Die Knochenleserin
muss jetzt wieder zu Megan. Ruf mich an, wenn ihr auf der Insel fertig seid, Joe.«
»In Ordnung.« Er legte auf.
Sie schob das Handy in ihre Tasche und ging zurück ins Krankenhaus. Joe würde wahrscheinlich noch Stunden mit der Polizei da draußen auf der Insel verbringen.
Aber sie hatte auch noch etwas zu erledigen. Sie hatte sich Sorgen gemacht wegen Laura Anns Erinnerungen, aber was war mit ihren eigenen? Es gab immer noch ungelöste Fragen, die auf eine Antwort warteten.
Und die wichtigste Frage konnte vermutlich nur Megan Blair beantworten.
Megan war immer noch nicht bei Bewusstsein, als Eve ihr Zimmer betrat.
Phillip blickte auf. »Der Arzt war eben hier und hat ihre Vitalfunktionen überprüft. Er meinte, wenn sie nicht bald zu sich kommt, wird er einen Neurologen mit hinzuziehen müssen. Er fürchtet, es könnte sich um ein tiefgehendes Problem handeln. Er schien mir ziemlich ratlos.«
»Megan hat mir erzählt, dass diese Anfälle von Bewusstlosigkeit eine Art Winterschlaf für sie darstellen und dazu dienen, dass sie wieder gesund werden kann.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Diesmal kommt es mir beinahe so vor, als würde sie im Koma liegen.«
»Sie hat viele Wunden, die heilen müssen.« Eve versuchte zu trösten, aber es waren nur Worte. Sie hatte genauso viel Angst wie Phillip. »Wollen Sie sich nicht eine Pause gönnen? Fahren Sie doch kurz ins Hotel, da können Sie in Ruhe duschen und sich umziehen. Ich bleibe hier, bis Sie zurückkommen.«
Er schüttelte den Kopf.
»Gehen Sie nur. Ich rufe Sie an, sobald sie zu sich kommt.«
Er zögerte, stand aber schließlich auf. »Ich werde versuchen, in einer Stunde wieder hier zu sein, aber es könnte auch etwas länger dauern. Ich möchte jemanden anrufen, der ihr vielleicht helfen kann. Grady hält sich in Tansania auf, und es könnte schwierig sein, ihn zu erreichen.«
»Grady? Tansania liegt auf der anderen Seite des Erdballs. Hat Megan ein so enges Verhältnis zu diesem Mann, dass er alles stehen und liegen lassen und sofort herkommen würde?«
»Es gibt niemanden, dem Megan näher steht. In mehrfacher Hinsicht.« Er ging zur Tür. »Er wird das nächste Flugzeug nach Hause nehmen.«
Eve schaute ihm nach, als die Tür sich hinter ihm schloss. Selbst wenn dieser Grady sofort herkam, konnte sie sich nicht vorstellen, wie er Megan würde helfen können. Gut, Phillip war der Meinung, Grady könnte etwas tun, und sie mussten eben nach jedem Strohhalm greifen. Und Eve konnte weiß Gott nicht behaupten, eine bessere Idee zu haben.
Eine gute Stunde später öffnete Megan die Augen.
»Eve?«
»Gott sei Dank«, sagte Eve.
Megans Blick wanderte durch das Zimmer und blieb schließlich an Eve hängen. »Sie schon wieder? Das wird ja allmählich zur Gewohnheit.« Ihre Stimme war undeutlich. »Und darauf habe ich keine Lust.«
»Das kann ich Ihnen nicht verübeln.« Eve kämpfte mit den Tränen. »Ich an Ihrer Stelle würde mich von jetzt an meiden wie die Pest.«
»Guter Gedanke«, erwiderte Megan. »Was ist mit Laura Ann?«
»Außer Gefahr. Sie befindet sich auch hier im Krankenhaus, ihre Mutter ist bei ihr.«
»Das ist gut. Aber was ist mit Kistle?«
»Der ist tot.«
»Das ist noch besser. So viel Schlechtigkeit …«
»Bitte entschuldigen Sie mich einen Augenblick.« Eve nahm ihr Handy aus der Tasche. »Ich habe Phillip versprochen, ihn anzurufen, sobald Sie aufwachen.« Sie wählte die Nummer, und als er das Gespräch annahm, sagte sie: »Sie ist eben zu sich gekommen. Ihre Stimme ist ein bisschen undeutlich, aber ansonsten scheint es ihr gut zu gehen.«
»Gott sei Dank.«
»Das habe ich auch gesagt.«
»Ich bin gleich da.«
Eve legte auf. »Er ist unterwegs. Ich glaube, er mag Sie sehr.«
»Er ist mein Onkel«, erwiderte Megan schlicht.
»Was ist mit diesem Grady, den Phillip anruft, damit er von Tansania herfliegt? Phillip sagt, Sie hätten ein enges Verhältnis zu ihm.«
Megans Augen wurden größer. »Phillip hat Grady angerufen? Das hätte er nicht tun sollen.«
»Er hatte Angst um Sie. Ich hatte ebenfalls Angst. Das sah überhaupt nicht aus wie beim letzten Mal. Selbst die Ärzte waren beunruhigt.«
Megan schwieg einen Augenblick lang. »Stimmt, es war nicht wie beim letzten Mal. Es war ganz anders. Es war, als würde ich innerlich zerbrechen.«
»Es tut mir so leid.« Ihre Worte kamen ihr dürftig vor, aber Eve wusste nicht, was sie sonst sagen sollte. »Ich bin Ihnen sehr dankbar.«
»Ich habe es
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