Die Knochenfrau
Hause?”
„Wieso sollte ich?”
„Immerhin habe ich dir das Messer geholt. Ist übrigens ein gutes Messer, liegt gut in der Hand. Als Dank kannst du mich mitnehmen.”
„Okay, steig ein. Ich räum das Zeug nach hinten.”
Lukas setzte sich in den Wagen und machte den Beifahrersitz frei. Yvonne ging um das Auto herum und klopfte an das Fenster. Lukas beugte sich hinüber und öffnete die Tür.
„Krieg ich 'ne Zigarette?”
„Ja gleich, steig erst mal ein.”
Lukas startete den Motor und kurbelte das Seitenfenster ein Stück herunter. Allerdings roch sie heute nicht nach Schweiß. Er fuhr in Richtung der großen Wohnblocks und sie rauchte still eine seiner Luckies.
„Jetzt mal ernsthaft, wieso bist du mir nachgegangen?”
„Ich hab dich zufällig gesehen und mir war langweilig.”
„Das glaub ich dir nicht.”
„Stimmt aber. Das hier ist nicht Berlin oder Hamburg, hier trifft man immer wieder die gleichen Leute. Und wenn mal jemand Neues auftaucht, dann ist das interessant.”
„Und was hast du alles gesehen?”
„Wie meinst du das?”
„Würdest du mir erzählen, was du alles gesehen hast, als du mir hinterher geschlichen bist ... also was ich genau gemacht habe?”
„Okay … also … du bist den Weg entlang bis zu dieser Lichtung, auf der dieser Junge umgebracht wurde. Dort hast du Fotos gemacht. Und dann bist du zurück und hast ein paar Minuten lang eine Stelle auf dem Weg angestarrt und mit dem Messer rumgefuchtelt. Und dann hat dich der Typ mit dem Gewehr erwischt.”
„Und dich hat er nicht gesehen, der Typ mit dem Gewehr?”
„Nö, ich war ein Stück im Wald. Ich war schon als Kind im Wald unterwegs. Ich weiß, wie man nicht so viele Geräusche macht. Und als ich den Mann mit dem Gewehr gesehen habe, da habe ich mich hinter einem Baum versteckt, nicht dass der mich sieht und durchdreht. Übrigens komisch, dass du nichts von dem mitgekriegt hast, der war die ganze Zeit in deiner Nähe.”
„Auch schon auf der Lichtung?”
„Ja, da auch schon … du musst hier links ab.”
Lukas riss das Lenkrad herum. Hinter ihm hupte jemand.
„Zu den Blocks geht's aber geradeaus.”
„Dort wohn' ich nicht. Dort wohnt nur mein Ex.”
„Okay … dein Ex also.”
„Ich sag dir, wie du fährst. Dort vorne rechts … bei der Ampel. Du hast übrigens 'nen guten Musikgeschmack.”
Yvonne hatte eine CD-Hülle aus dem Fach in der Beifahrertür gezogen. Es war die „Frenching the Bully” von den Gits.
„Kennst du die Band?”, fragte Lukas.
„Klar kenn ich die, ich hab sogar den Film über die Band gesehen. hab fast geheult als die Sängerin umgebracht wurde. Kann ich mir die CD ausleihen?”
Als Lukas nicht antwortete, da sagte Yvonne:
„Kriegst sie auch auf jeden Fall zurück, wir treffen uns bestimmt noch mal.”
„Okay, das ist aber nur die Hülle. Die CD steckt noch im Player.”
„Mach mal an.”
Lukas drückte den On-Knopf und Mia Zapata sang die ersten Zeilen von Absynthe. Als der Song zu Ende war, da nahm er die CD aus dem Player und gab sie Yvonne.
„Was ich dich noch fragen wollte: Als ich auf diesen Weg geschaut habe, hast du da gesehen, was ich angeschaut habe?”
„Nö, ich hab nur deinen Oberkörper gesehen, ich war ja ein Stück weg.”
„Hm”
„Was hast du angeschaut?”
„Ich dachte, ich hätte was gesehen … muss ich hier abbiegen?”
„Ja, links herum … das Haus dort vorne.”
Lukas hielt vor einem alten, schäbigen Fachwerkhaus, das ein wenig einsam am Dorfrand stand. Von den Fensterläden blätterte die grüne Farbe ab, die Regenrinne hing schief und das Dach war in der Mitte weit eingesunken. Es sah aus, als könne das Gebäude jeden Moment einstürzen.
„Hier wohnst du?”
„Ja, innen drin sieht es noch kaputter aus als außen … soll ich dir was zeigen?”
„Kommt drauf an.”
„Okay, schau her.”
Yvonne schob mit der Zunge die brennende Zigarette nach vorne, wartete zwei Sekunden und rollte sich dann mit einer schnellen, gekonnten Bewegung die Zigarette in den Mund. Es zischte, als die Glut ihren Speichel traf. Sie streckte die Zunge heraus und darauf lag der erloschene Zigarettenstummel. Lukas musste lachen.
„Bei einer Frau hab ich das noch nie gesehen.”
„Tja”, nuschelte Yvonne und grinste ihn an. Sie stieß die Beifahrertür auf, spuckte den Stummel auf den Boden und schwang sich aus dem Wagen. Sich an der Tür festhaltend, beugte sie sich nach unten. Lukas versuchte, ihr ins Gesicht zu sehen.
„Du hast
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