Die Klinik
begann, schalt sie ihn unverfroren, weil er so laut und äußerst rücksichtslos war.
Als er ins Krankenhaus zurückkehrte, war es zwei Uhr vorbei. Auf dem Weg zu seinem Zimmer kontrollierte er einige Patienten, darunter auch Macmillan. Er traf den dicken Polizisten stöhnend und fiebernd an. Die Tabelle zeigte eine erschreckend hohe Temperatur und hundert Puls.
»Hat Dr. Potter diesen Mann heute abend gesehen?« fragte er die Schwester.
»Ja, er hat über Unbehagen und Schmerzempfindlichkeit geklagt. Dr. Potter sagt, er habe eine sehr niedrige Schmerzschwelle. Er verordnete Demerol«, sagte sie und wies auf die Anordnung auf der Tabelle.
Noch eine Sorge mehr, dachte er, als er auf den Lift wartete.
Er lag wach in seinem Bett und spähte in die Dunkelheit, auf die verschiedenen Pfade, die er einschlagen konnte.
Wenn sie ihn hinauswarfen, konnte ihm vielleicht einer seiner ehemaligen Professoren helfen, ihn in einem der New Yorker Krankenhäuser unterzubringen.
Aber er würde Dorothy verlassen müssen. Er konnte es sich noch nicht leisten, sie zu heiraten: er wollte nicht, daß Onkel Calvin seine Frau erhielt.
Bis zur Exituskonferenz, die den Fall Donnelly prüfen würde, war nur noch eine Woche…
Es war sein letzter Gedanke, bis er im trügerischen Licht der frühen Dämmerung erwachte; trotz des kalten Zimmers waren die Laken feucht von Schweiß.
Er konnte sich deutlich erinnern, daß er sowohl von dem Mädchen als auch vom Todeskomitee geträumt hatte.
Als er Samstag in die Abteilung kam, ging es Macmillan viel schlechter. Das Gesicht des Mannes war hochrot, die Lippen trocken und aufgesprungen. Er stöhnte vor Schmerzen, die, wie er sagte, tief in seinem harten Bauch wühlten. Sein Puls hämmerte hundertzwanzigmal in der Minute und seine Temperatur war auf vierzig gestiegen.
Potter war auf einer mit viel Publicity aufgemachten Exkursion zu den Fleischtöpfen von New York City. Oh, du elender Schlampsack, ich wünsche dir viel Vergnügen, dachte Spurgeon, und hoffentlich entgeht dir auch nichts. Er ging zum Telephon und verlangte Dr. Chin, den Konsiliarchirurgen, der Bereitschaftsdienst hatte. »Wir haben einen Fall hier, der einen klassischen septischen Verlauf nimmt«, sagte er. »Ich bin fast sicher, daß es Bauchfellentzündung ist.« Er beschrieb die Symptome.
»Rufen Sie den OP an und setzen Sie die Operation sofort an«, sagte Dr. Chin.
Sie brachten den Mann hinunter und machten ihn auf. Der Blinddarmstumpf war geplatzt. Von Ödemen angeschwollen, hatte sich das Gewebe gegen den engen Ring des Katguts gepreßt wie Käse gegen ein scharfes Messer, mit dem gleichen Ergebnis.
»Wer hat dieses verdammte Ding abgebunden?«
»Dr. Potter«, sagte Spurgeon.
»Wieder dieser Kerl.« Der Konsiliarchirurg schüttelte den Kopf. »Das Gewebe ist ödematös. Es ist zu brüchig, um damit herumzuspielen. Wenn wir es mit einer Zange anrühren, fällt es auseinander. Wir werden den Blinddarm zur Bauchwand hinaufziehen und eine Coecostomie machen müssen.«
Unter der geduldigen Anleitung des älteren Chirurgen brachte Spurgeon Potters Pfuscherei in Ordnung.
Am Montagmorgen gab es einen Turnuswechsel im Dienst, und Spurgeon sah fünf Wochen Unfallstation vor sich; er erstarrte innerlich, weil dies ein Ort war, wo er bereits einmal versagt hatte, ein Ort, wo alles sehr schnell vor sich ging, wo Entscheidungen schnell getroffen werden mußten. Eine Wiederholung des Falles Donnelly, wußte er, und…
Er versuchte, nicht daran zu denken.
Er machte Ambulanzdienst mit Maish Meyerson, das bedeutete einen intensiven Debattierkurs, einen »Überblick über die Weltnachrichten«, einen mündlichen Schmierzettel, ein Seminar in Philosophie. Die Ansichten des Ambulanzfahrers waren endgültig und aufreizend, und mittags konnte ihn Spurgeon nicht mehr ertragen.
»Nehmen Sie zum Beispiel das Rassenproblem«, sagte Meyerson.
»Schön, in dem stecke ich bereits.«
Maish sah ihn mißtrauisch an. »Warten Sie nur, Sie werden nichts zu lachen haben. Zwei Armeen, eine weiß, eine schwarz. Das Land wird in Flammen stehen.«
»Warum?«
»Sie glauben, alle Weißen seien Liberale in Brooks-Brothers-Uniformen?«
»Nein.«
»Wetten Sie Ihren Arsch dagegen. Für viele von uns ist der Farbige eine Bedrohung.«
»Ich bin eine Bedrohung für Sie?«
»Sie?« sagte Meyerson verächtlich. »Nein, Sie sind ein gebildeter junger Hund, ein Doktor. Ein schwarzer Weißer. Ich bin mehr Nigger als Sie, ich bin ein weißer
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