Die Knoblauchrevolte
Gao Mas Brust drang ein Grollen, er zog die Arme an, stützte sich auf und hob den Oberkörper. Aus seinem Mundwinkel floß ein Blutrinnsal.
Gao Ma, mein lieber Gao Ma, das dattelbraune Fohlen stupst dein Gesicht mit seinem weichen Maul an. Es weint. Gao Mas Kopf fiel zurück, aber er hob ihn langsam wieder. Das Fohlen fuhr ihm mit seiner goldgelben Zunge über das Gesicht.
»Dieser Kerl ist wirklich unverwüstlich.« Assistent Yang betrachtete den auf dem Boden Liegenden und fragte mit rauher Herzlichkeit: »Gao Ma, weißt du, warum dir das passiert ist?«
Gao Ma lächelt und nickt. Er blickt mich an. Sein ganzes Gesicht ein Lächeln. Das dattelbraune Fohlen leckt ihm die Blutspuren vom Gesicht.
»Hast du immer noch Lust, meine Schwester zu entführen?« fragte der Ältere Bruder, auf und ab wippend.
Gao Ma lächelte und nickte.
Der zweite Bruder hob den Fuß, um Gao Ma noch einmal zu treten.
Assistent Yang schrie: »Laß das, du Idiot!«
Der Ältere Bruder hob Gao Mas kleines Bündel auf, öffnete den Knoten mit den Zähnen und ließ den Inhalt auf den Boden fallen. Er kniete sich hin und schloß beide Hände um den festen Briefumschlag mit den Geldscheinen.
»Das würde ich lieber lassen«, sagte Assistent Yang.
Der Ältere Bruder leckte sich den Daumen an und zählte die Banknoten.
»Das würde ich lieber lassen«, wiederholte Assistent Yang.
»Onkel Acht, er hat meine Schwester ruiniert, er hat deine kostbare Medizin aufgebraucht, er schuldet uns Schadenersatz.«
Mit seiner großen feuchten Hand durchsuchte der Ältere Bruder Gao Mas Taschen. Er brachte ein paar zerknitterte Geldscheine und vier glänzende Münzen zum Vorschein. Das dattelbraune Fohlen senkte den Kopf und stieß ihm die Münzen aus der Hand. Der Ältere Bruder ließ sich auf alle viere nieder, um die rollenden Münzen einzufangen. Dabei traten ihm Tränen in die Augen.
Neuntes Kapitel
In der alten Zeit
waren die Beamten hilfsbereit.
In der neuen Gesellschaft
herrscht die Gerechtigkeit.
Seit wann steht Dorfvorsteher Wang
über dem Gesetz
und sein Unglücksfahrer Zhang
geht nicht dem Recht ins Netz?
Aus einem Protestlied, das der blinde Zhang Kou vor dem
Sicherheitsamt sang, nachdem Onkel Vier auf dem Weg zum
Knoblauchverkauf Opfer eines Verkehrsunfalls geworden war
1
Tante Vier lag in der Mittagsstunde benommen auf ihrem Bett, als jemand sie am Arm zog. Sofort richtete sie sich auf, rieb sich die Augen und blickte in das helle, ovale Gesicht eines jungen Mädchens, das eine Schirmmütze und Polizeiuniform trug.
»Nummer siebenundvierzig, warum ißt du nichts?« fragte die Wärterin. Sie hatte große schwarze Augen und lange, weiche Wimpern, ein Anblick, der Tante Viers Herz erfreute. Die Wärterin nahm die Mütze ab und fächelte sich damit Kühlung zu. Sie sagte: »Solange du hier bist, mußt du dich korrekt verhalten. Was du getan hast, mußt du alles rückhaltlos bekennen. Wer geständig ist, wird milde behandelt, wer leugnet, wird streng bestraft. Wenn das Essen kommt, mußt du essen.«
In Tante Viers Brust wallte ein heißes Gefühl auf. Tränen weiteten ihr die Augen. Sie nickte zustimmend. Die Wärterin hatte kurzes Haar wie ein Junge. Das Haar war rabenschwarz und ließ ihr Gesicht noch heller erscheinen.
»Fräulein …« Tante Vier öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Die Wärterin setzte ihre Mütze auf und sagte: »Ist ja gut, iß jetzt. Du kannst dich darauf verlassen: Die Regierung wird keinem guten Menschen ein Unrecht antun und keinen schlechten ungeschoren davonkommen lassen.«
»Fräulein, ich bin ein guter Mensch«, sagte Tante Vier schluchzend. »Laß mich nach Hause zurück …«
»Was redest du für ein Zeug.« Die Wärterin runzelte die Stirn. Zu beiden Seiten ihres Mundes erschienen zwei kleine Grübchen. »Ob du entlassen wirst oder nicht, habe ich nicht zu bestimmen.«
Tante Vier wischte sich mit dem Ärmel die Nase, tupfte mit einem Jackenzipfel ihre Tränen ab und fragte: »Wie alt bist du, Fräulein?«
Die Wärterin bekam große Augen und machte ein grimmiges Gesicht. »Nummer siebenundvierzig, steck deine Nase nicht in Dinge, die dich nichts angehen.«
»Ich sehe, daß du schön bist. Das macht mir Freude. Deshalb frage ich.«
»Was geht es dich an, wie alt ich bin?«
»Es geht mich nichts an. Ich frage nur.«
Die Wärterin lächelte scheu. »Zweiundzwanzig.«
Tante Vier sagte: »Meine Tochter Jinjü ist im gleichen Alter. Geboren im Jahr der
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