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Die Knoblauchrevolte

Die Knoblauchrevolte

Titel: Die Knoblauchrevolte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Übung«, meinte Zhu und wandte sich unzufrieden an den Boten: »Warum kommst du erst jetzt?«
    »Es kommen zu viele Bestellungen rein. Allein aus der Gemeinde fünf, der Supermarkt, die Bank, das Krankenhaus, und ihr hier haltet mich schon auf Trab, dazu noch Aufträge aus den Dörfern.«
    »Da verdient ihr ja ein Vermögen.«
    »Der Chef vielleicht. Ich bin nur Angestellter, und egal, wieviel ich tue, ich bekomme immer gleich wenig Geld.«
    Der Bote öffnete den Essenskorb. Gao Yang konnte sehen, daß es Fleisch, Fisch, Huhn und Ente gab. Allein der Geruch ließ ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen.
    »Tu den Deckel wieder drauf«, sagte Zhu. »Wir müssen hier erst aufräumen.«
    »Beeilt euch, ich muß noch nach Norddorf zu Parteisekretär Wang, er hat schon ein paarmal angerufen.«
    »Bringt die Gefangenen in ein leeres Zimmer«, befahl der alte Zheng.
    »Wo haben wir ein leeres Zimmer?« erwiderte Zhu. Der stotternde Polizist schlug vor: »Wir k-k-können sie alle auf den Wagen laden.«
    »Und wenn sie abhauen?«
    Der Trommelkopf meinte: »Fesselt sie an die Bäume, da haben sie wenigstens Schatten.«
    »Alles aufstehen!« rief der junge Polizist. Gao Yang stand als erster, der pferdegesichtige junge Mann folgte ihm, nur Tante Vier blieb sitzen und schrie: »Ich steh nicht auf. Wenn ich sterben muß, will ich im Zimmer sterben.«
    »Frau Fang«, sagte der alte Zheng, »wenn du mir weiter Schwierigkeiten machst, mußt du dich nicht wundern, wenn ich grob werde.«
    »Wie grob willst du denn werden?« rief Tante Vier. »Willst du mich etwa totschlagen?«
    Der alte Zheng lächelte kalt: »Ich habe nicht die Absicht, dich totzuschlagen. Aber wenn du dich weigerst, meinen Befehlen zu gehorchen, wenn du Widerstand leistest und krakeelst, dann habe ich das Recht, Zwangsmaßnahmen gegen dich zu ergreifen. Du hast vielleicht noch nie einen elektrischen Schlag bekommen, aber dein zweiter Sohn weiß ganz genau, wie das ist.«
    Der alte Zheng nahm seinen Elektroschlagstock vom Gürtel, ließ ihn in der Hand tanzen und sagte:
    »Ich zähle bis drei. Wenn du bei drei nicht aufgestanden bist, bekommst du ihn zu spüren. Eins …«
    »Schlag mich doch, schlag mich doch, du Bestie.«
    »Zwei …«
    »Schlag nur zu!«
    »Drei …«
    Der alte Zheng hielt Tante Vier den Knüppel vors Gesicht. Sie stieß einen seltsamen Schrei aus, rollte über den Boden, stützte sich auf alle viere und rappelte sich wieder auf.
    Alle Polizisten lachten.
    Der junge Polizist, der Guo hieß, zeigte auf den pferdegesichtigen jungen Mann und sagte: »Dieser Kerl ist anscheinend isoliert. Er spürt nichts, wenn man ihn mit dem Elektroschlagstock berührt.«
    »Unmöglich«, sagte der alte Zheng.
    »Probier es aus, wenn du es nicht glaubst.«
    Grüne Funken begannen zusprühen, als der alte Zheng seinen Schlagstock einschaltete.
    »Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte er und führte die Spitze des Knüppels an den Hals des pferdegesichtigen jungen Mannes.
    Auf dem Gesicht des jungen Mannes erschien ein verächtliches Lächeln. Er zuckte nicht.
    »Komisch. Vielleicht ist der Stock defekt.«
    »Teste ihn mal«, sagte der junge Guo.
    »Wie ist das nur möglich?« Der alte Zheng berührte sich mit dem Stock am Handgelenk. Er stieß einen Schrei aus, ließ den Stock fallen und saß plötzlich auf dem Fußboden, den Kopf in beiden Händen haltend.
    Die Polizisten lachten schallend.
    »Das nenne ich auf eigene Gefahr handeln«, kommentierte der junge Guo.
    Der stotternde Polizist packte Gao Yang, der junge Polizist führte den pferdegesichtigen Mann, und Tante Vier wurde vom alten Zheng und der Polizistin geschleppt. Sie gingen etwa fünfzig Schritte den breiten Weg im Hof der Gemeindeverwaltung entlang bis zu der Asphaltstraße, die zur Kreisstadt führte. Am Straßenrand standen Dutzende von hoch aufragenden schlanken Pappeln.
    Die Polizisten öffneten den Gefangenen die Handschellen, rissen ihnen die Arme nach hinten und zogen sie mit aller Kraft rückwärts, bis sie mit dem Rücken die Bäume berührten. Die Arme wurden ihnen um den Baum herum geführt und dann wieder mit Handschellen gefesselt.
    Tante Vier schrie jämmerlich: »Aua, mein Gott, ihr brecht mir die Arme.«
    Der stotternde Polizist zwinkerte Anni Sung zu: »Sicher ist sicher.«
    Die Polizistin gähnte nur. Die Beamten begaben sich ins Gebäude, um ihr Bier zu trinken. Die Gefangenen standen anfangs noch in aufrechter Haltung an die Bäume gelehnt, nach einer Weile aber sanken sie in

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