Die Knoblauchrevolte
Wimmernd zog sie sich an den Jutepflanzen vorwärts und kroch zum Straßenrand.
Gao Ma rollte über den Sandweg. Sein Gesicht war voll Blut und Schmutz. Der zweite Bruder trat ihn so brutal, als wäre er ein Sandsack. Bei jedem Fußtritt des zweiten Bruders sprang der ältere Bruder in die Höhe und rief anfeuernd: »Tritt ihn! Fester! Tritt ihn tot, diesen Schweinehund!« Das Gesicht des älteren Bruders war verzerrt, seine trüben Augen naß von Tränen.
Jinjü kroch zum Straßenrand. Sie rappelte sich mühsam auf und stolperte zwei Schritte nach vorn. Der zweite Bruder drehte sich um und gab ihr einen Fußtritt in den Unterleib. Aus Jinjüs Mund kam ein Wehlaut, und sie stürzte ins Jutefeld zurück.
Gao Ma brachte keinen Ton mehr hervor, aber er konnte sich immer noch über den Boden wälzen. Der zweite Bruder versetzte ihm weiterhin einen Fußtritt nach dem anderen. Sein Gesicht war mit Schweißperlen bedeckt.
»Wollt ihr ihn totschlagen?« Jinjü kroch wieder an den Straßenrand zurück.
Assistent Yang hielt den zweiten Bruder fest und sagte: »Es reicht, Nummer zwei, das ist genug.«
Gao Ma hatte sich ins Paprikafeld gewälzt und lag auf dem Bauch. Seine gefesselten Hände zitterten schwach, seine Finger waren purpurrot wie Fliegenpilze. Assistent Yang bekam es mit der Angst zu tun. Er ging zu ihm, drehte ihn um und hielt ihm die Hand vor den Mund, um seine Atmung zu prüfen.
Sie haben Gao Ma totgeschlagen! Jinjü sah zehntausend goldene Sterne vor ihren Augen flimmern. Die goldenen Sterne verwandelten sich in grüne Lichtpunkte, unzählige grüne Lichtpunkte, die in anmutigen Kreisen um ihren Kopf tanzten. Sie streckte die Hand aus, um ein paar von den grünen Lichtpunkten einzufangen, aber es gelang ihr nicht. Manchmal glaubte sie schon, einen fest in der Hand zu haben, aber wenn sie die Finger öffnete, flog er wieder davon. Aus der Tiefe ihrer Kehle stieg ein Übelkeit erregender Geschmack auf. Sie öffnete den Mund und sah ein hellrotes Etwas auf das verwelkte Gras vor ihrer Brust fallen. Ich spucke Blut. Sie erschrak. Ich spucke Blut. Mit einemmal fühlte sie sich sehr glücklich. Alle Angst, alle Sorgen, alle Lasten lösten sich auf wie Rauch. Nur ein Faden honigsüßen Schmerzes blieb in ihrem Herzen zurück.
Assistent Yang beschimpfte den zweiten Bruder: »Du bist ein bösartiger Idiot. Du solltest ihm eine Lehre erteilen. Das ist dein gutes Recht. Aber du hast ihn fast totgeschlagen.«
Der zweite Bruder murmelte: »Hast du uns nicht Schlappschwänze genannt?«
»Ich habe euch Schlappschwänze genannt, weil ihr nicht in der Lage wart, auf eure Schwester aufzupassen, aber ich habe euch nicht gesagt, daß ihr ihn tottreten sollt«, sagte Assistent Yang.
»Ist er tot, ist er tot?« fragte der Ältere Bruder ängstlich. »Assistent Yang, ich habe ihn nicht getreten.«
»Bruder, was sagst du da?« Mit blutunterlaufenen Augen starrte ihn der jüngere Bruder an. »Ich habe das doch nur getan, damit du eine Frau bekommst.«
»So habe ich es nicht gemeint.«
»Wie hast du es dann gemeint?«
»Streitet euch nicht«, sagte Assistent Yang. »Tragt ihn auf die Straße.«
Die Brüder gingen ins Paprikafeld. Sie packten Gao Ma an Schultern und Füßen und trugen ihn auf die Straße. Sobald sie ihn hingelegt hatten, setzte sich der Ältere Bruder auf die Erde und schnappte mit weit geöffnetem Mund nach Luft.
»Macht die Stricke los!« befahl Assistent Yang.
Die Brüder wechselten stumme Blicke; beide machten ein Gesicht, als ob sie sich eine Bemerkung verkniffen. Der zweite Bruder drehte Gao Ma auf den Bauch, um seine Hände nach oben zu bekommen. Der Ältere Bruder rückte im Sitzen vor und machte sich mit gesenktem Kopf an Gao Mas Fesseln zu schaffen. Jinjü sah zwischen Tausenden von grünen Lichtpunkten die knochigen, gekrümmten Hände ihres Bruders, die groß wie Palmblattfächer waren. Sie zitterten und bekamen den Knoten nicht auf.
»Beiß ihn auf«, rief Assistent Yang.
Der Ältere Bruder sah Assistent Yang wehleidig an, kniete sich neben Gao Ma, senkte den Kopf und biß in den Knoten. Er sah aus wie ein kleiner Hund, der an einem Knochen nagt.
Es gelang dem älteren Bruder, den Knoten mit seinen Zähnen zu lockern. Assistent Yang stieß den älteren Bruder zur Seite und zerrte mit aller Kraft am Seil, als wollte er eine Sehne aus Gao Mas Leib herausreißen. Jinjüs Herz zog sich zusammen, ein eisiger Hauch überlief sie.
Assistent Yang hatte den Strick abgenommen und Gao Ma umgedreht.
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