Die Knochenkammer
eleganten Obst- und Weinarrangement. Er hörte sich die Nachrichtenschlagzeilen an, bevor er zu Jeopardy! umschaltete. Vor der Werbeunterbrechung verkündete Trebek, dass die heutige Final-Jeopardy!-Kategorie »Patriotische Gedichte« war.
Ich legte einen Zwanzigdollarschein auf das Mahagonitischchen, und Mike tat es mir nach. »Du magst vielleicht Ms. Jambischer Pentameter sein, aber ich bekomme den Preis für Patriotismus.«
Trebek las die Antwort von dem kobaltblauen Monitor ab, der auf dem Fernsehbildschirm vergrößert wurde. »Verfasser des Gedichts, das als unser Nationallied angesehen wird und auf dem Pike’s Peak komponiert wurde.«
»Da musst du durch, Chapman. Das Geld gehört mir.«
»Moment mal, Blondie. Es ist nicht Key, weil er nicht Nationalhymne gesagt hat. Wie, zum Teufel, heißt das Lied, das Kate Smith immer gesungen hat?« Ich schüttelte den Kopf. »So ähnlich wie >Mine eyes have seen -<«
Ich fegte das Geld vom Tisch. »Wer ist Katharine Lee Bates?«
»Ganz richtig, Mrs. Falkowicz«, gratulierte Trebek einer der drei Kandidatinnen, einer Bibliothekarin aus Boone, North Carolina. »Sie schrieb >America the Beautiful< als Gedicht, und sie hat nie den Gentleman kennen gelernt, der unter Verwendung einer Melodie, die er in einem Kirchengesangsbuch gefunden hatte, die Musik dazu schrieb.«
»Wellesley College, Jahrgang 1880.«
»Also hattest du dieses Mal den Alumni-Vorteil. Das ist fast wie Bescheißen.«
»Und in Falmouth, Massachusetts, ist eine Straße nach ihr benannt, an der ich jedes Mal vorbeifahre, wenn ich die Fähre zum Vineyard nehme. Du musst öfter raus aus der Stadt, Mikey.«
Der Türsummer ertönte, und ich öffnete. Neben Mercer Wallace’ einen Meter achtundneunzig großer Gestalt stand eine Frau, die kaum einen Meter fünfzig groß war. Ihr dunkelbraunes Gesicht mit den leuchtend grünen Augen war von einem helmartigen schwarzen Haarschopf umrahmt. Sie betrat das Zimmer und sah zu mir auf, während ich mich vorstellte.
»Ich bin Clem. Clementine Qisukqut.«
»Mike Chapman, Detective, Mordkommission. Ich ermittle in Katrinas Fall.«
Mercer trug ihre kleine Tasche ins Schlafzimmer und stellte sie auf die Kofferablage.
»Sie müssen erschöpft sein. Aber falls es irgendwie möglich ist, würden wir Ihnen gerne noch heute Abend ein paar Fragen stellen.«
»Das geht in Ordnung. Ich habe ja den ganzen Tag nur gesessen. Könnte ich mich nur schnell frisch machen?« Sie entschuldigte sich und verschwand für zehn Minuten im Bad, bevor sie wieder ins Wohnzimmer kam.
Wir machten es uns in den bequemen Sofas und Sesseln gemütlich und ließen Clem anfangen. Sie schien es kaum erwarten zu können, uns von Katrina Grooten zu erzählen.
»Ich habe Katrina vor ein paar Jahren kennen gelernt, nicht lange nachdem sie am Museum angefangen hatte. Das war ein Jahr bevor wir anfingen, zusammen an der gemeinsamen Museumsausstellung zu arbeiten.«
»Aber Sie waren am Naturkundemuseum angestellt, ist das richtig?«
»Ja. Ein Freund von mir hatte letztes Jahr als Postdoc an den Cloisters gearbeitet, bevor er nach Europa zurückging. Ich habe Katrina bei ihm zu Hause auf einer Party kennen gelernt. Er hat regelmäßig ausländische Studenten zu sich eingeladen. Sie können sich vielleicht vorstellen, dass es hier ziemlich einsam sein kann, da die meisten von uns ohne Familie oder einen großen Freundeskreis hier ankommen.«
»Haben Sie sich eng angefreundet?«
»Nicht sofort. Wir hatten nicht sehr viele Gemeinsamkeiten. Unsere Backgrounds und beruflichen Interessen waren völlig verschieden. Es gibt wahrscheinlich kein schöneres kleines Museum als die Cloisters, aber mir leuchtet die Relevanz gotischer Kunst und Architektur nicht ganz ein. Ich konnte nicht verstehen, wovon Katrina fasziniert war.«
»Sie sind Anthropologin?«
»Ja, Kulturanthropologin.« Sie lächelte. »Katrina ging es nicht anders. Ihr war mein Interesse an primitiven Zivilisationen ein Rätsel, obwohl die gesamte Evolutionsgeschichte die Grundlage für meine Arbeit ist.«
»Wie hat sich das geändert?«
»Langsam. Gemeinsame Bekannte brachten uns andauernd zusammen, natürlich unabsichtlich. Wenn es am Met eine Ausstellung gab, von der einer der Doktoranden dachte, dass sie jemanden von uns interessieren könnte, rief er oder sie an oder verschickte eine E-Mail, und wir gingen zusammen hin. Manchmal gingen wir danach essen, normalerweise in einer kleinen Gruppe. Als dann Anfang letzten Jahres das Büro für
Weitere Kostenlose Bücher