Die Knoblauchrevolte
heißer Mund roch nach verfaulten Knoblauchstengeln.
Sie drehte den Kopf zur Seite und legte die Arme um ihn.
»Mir ist kalt, mein ganzer Körper ist steif.«
Gao Ma ließ sie los. Ihre Beine gaben unter ihr nach. In der nächtlichen Finsternis hüpften Leuchtpunkte über seinen ganzen Körper, von oben bis unten. Einige waren rund, andere oval. Gao Ma hob von der Stelle, wo Jinjü eben noch gelegen hatte, seine Jacke auf und schüttelte sie aus. Auch von der Jacke sprühten grüne Pünktchen auf die Jute und blieben dort haften, mal größer, mal kleiner, mal heller, mal dunkler. Gao Ma legte ihr die Jacke um die Schultern. Die Jacke war feucht und schwer. Sehr schwer. Ein muffiger Hundefellgeruch drang Jinjü in die Nase.
Er setzte sich. Ich saß auf seinen ausgestreckten Beinen. Sie dachte später noch oft an diese Szene zurück. Der warme Hauch aus seinem Mund strömte über mein Gesicht. Sein Mundgeruch, der Geruch nach Knoblauchstengeln, war mir nicht angenehm. In der nicht völlig undurchdringlichen Finsternis konnte ich sein purpurrotes Gesicht erkennen. Die grünen Leuchtpunkte umflirrten sein rotes Gesicht. Ich sagte: »Meine Arme und Beine sind steif und taub, mein ganzer Körper ist steif.«
Gao Ma legte Jinjü flach auf den Boden. Mit seinen rauhen Händen rieb er ihre Beine und ihre Arme, ihre Finger und ihre Zehen. Er massierte jeden einzelnen Muskel, er lockerte jedes Gelenk. Wo seine Hand sie rieb, war sie wie elektrisiert, wo seine Hand sie kniff, wurde ihr warm. Die Wärme strömte von den Füßen zum Kopf und wieder zurück in die Füße. Sie öffnete die Augen ein wenig und verfolgte die grünen Leuchtpunkte. Sein nackter Oberkörper war so mager, daß sich die Knochen abzeichneten. Ein verführerischer Reiz ging von seinen erbsengroßen schwarzen Brustwarzen aus. Sie bekam Lust hineinzukneifen und tat es.
Er massierte sie immer weiter. Es rührte sie, daß er sich soviel Mühe gab. Seine Hände waren mal schwer, mal leicht, packten mal fest, mal sanft zu. Ihr Atem ging schwerer, ihr Herz schlug schneller. Sie vergaß, was ihr eben noch durch den Kopf gegangen war. Ihr wurde heiß. Sie spürte, daß sein Körper feucht und eiskalt war. Auch die Luft, die aus seinem Mund kam, war kühl und hatte jetzt den Geruch von Pfefferminze. Sie erwartete, daß etwas passierte.
Sie hatte das Gefühl, daß seine Finger sie aus ihrer Haut schälen wollten. Sie fürchtete sich ein wenig, war aber zugleich neugierig. Instinktiv hob sie die Arme, wie um sich zu schützen. Als seine rauhen Handflächen ihre Brüste streichelten, überlief es sie kalt und heiß. Die Haut ihres ganzen Körpers spannte sich, elektrische Wellen liefen darüber hinweg. Seine Gestalt war von grünen Leuchtpunkten umgeben, auch die Jute ringsum war voll von ihnen. Sie tanzten, sie flogen, und sie zeichneten schöne, zittrige Bogenlinien ins Dunkel. Die grünen Leuchtpunkte hüllten ihn förmlich ein und saßen sogar auf seinen Zähnen.
Sie hörte sich stöhnen.
So viele Leuchtpunkte, so viele Glühwürmchen, die beim Fliegen leise knisterten. Zuweilen drückte Jinjü kräftig das Kreuz durch, um die grünen Leuchtpunkte zu erhaschen, und kratzte über seinen Rücken, als ob sie sie einsammeln wollte. Sie waren nicht nur grün, sie wechselten die Farbe, sie wurden dunkelrot, wieder grün, nochmals rot und wieder grün. Zuletzt blieb ein goldener Schimmer.
Als sie wieder erwachten, herrschte gerade die dunkelste Zeit vor der Morgendämmerung. Sie fühlte, daß sie nur in seinen Armen wirklich lebte: sobald sie seine Umarmung verließ, veränderte sich alles und wurde wesenlos. Nur in seinen Armen hatte sie die schönen grünen Leuchtpunkte sehen können.
»Liebster, bist du nicht schrecklich müde? Du hast dich so angestrengt.« Sein Mund roch nach Pfefferminze, er blies ihr seinen Atem ins Ohr.
Die Sterne waren smaragdgrün, aber ihr Licht schwand. Der Nebel wurde dichter. Der Geruch der nassen Erde nahm an Stärke zu. Die Herbstinsekten waren müde geworden, ihr Gezirpe verstummte. Die Jute war still und zeigte keinerlei Regung. Das Geräusch von Wellen im Ohr, vergrub sie das Gesicht in Gao Mas Achselhöhle. Ihre Augen waren verklebt. Das Wellenrauschen gab ihr ein Gefühl der Sicherheit. Die Arme um seinen Hals geschlungen, schlief sie ein.
4
Es wurde hell. Die Vögel zwitscherten hoch in der Luft. Kristallene Tauperlen hingen an den Juteblättern, deren dunkelgrüne Spitzen mit neuer Lebenskraft gen Himmel zeigten. Die
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