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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Mal, daß Rivkind ein Gespräch begann, war eine bittere Klage, daß ihm die Universität keine lausige 270-Dollar-Zentrifuge kaufen wollte. Rafe besaß eine in seinem neuen Labor, schämte sich jedoch, es zu erwähnen. Sie freundeten sich nicht an. Jedesmal, wenn Rafe in Rivkinds enge, überfüllte Koje kam, schien der Amerikaner zu arbeiten.
    Verzweifelt beschloß er, selbst zu arbeiten.
    Er begann zu schreiben und verfaßte eine Liste.
     
    Leptospirose, ein gemeiner kleiner Kerl. Lepra, ein zerlumpter Bettler. Gelbsucht, ein gelber Bastard.
    Malaria, etwas zum Schwitzen.
    Andere fieberhafte Krankheiten, viele heiße Probleme.
    Elephantiasis, ein einziges großes Problem. Dysenterie-ähnliche Krankheiten, ein Haufen Scheiße.
    Tuberkulose, können wir ihr einen Tritt geben? Parasiten, leben von der Substanz.
     
    Er trug die Liste tagelang gefaltet in der Tasche und zog sie immer wieder heraus, um sie zu lesen, bis sie zerfetzt und reif zur Vernichtung war.
    Auf welches Problem sollte er sich zuerst konzentrieren? Er begann zu lesen. Aus der Bibliothek holte er ganze Stapel von Büchern, saß jede Woche Montag und Dienstag mitten unter ihnen in seinem Privatlaboratorium, las und machte sich ausführliche Notizen, deren einige er sogar zu retten vermochte. Mittwoch, Donnerstag und Freitag ging er in sein Büro in der Zuckerfabrik und sammelte andere Literatur, Pythium Root Rot and Smut in Sugar Ca ne, The Genesis and Prevention of Chlorotic Streak, Marktberichte, Traktate des U. S.-Landwirtschaftsministeriums, Verkaufsberichte, vertrauliche Memoranden, eine ganze Zuckerbibliothek, die Onkel Erneido liebevoll für ihn zusammentrug. Die las er allerdings mit geringerem Interesse. Ab der dritten Woche ignorierte er die Zukkerliteratur, brachte in der Aktentasche ein medizinisches Buch in das Büro der Zuckerfabrik und las es wie ein Dieb bei versperrter Tür.
    Oft ließ sich am späten Nachmittag ein zaghaftes Kratzen an der Tür hören. »Psst. Gehen wir doch heute abend aus und versuchen wir unser Glück«, sagte dann Guillermo mit einer schon vom Whisky heiseren Stimme. Es war eine Einladung, die er oft vorbrachte, eine, die Rafe mit, wie er hoffte, brüderlicher Liebenswürdigkeit ablehnte. Hätte Pasteur die Mikrobiologie begründen, hätte Semmelweis das Wochenbettfieber bremsen, hätte Hippokrates den verfluchten Eid schreiben können, wenn sie sich die ganze Zeit gedrückt hätten, um mit Weibern zu schlafen? Er verbrachte seine Abende im Laboratorium, trödelte herum, zerbrach Glasretorten, züchtete Schimmelpilze, betrachtete im Mikroskopspiegel seine Wimpern.
    Eines Nachmittags kam Paula aus dem kleinen Dorf in der Sierra Maestra, wo sie als Gesundheitsbeamtin eingesetzt war, nach Havanna.
    »Woran arbeitest du?« fragte sie.
    »Lepra«, sagte er in plötzlichem Entschluß.
    Sie lächelte skeptisch. »Ich werde lange nicht mehr nach Havanna kommen«, sagte sie.
    Er verstand, daß sie ihm Lebewohl sagte. »Gibt es dort so viele Kranke, die auf dich angewiesen sind?« Der Gedanke erfüllte ihn mit Neid.
    »Das ist nicht der Grund. Es ist etwas Persönliches.« Etwas Persönliches? Was war bei ihr persönlich? Sie erörterten ihre Monatsregel wie Baseballpunkte. Das einzige Persönliche in ihrem Leben war Politik. Fidel Castro steckte irgendwo in jenen Bergen und veranstaltete in regelmäßigen Abständen einen Wirbel. »Bring dich nicht in Schwierigkeiten«, sagte er, streckte die Hand aus und berührte ihr Haar.
    »Läge dir etwas daran?« Überraschenderweise standen Tränen in ihren Augen.
    »Natürlich«, sagte er. Zwei Tage später war sie aus seinem Leben verschwunden. Er sollte erst wieder an sie denken, als er ihre Stimme – zum letztenmal – hörte.
     
    Da er ihr erzählt hatte, daß er über Lepra arbeite, studierte er eifrig den Index Medicus , stellte lange Listen von Quellenmaterial auf, holte weitere Berge von Zeitschriften aus der Bibliothek, um noch mehr zu lesen.
    Es führte zu nichts.
    Er saß einfach in seinem kostspieligen Labor, sah zu, wie Stäubchen in dem Sonnenstrahl schwebten, der durch die leicht verschmutzten Fenster hereinfiel, und versuchte, ein Forschungsprogramm aufzustellen.
    Wäre er fähig gewesen, sich etwas Böses auszudenken, hätte er auch nicht verschreckter sein können.
    Es kam überhaupt nichts dabei heraus.
    Schließlich schob er alle Angst von sich. Er sah sein Spiegelbild an, kritisch, aber aufrichtig, und gestand sich zum erstenmal ein, daß dieser Mensch, den

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