kleidungsstücke. Du könntest sie später noch brauchen.« Sie lächelte ihn bewusst kokett an.
Eine Art Knurren löste sich aus seiner Kehle, als er näher auf sie zutrat.
»Huntley Guai .« Batu lief auf ihn zu. »Ich diene als Ihr Zasuul , als Ihr Sekundant. Sie treten gegen diesen Mann an«, er deutete auf einen Mitbewerber. »Wenn Sie gewinnen, kämpfen Sie gegen denjenigen, der den anderen Kampf gewonnen hat.« Er deutete auf Tsend, der einen ziemlich verschüchtert wirkenden Ringer finster anblickte. »Hoffen wir, dass der Mongole den Raufbold der Erben besiegt.«
Gabriel blickte zu Tsend. »Ich besitze etwas, das er nicht hat.« Er drehte sich wieder zu Thalia um, und sein Blick war ein goldener Schwur. »Jemand, für den es sich zu kämpfen lohnt.«
12
ÜBERRASCHENDE ERGEBNISSE
Als er wie ein Vogel um das Feld herumflatterte, schien es Gabriel das Albernste, das er je ohne Einfluss von Alkohol getan hatte. Er war schrecklich nüchtern. Gabriel sah sich nicht als Trinker und verabscheute die Zeiten, in denen er häufig betrunken gewesen war. Dennoch wäre ihm ein Schluck guten Whiskys jetzt sehr recht gewesen.
Vollkommen nüchtern und in dieser spärlichen Bekleidung trat er vor zweihundert Mongolen auf. Doch damit nicht genug der Demütigung. Thalia hatte ihm erklärt, dass die Wettkämpfer zu Beginn jedes Ringkampfes einen Tanz aufführen mussten, der dem Tanz des berühmten Phoenix nachempfunden war. Gabriel hatte das Gefühl, dabei weniger wie Phoenix als vielmehr wie ein Esel auszusehen.
Konzentriere dich auf den Sieg, Huntley, sagte er sich, während er mit den Armen wedelte wie ein Vogel mit den Flügeln. Sein verdammter Stolz konnte mehr aushalten als ein paar Tritte in die Eier. Es war möglich, dass man ihm tatsächlich in die Eier trat, denn sein Gemächt war ziemlich ungeschützt.
Schließlich schritt Bold nach vorn und verkündete den Beginn des Kampfes. Die Ringer beendeten ihren Tanz und erwiesen Bold, der als Richter fungierte, sowie der Menge durch einige Gesten ihren Respekt. Von den vier Männern, die an dem Ringkampf teilnahmen, würde nur einer als Sieger hervorgehen. Und dieser Mann musste er sein. Er durfte nicht versagen, durfte die Klingen der Rose und Thalia nicht enttäuschen.
Zusammen mit Batu schaute sie vom Seitenrand aus zu. Anscheinend fand sie seine verdammte Verkleidung nicht lächerlich. Sie gefiel ihr. Sogar sehr. Es kostete ihn seine gesamte Selbstbeherrschung, ihr nicht zu zeigen, wie sehr ihm die Lust in ihren Augen gefiel. Wenn er nicht aufpasste, platzte seine verdammte Hose und bot den Stammesbrüdern den Anblick eines echten englischen Würstchens.
Seine lustvollen Gedanken zerstreuten sich rasch, als es Zeit wurde, sich seinem Gegner zu stellen. Gabriel hatte den Mann während des Turniers beobachtet. Er mochte kleiner sein als er selbst, doch in der kleinen Verpackung steckte eine Menge Kraft. Außerdem hatte der Mongole sein ganzes Leben lang gerungen, wohingegen Gabriel überwiegend mit Waffen gekämpft hatte. Doch auch Gabriel verfügte über einige Erfahrung im Nahkampf, unter anderem mit einem riesigen Söldner, den er in der Nähe von Kapur mit lediglich einem zerbrochenen Bajonett besiegt hatte. Fast hätte er dieses Mistkerls wegen seine verdammte Hand verloren.
Gabriel und sein Gegner nahmen voreinander Aufstellung und legten sich gegenseitig die Hände auf die Schultern. Auf Bolds Kommando begann der Kampf. Sie spannten ihre Muskeln an und testeten gegenseitig ihre Stärke. Gabriel biss die Zähne zusammen, der Bursche war kräftig. Er versuchte, von hinten
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