Die Knickerbockerbande 18 - Kolumbus und die Killerkarpfen
ein Motorboot zog es das Ruderboot hinter sich her, und manchmal blieb uns nichts anderes übrig, als die Leine durchzuschneiden, um nicht in die Tiefe gerissen zu werden.“
Lilo wurde nur vom Zuhören übel. Poppi, die nun auch erwacht war, wollte etwas sagen, doch Lieselotte deutete ihr, still zu sein. Deshalb kroch das Mädchen aus seinem Bett, das auf der anderen Wand befestigt war, und kam zu Lilo geschlüpft. Nun belauschten sie zu zweit die schaurigen Schilderungen.
„Wenn der Wal näher an die Ruderboote herankam, rammten die Männer Speere in seinen Körper“, erzählte der Erste Offizier weiter. „Blut floß aus dem Wal, und er wurde schwächer und schwächer. Trotzdem dauerte sein Todeskampf oft viele Stunden. Immer wieder stachen die Männer zu und versuchten, ihm den Todesstoß zu versetzen. Immer langsamer wurden die Bewegungen des Riesen, bis er schließlich zur Seite kippte und die Brustflosse an der Oberfläche erschien.“
Die Gier des anderen Mannes nach blutrünstigen Sensationen war damit aber noch immer nicht gestillt. „Und dann, was ist dann mit dem Biest geschehen?“
„Ein Wal ist kein Biest“, verbesserte ihn der Erste Offizier. „Wenn ich sage, er ist ein Biest, dann ist er eines. Schließlich bezahle ich dafür“, schnauzte ihn der Schweizer an. Kleinlaut redete der Seemann weiter: „Dann wurde das Tier in den Hafen geschleppt... mit einem Motorboot. Rund um den Wal war meistens ein großer Blutfleck im Wasser. Von allen Seiten kamen die Haie geschwommen. Sie fetzten an den Wunden des Wales herum und waren wie in einem Blutrausch. Ich hatte manchmal das Gefühl, sie wollten sein Blut trinken. Dabei erwischten sie gar kein Fleisch, wenn sie in ihn bissen. Sie bekamen nur das dicke Fett.“ Der andere Mann lachte hämisch und freudig. „Manchmal stießen die Wale noch einen letzten Schrei aus. Er klang wie das Knarren eines riesigen Scheunentores und... und ging durch Mark und Bein. Als das Tier in der Fabrik geöffnet wurde, haben die Arbeiter oft Walbabys in den Kühen gefunden.“
Mitleid schien der Gesprächspartner des Ersten Offiziers nicht zu kennen. Je grauenerregender die Erzählung, desto mehr lachte er.
„Ich will die Zähne haben und den Kiefer“, sagte er. „Jaja, die kommen dann in mein Häuschen als Trophäe. Den Rest der Bestie überlassen wir den Haien. Aber die Drecksarbeit zu Beginn, die macht ihr!“
„Ja, Herr Molan“, erwiderte der Stellvertreter des Kapitäns leise. „Prima Sache, daß man mit euch noch auf Walfang gehen kann“, lobte Herr Molan. „Ich werde nie verstehen, wieso die Jagd auf die Biester eingestellt worden ist.“
Poppi und Lieselotte hatten genug gehört. Stumm starrten sie einander an und schüttelten die Köpfe. „Guten Morgen“, meldete sich Axel von oben. „He, was ist denn mit euch los?“ wollte er wissen, als er die entsetzten Gesichter seiner Knickerbocker-Kumpels sah. Es kostete die Mädchen viel Überwindung, ihm alles zu berichten. „Wale sind gefährdete Tiere“, meinte Poppi schluchzend. „Dabei ist es wirklich völlig unnötig, daß sie gejagt werden. Aus ihrem Fleisch wird oft nur Hundefutter gemacht. Manchmal wird es auch für die Herstellung von Kosmetika verwendet. Und Tran – das Walfett – für Tranlampen braucht heute kein Mensch mehr!“
Axel und Dominik, der sich nun auch dazugesellt hatte, nickten. „Deshalb wurden auch alle Walfabriken auf den Azoren geschlossen. Herr Molan scheint diese Jagd nur zum Spaß zu machen!“
„Glaubt ihr, können wir irgend etwas unternehmen, um den Wal zu retten?“ fragte Axel. Poppi schoß wie von der Tarantel gestochen in die Höhe und rief: „Was heißt können? Wir müssen! Wir müssen ihn retten!“
Lilo, die sonst nie den Mut verlor, wirkte diesmal nicht sehr optimistisch. „Wir wissen nicht einmal, wie wir uns selbst retten können, Poppi. Der Walfang ist verboten, und mir ist jetzt auch klar, wieso der Kapitän so aufgebracht war.“ Dominik hatte soeben denselben Gedanken gehabt. „Weil wir nun beobachten können, was hier an Bord vorgeht. Wir sind Augenzeugen, und er muß fürchten, daß wir ihn und seine miesen Geschäfte verraten!“
Axel war schlagartig käseweiß im Gesicht geworden. „Leute, vielleicht ist es kein Zufall, daß uns die beiden Männer ausgerechnet auf dieses Schiff gebracht haben.“
„Wieso?“ fragten die anderen überrascht. Axel hatte einen fürchterlichen Verdacht.
Ein Sarg für die
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