Flieders ein, den die Frau meines Hausmeisters geschnitten und ins Wohnzimmer gestellt hatte. Die matt lavendelblauen und weißen Bäume umgaben die Eingangstür des Hauses und erfüllten nur in den letzten Maiwochen die Luft mit ihrem unverwechselbaren Duft.
Nina kam als Erste wieder die Treppe herunter. »Keine Spur von Gabe. Was hast du mit seinen Spielsachen gemacht?«
Nina und ihr Sohn, mein Patenkind, hatten letztes Jahr im Juli zehn Tage hier bei mir verbracht. Ich liebte es, ihn zu verziehen und ihn mit Spielzeugautos, Bauklötzen, Strandspielzeug und Büchern zu überschütten. »Bis zum Sommer weggesperrt. Ihr kommt doch wieder, oder?«
»Ich flehe Quentin an, mir Urlaub zu geben. Gabe sagt, dass er auf alle Fälle wiederkommt, egal, ob ich mitkomme oder nicht.«
»Du riskierst nur, dass ich ihn für immer behalte.«
Nina hatte sich mit den Ellbogen auf die Arbeitsfläche gestützt und sah mir dabei zu, wie ich uns Drinks einschenkte. »Jerry will noch eines. Ein Kind, meine ich.«
»Das hast du mir schon vor einem Jahr gesagt. Das ist großartig.«
»Nun ja, es ist nur noch nicht passiert. Und wenn dir der Gedanke schon so gefällt, warum fängst du dann nicht an, selbst darüber -«
Ich konnte Vals Schritte auf der Treppe hören. »Lass uns dieses Wochenende eine Abmachung treffen, einverstanden? Keine Ratschläge! Ich werde dir nicht erzählen, dass du verrückt bist, deine Energie und Intelligenz an einen Job zu verschwenden, der dir ein Vermögen, aber absolut keine emotionale Befriedigung einbringt. Und du hältst dich bei meiner Gebärmutter raus, okay?«
Wir stießen gerade an, als Val sich zu uns gesellte. »Was für ein Paradies! Ich werde mich in diese Daunendecke kuscheln mit dem Stapel alter Bücher neben dem Bett und alles um mich herum vergessen. Wann ist Weckzeit?«
»Wann du willst. Bist du schon müde?«
»Ja, ich würde heute Abend gern früh zu Bett gehen.«
Val ging bald wieder nach oben, um zu lesen, Nina rief zu Hause an, bevor Jerry Gabe ins Bett brachte, und ich setzte mich vor den Computer.
Ich öffnete den Ordner mit den E-Mails, die Bellinger gesammelt hatte, als man Anfang Januar Katrina Grootens Computer abgebaut hatte. Sie hatte neun E-Mails von Bekannten in Europa erhalten, die ihr alle frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr wünschten. Keiner davon schien sie gut genug zu kennen, um zu wissen, dass sich ihr Gesundheitszustand seit Monaten stetig verschlechterte. Einige erkundigten sich nach ihrer Arbeit und fragten, ob sie in den nächsten Monaten ins Ausland reisen würde. Jemand namens Charles, der von der E-Mail-Adresse des Museums in Toulouse schrieb, erzählte ihr den neuesten Klatsch und erkundigte sich zum Schluss über ihr Liebesleben.
Einige der Nachrichten waren verwaltungstechnische E-Mails vom Metropolitan, als Antwort auf Katrinas Kündigung. »Darf ich Sie daran erinnern, Ihre Schlüssel zu der Damentoilette in den Cloisters abzugeben?«
»Falls Sie noch Bücher aus dem Verbundsystem des Metropolitan Museum haben, geben Sie sie bitte am Angestelltenschalter im Hauptgebäude zurück.«
»Erledigen Sie bitte alle zur Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses erforderlichen Schritte, oder wir werden nicht in der Lage sein, Empfehlungsschreiben an zukünftige Arbeitgeber weiterzuleiten.«
Es gab keinerlei Anzeichen, dass irgendjemand ein übles Spiel vermutet hatte, als die junge Frau das Museum verlassen hatte.
In der Mitte des Stapels fand ich die Notiz, die ich gesucht hatte. Sie war datiert vom 27. Dezember und mit einem Wort unterschrieben, von dem ich annahm, dass es der Name des Verfassers war: Clem.
Ich fing schon an, mir Sorgen zu machen, aber als ich heute Vormittag nach London zurückkam, habe ich deine Nachricht bekommen. Schön, dass du beschlossen hast, nach Südafrika zurückzugehen. Dort kannst du dich darauf konzentrieren, wieder gesund zu werden. Ich bin nach wie vor neugierig: Bist du seit unserem letzten Gespräch in dem Gewölbe gewesen? Ich war gerade zu Hause und habe das Grab besucht. Es macht mich glücklich zu sehen, dass er nach all der Zeit in Frieden ruht. Wir tun was sehr Gutes. Sag mir Bescheid, sobald du eine neue E-Mail-Adresse und Anschrift hast.
Clem Wer war Clem? Welches Grab? Wo? Ich ging zur Empfängerzeile und tippte die E-Mail-Adresse ein, in der Hoffnung, dass sie noch gültig war.
[email protected] .
In die Betreffzeile gab ich Katrinas Namen ein. Ohne etwas über ihre Beziehung zu wissen,