Die Knochenkammer
Gewölbes haben wollte. Nachfolgende Direktoren haben Paglin den Rest seines Lebens umworben, ohne überhaupt zu wissen, welche Schätze sich in dem Raum befanden.«
»Wie ist die Sache ausgegangen?«
»Chacun á son goüt, Detective. Mein Mann pflegte immer zu sagen, dass der Steuertrick mehr wert war als Paglins gesamte Sammlung. Er hatte ein paar großartige Stücke, aber er war wie wir alle ein paarmal total reingelegt worden.«
»Und dieses Gewölbe - war das damals allgemein bekannt?«
Ich konnte mich nicht erinnern, jemals davon gehört oder gelesen zu haben.
»»Gemein wäre das richtige Wort. In einer Hinsicht hatten Mr. Paglin und mein Vater den gleichen Geschmack: Sie teilten sich eine Geliebte. Nur ein oder zwei Jahre lang, aber lange genug, dass die Betreffende die Prachtstücke des Gewölbes sah und meinem Vater davon erzählte. Ich glaube nicht, dass noch viele andere davon wussten. Das hätte nur dieses ganze Theater nach dem Motto >meiner ist größer als deiner< zur Folge gehabt. Männer sind furchtbar kindisch, was das angeht, finden Sie nicht auch?«
»Wissen Sie, wie viele Privatgewölbe es in dem Museum gibt?«
»Ich habe keine Ahnung. Aber ich würde mit Timothy Gaylord anfangen. Jeder, der mit der ägyptischen Sammlung zu tun hat, kennt die Paglin-Geschichte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Timothy zum Zeitpunkt von Paglins Tod Praktikant in der ägyptischen Abteilung war. Der alte Knabe wurde über neunzig, was mir hoffentlich auch gelingen wird. Prost!«
Mike wandte sich mir zu. »Ich frage mich, ob sie im Naturkundemuseum etwas Ähnliches haben. Privatgewölbe, meine ich.« Wir dachten beide, dass ein Gewölbe ein großartiges Versteck für einen Sarkophag wäre.
»Nicht dass ich wüsste.«
»Wie gut kennen Sie das Naturkundemuseum?«
»Herbert war dort im Kuratorium.«
»Herbert?«
»Mein verstorbener Mann. Er weigerte sich, etwas mit dem Met zu tun zu haben, weil mein Vater dort so präsent war. Er liebte Forschungsreisen. Haben Sie Erik Poste schon kennen gelernt? Europäische Gemälde?«
»Nur kurz.«
»Sein Vater, Willem, war einer der großen Abenteurer des letzten Jahrhunderts. Wie aus einem Hemingway-Roman, mein Kind. Furchtlos, gut aussehend, sexy. Er nahm Herbert oft mit nach Afrika. Ich glaube, dass mein Herbie damals der Einzige war, der keine Lust hatte, zu jagen und die herrlichen Tiere abzuknallen. Damit hat er nie was zu tun gehabt.«
»Wofür hat sich Ihr Mann dann interessiert?«
»In Afrika? Für alles, was nicht niet- und nagelfest war. Nach den ersten Expeditionen mit Willem brachte mein Mann jedes Fossil mit zurück, das er finden konnte. Reptilien, Schildkröten, Säugetiere. Solange jemand anders den Abzug betätigte. Er mochte einfach die Knochen. Glauben Sie mir, wenn es im Naturkundemuseum Privatgewölbe gegeben hätte, hätte sich Herb eins ergaunert. Fragen Sie Erik Poste! Er sollte darüber Bescheid wissen. Er ist mit all diesen Geschichten groß geworden.«
»Wo sind die Knochen dann gelagert?«
»Mein Junge, im Dachgeschoss gibt es einen Elefantenraum, irgendwo ist eine Wildschweinkammer, in der Herpetologie sind haufenweise Echsenwirbel. Wissen Sie, wie viele Knochen dort drüben herumliegen? Fünfzig Millionen! Wozu eigentlich?«
»Nun, was wollte denn Ihr Ehemann mit ihnen?«
»Dasselbe wie all die anderen: unsterblich werden. Nach J. P. Morgan wurde ein Saal für Edelsteine benannt, weil er dem Museum den Stern von Indien geschenkt hat. Gertrude Whitney spendete Vögel - genug um Hitchcock das Fürchten zu lehren - und hat auch eine ganze Halle bekommen. Herbie? Sie wussten nie so recht, was sie mit seinen Knochen machen sollten. Sie konnten sie unmöglich an einem Ort ausstellen, weil sie sich mit zu vielen Abteilungen überschnitten. Also liegen sie nur herum und verstauben.«
Gerst trank ihr Glas aus und ging beschwingt zur Bar, um sich nachzuschenken. Dann wandte sie sich an Mike. »Wissen Sie, ich habe dieses Mädchen einmal getroffen. Die Tote.«
»Katrina Grooten?«
»Ja, ich habe ein gutes Gesichtergedächtnis. Sie haben ein Foto von ihr in den Morgennachrichten gezeigt. Ein reizendes junges Ding.«
»Am Met?«
»Nein, nein, im Louvre. Als wir Pierre den Direktorenposten anboten, bildeten einige Kuratoriumsmitglieder eine Findungskommission. Nachdem er zugesagt hatte, flogen ein paar von uns nach Paris und veranstalteten ihm zu Ehren einen Empfang im Louvre.«
Sie ging zu ihrem Stuhl und stützte sich auf eine der
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