Die Knochenkammer
unbrauchbar war und nur den verschwommenen Umriss eines bärtigen Gesichts erkennen ließ. Als Folge hatte die Legislative eine Verordnung erlassen, laut der Banken ihre Filme regelmäßig auswechseln müssen. Für Museen existierte keine derartige Verfügung.
»Der Detective und ich würden heute Nachmittag gerne mit Ihnen anfangen, Mr. Lissen. Wenn ich vorher kurz telefonieren könnte, würde ich gerne meinen Boss anrufen, um ihm mitzuteilen, dass wir die Verstorbene identifiziert haben.«
»Natürlich, Ms. Cooper. Bitte benutzen Sie das Telefon auf meinem Schreibtisch. Ich werde von Ms. Drexlers Apparat aus den Direktor der Cloisters anrufen. Er kann uns Ms. Grootens Akte heraussuchen.«
Ich wählte Paul Battaglias Durchwahl und hoffte, dass Rose Malone an den Apparat gehen würde. Sie hörte sich beschäftigt - oder distanziert - an und stellte mich sofort zum Bezirksstaatsanwalt durch. Dann war sie wieder in der Leitung, um mir zu sagen, dass er meinen Anruf nicht entgegennehmen würde. Das war mir noch nicht oft passiert.
»Sagen Sie ihm nur, dass wir die Leiche wahrscheinlich identifiziert haben. Die Tote heißt Katrina Grooten und arbeitete oben in den Cloisters an einem Sonderprojekt, an dem mehrere Museen beteiligt waren. Der Gerichtsmediziner denkt, dass die Todesursache eine Vergiftung ist. Ich melde mich wieder, sobald ich mehr weiß.«
Ich reichte Chapman den Hörer und trat beiseite. »Hey, Loo. Wir haben eine vorläufige Identifizierung der Heiligen Cleo. Irgend so eine Kunsttante in einem der Museen. Aus Südafrika, mit einem Visum hier. Coop und ich sausen morgen, wenn wir hier fertig sind, hinauf zu den Cloisters, um herauszufinden, ob jemand weiß, warum oder ab wann sie nicht mehr zur Arbeit erschienen ist.«
Er legte auf und nahm ein Foto in die Hand, das auf Thibodaux’ Schreibtisch stand. Aus dem zehn auf fünfzehn Zentimeter großen Rahmen lächelte uns eine attraktive, herausgeputzte Frau entgegen, die vor der Glaspyramide im Innenhof des Louvre stand.
»Mrs. T.?«
Eve Drexler nickte.
»Hat sie irgendetwas mit dem Museum zu tun? Ich meine, offiziell.«
»Nein, Mr. Chapman. Sie ist tot. Sie kam vorletzten Winter bei einem Skiunfall in Chamonix ums Leben. Sie waren erst etwas über ein Jahr hier gewesen. Ich war hier bei Pierre im Büro, als er -«
Drexler verstummte, als die Tür aufging und Thibodaux wieder ins Zimmer kam. »Hiram Bellinger, der Direktor der Cloisters, wird Sie morgen jederzeit, wann immer es Ihnen recht ist, empfangen. Er kannte Ms. Grooten nicht gut, aber er wird ihre Akte heraussuchen und Ihnen geben, was Sie brauchen.«
Chapman drehte dem Direktor den Rücken zu und flüsterte mir zu: »Wir schauen uns hier schnell um, dann treffen wir uns morgen früh im Leichenschauhaus, um zu sehen, was Kestenbaum für uns hat, und danach verbringen wir so viel Zeit wie nötig uptown und reden mit den Leuten, mit denen sie zusammengearbeitet hat.«
»Geht in Ordnung.«
Mike ging zum Konferenztisch, um seinen Notizblock zu holen. »Sagen Sie Bellinger, dass wir morgen so gegen zwölf bei ihm sein werden. Hat er denn nichts, was er Ihnen jetzt sofort faxen kann?«
»Die einfachen Personalangaben sollten in der Datenbank gespeichert sein, auch wenn die gesamte Akte im Archiv ist. Ich vermute, dass er mir ihre Adresse und ihr Geburtsdatum in Kürze faxen kann. Was möchten Sie sonst noch wissen?«
»Nächste Verwandte wäre nett. Ich möchte nicht, dass sie über CNN davon erfahren. Vielleicht hat sie Familie hier, die uns weiterhelfen kann.«
»Wie gedankenlos von mir! Fangen Sie doch schon mal unten mit Maury an, und Ms. Drexler wird Sie suchen kommen, sobald wir die Informationen haben.«
»Hat er gesagt, dass an Ms. Grootens Verschwinden irgendetwas Ungewöhnliches ist?«
»Überhaupt nicht, Detective. Er erinnerte sich, dass er Ende Dezember ein Kündigungsschreiben von ihr erhielt, das er zu ihrer Akte legte. Sie beide sollten das besser zurückverfolgen können als wir. Bellinger sagte, dass Katrina die Stadt verlassen wollte, nachdem sie eines Nachts in dem Park bei den Cloisters überfallen und vergewaltigt worden war. Er sagt, sie sei danach nie wieder dieselbe gewesen.«
Thibodaux schloss die Tür zu seinem Büro und ließ uns am Schreibtisch seiner Sekretärin mit Ms. Drexler zurück, die darauf wartete, uns ins Souterrain zu geleiten.
»Könnten Sie uns bitte allein lassen, während wir noch ein Telefonat führen?«, fragte Chapman. Die beiden Frauen
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