Die Klinik
Adam an ihr rüttelte. Er ging ins Krankenhaus zurück und fragte den Mann mit dem gefärbten Haar, wie man zur Abteilung der Vierten chirurgischen Station gelangte.
»Die Halle da geradeaus hinunter, an der Unfallstation vorbei, dann die zweite Treppe in den ersten Stock. Abteilung Quincy. Können es nicht verfehlen.«
Als er zur Unfallstation kam, zog er es halb in Betracht, freiwillig seine Dienste anzubieten. Zum Glück verging der Impuls, noch bevor er in den großen Raum spähte und sah, daß noch keine Patienten gekommen waren. Ein Spitalsarzt saß zusammengesunken in einem Sessel und las. Am anderen Ende des Saals saß eine Schwester und schielte schläfrig auf ihre Strickerei. Auf einer Tragbahre in einer Ecke lag ein Pfleger mit leicht geöffnetem Mund wie ein schlafender Bär.
Adam kletterte die Treppe zur Abteilung Quincy hoch und kam in den stillen Gängen nur an einem mageren blonden Spitalsarzt vorbei, dessen offener Kragen unter seinem mit Pickeln übersäten Kinn schlaff wie eine Flagge bei einer Flaute herunterhing.
Mit Ausnahme der Nachtlichter war der Krankensaal dunkel. Die Patienten lagen in Reihen da, einige wie Klötze, andere jedoch unruhig und im Schlummer von Teufeln geritten.
Du bist, o Schlaf, der Freund des Kummers genannt worden, aber es waren die Glücklichen, die dich so benannt haben. Southey, sagte der Computer.
Aus einem Bett kam das Weinen einer Frau. Adam blieb stehen. »Was gibt es denn?« fragte er sanft. Ihr Gesicht war verborgen.
»Ich habe Angst.«
»Dazu ist kein Grund vorhanden«, sagte er. Schau, zum Teufel, daß du hier herauskommst, sagte er sich wütend. Soviel du weißt, ist durchaus Grund dazu vorhanden.
»Wer sind Sie?«
»Ein Arzt.«
Die Frau nickte. »Auch Jesus war es.« Es gab ihm zu denken, als er wegging.
Im Schwesternzimmer traf er eine ältere Stationsschwester, die an neue Ärzte gewöhnt war. Sie gab ihm Kaffee und frische knusprige Brötchen und Butter aus der Küchenabteilung, köstlicherweise gratis. »Alles, was Sie brauchen, Doktor, ist ein reicher Distrikt. Ich bin Rhoda Novak.« Plötzlich lachte sie. »Sie haben Glück, daß Helen Fultz heute nacht dienstfrei war. Die gäbe niemandem auch nur das Schwarze unterm Nagel.«
Sie ging, bevor er seine Brötchen aufgegessen hatte. Er hätte gern noch eines gehabt, war jedoch für jede Kleinigkeit dankbar. Ein riesiger Mann im grünen OP-Anzug kam herein und seufzte, als er einen Stuhl unter sich begrub. Er hatte rotes Haar unter der Operationskappe, und das Gesicht war trotz seiner Größe weich und ungeformt, ein Knabengesicht. Er nickte Adam zu und griff eben nach der Kaffeekanne, als der kleine Signalapparat an seiner Uniform summte. »Ah«, sagte er. Er ging zum Wandtelephon und sprach hinein, sagte schnell ein paar Worte und eilte fort.
Adam ließ den Rest Kaffee stehen und ging der riesigen grünen Gestalt nach, durch ein Labyrinth von Gängen zur chirurgischen Station hinunter.
Die Chirurgische Abteilung des Krankenhauses in Georgia war rein gewesen, hell erleuchtet, nicht so vollgestopft, der Durchgang nicht behindert. Hier war die Beleuchtung bestenfalls trüb zu nennen. Die Gänge schienen Speicher für zusätzliche Möbel, überflüssige Tragbahren, Büchergestelle und alles mögliche sonst zu sein; bei Hochbetrieb stellte man wahrscheinlich Patienten vor und nach Operationen ebenfalls hier ab. Die Schwingtüren der Operationssäle waren an beiden Seiten zehn Zentimeter breit abgewetzt, wo der Rand unzähliger Betten angestoßen war und Schicht um Schicht des Holzes aufgedeckt hatte, wie die Jahresringe eines Baums.
Er ging eine Treppe zur Zuschauergalerie hinauf, die dunkel und von einem seltsamen lauten Atmen erfüllt war. Es war das Keuchen des Patienten, das über die Sprechanlage kam, die man angestellt gelassen und zu laut aufgedreht hatte. Da Adam den Lichtschalter nicht finden konnte, tastete er sich zu einem Sitz in der ersten Reihe und ließ sich auf ihn fallen. Durch die Glasscheibe konnte er den Mann auf dem Operationstisch unten sehen, einen Mann mit schütter werdendem Haar, dem Blick eines gefangenen Tieres, ungefähr vierzig Jahre alt, der offensichtlich Schmerzen hatte und einer Schwester beim Auflegen der Instrumente zusah. Seine Augen waren trüb; er hatte bestimmt ein Sedativ erhalten, bevor man ihn hereingebracht hatte, wahrscheinlich Scopolamin.
Wenige Minuten später kam der Dicke, der in der Küche Kaffee getrunken hatte, geschrubbt und behandschuht in
Weitere Kostenlose Bücher