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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Dutzend schnell redender Männer und Frauen, antraf, die seltsam verstummte, wenn er in das Zimmer trat, das er dann sofort, ohne verstimmt zu sein, verließ.
    Er kümmerte sich nicht um die Fädchen, die Paula in den geheimen Zusammenkünften ohne ihn spann; es verlieh dem Gewürz Paula nur ein zusätzliches Ingrediens. Was die Zusammenkünfte selbst betraf, so hatte es in Kuba immer geheime Treffen gegeben, wer regte sich schon über Zusammenkünfte auf? Über Zukünftiges, das nie kam, zu träumen und zu planen, gehörte genauso zu der Atmosphäre wie die Sonne, die Liebenden auf dem Gras, das Handballspiel jai alai, wie Hahnenkämpfe, wie die geheimnisvollen Flecken auf den Marmorgehsteigen des Prado, wenn man auf die dunkelblauen Beeren trat, die von den niedrig gestutzten Bäumen fielen. Er kümmerte sich um seine eigenen Angelegenheiten, und niemand nahm sich die Mühe, ihn zu Zusammenkünften einzuladen, da er ein Meomartino war, einer Familie angehörte, welche die jeweiligen Machthaber bereicherte, mochte auch die Regierung unvermeidlicherweise und periodisch wechseln.
    Guillermo kehrte heim, als Rafael sein letztes Jahr an der medizinischen Fakultät absolvierte, das Jahr als Spitalsarzt am Hospital Universitario General Calixto García. Guillermo hängte sein Jus-Diplom an die Wand eines Büros in der Zuckerfabrik und verbrachte seine Zeit damit, so zu tun, als zeichnete er Tabellen, die das Verhältnis zwischen Zuckerrohr, braunem Rohzucker und Sirup zeigten. Die Feder in seiner Hand schwankte oft dank einer leidenschaftlichen Vorliebe für doppelt und dreifach destillierte Getränke, einheimische und importierte. Rafael sah ihn selten, da seine Spitalspraxis seine ganze Zeit beanspruchte und die Tage in der Hitze des Gefechts mit zusätzlicher Arbeit, zu vielen Kranken und zu wenig Ärzten dahinschmolzen.
    Zwei Tage nach seiner Graduierung zum Doctor en Medicina kam Erneida Pesca auf Besuch. Der Bruder seiner Mutter war ein großer hagerer Mann mit militärischem Gehaben, einem grauen, aber gefärbten Schnurrbart in einem faltigen, eingefallenen Gesicht und einer Vorliebe für Partagas-Zigarren und gut gebügelten, weißen Leinenanzügen. Er nahm seinen Panamahut ab, enthüllte seine blaugraue Mähne, seufzte, verlangte einen Drink – worunter er Rum verstand – und sah mißbilligend zu, als sich sein Neffe einen Scotch einschenkte.
    »Wann trittst du in die Firma ein?« fragte er schließlich.
    »Ich dachte«, sagte Rafael, »mich vielleicht der Medizin zu widmen.«
    Erneido seufzte. »Dein Bruder«, sagte er, »ist ein Narr und ein liederlicher Schwächling. Vielleicht Schlimmeres.«
    »Ich weiß.«
    »Dann mußt du in die Firma eintreten. Ich werde nicht ewig leben.«
    Sie stritten leise, aber hitzig.
    Schließlich kam es zu einem Kompromiß. Er würde das Büro neben Guillermo in der Zuckerfabrik bekommen. Er würde auch ein Laboratorium an der medizinischen Fakultät erhalten, Erneido würde dafür sorgen. Drei Tage der Woche in der Fabrik, zwei Tage der Woche an der Medizinischen Fakultät; soweit war Erneido als Familienoberhaupt und Nachfolger von Rafes Vater bereit, nachzugeben.
    Resigniert stimmte Rafe zu. Es war mehr, als er erhofft hatte.
    Der Dekan, ein in akademischen Diensten ergrauter Veteran mit einer Begabung im Auftreiben von Stiftungsgeldern, führte ihn persönlich in das große, aber schäbige Laboratorium mit einer Ausstattung, die für drei Forscher gereicht hätte, und das Rafe zusammen mit dem Titel eines wissenschaftlichen Assistenten als Geschenk erhielt.
    Als er Paula das Labor zeigte, war er stolz wie ein kleiner Junge auf ein neues Spielzeug. Sie sah ihn verwundert und amüsiert an. »Du hast nie etwas von Forschung gesagt«, sagte sie. »Woher dieses plötzliche Interesse?« Sie hatte eine Stellung beim Gesundheitsdienst der Regierung angenommen und war im Begriff, wegzufahren und Gesundheitsbeamtin in einem kleinen Bergdorf in der Provinz Oriente in der Sierra Maestra zu werden.
    Weil ich bis zum Arsch in Preßrückständen von Zuckerrohr stecke, weil ich nicht in Zucker ertrinken will, dachte er. »Forschung ist notwendig«, sagte er und überzeugte damit weder sich noch sie.
    Im Laboratorium nebenan saß ein Dr. phil. und Biochemiker, Rivkind, der aus dem Staat Ohio dank einem kleinen Stipendium der Krebs-Foundation nach Kuba gekommen war. Der Grund seiner Anwesenheit hier war, wie er Rafael gestand, daß man in Havanna billiger als in Columbus lebte. Das einzige

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