Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
zurechtzukommen.«
Wieder umwölkte sich das Gesicht Johanns, als er sich daran erinnerte, wie der blutjunge Knappe unter die Fittiche des Königs genommen wurde, nachdem er angeblich in der Schlacht um die Reichskrone Albrechts Widersacher niedergestreckt hatte. Ihm fiel auch das reiche Lehen unter König Philipp ein, das Albrecht diesem Niemand hatte zukommen lassen, statt wenigstens in diesem Fall auf die Stimmedes Blutes zu hören. Ein Habsburger hätte es sich auch nicht ungestraft wieder wegnehmen lassen und das Reich dadurch zum Gespött Europas gemacht.
»Ich denke, der König wird sich wieder mit ihm umgeben, ihm ein stattliches Lehen in Aussicht stellen und ihn zu großen Aufgaben bestimmen. Da Montardier der Stiefbruder dieses ägyptischen Sultansvetters ist, wird Albrecht ihm wahrscheinlich etwas Gutes tun wollen, um sich den Sultan gewogen zu machen. Man spricht davon, dass der Ägypter Albrecht zum König von Jerusalem einsetzen will.« Bero wusste genau, wie er es anfangen musste, um an sein Ziel zu gelangen. Diesen Niemand wieder an der Seite des Königs zu sehen würde dem Schwaben missfallen.
Johann nickte. Davon hatte er auch schon gehört. Jeder bei Hof kannte das Gerücht.
»Am Ende gibt Albrecht diesem Dahergelaufenen zum Dank noch Euren Erbbesitz und lässt Euch abermals leer ausgehen!«
Schon wollte Johann Bero zurechtweisen, dass er nicht solchen Unfug reden sollte, da schoss ihm plötzlich der Gedanke durch den Kopf, dass dies gar nicht so abwegig war. Dieser Montardier war nicht zu unterschätzen, und wenn Albrecht sich wieder für ihn erwärmte, wer weiß, was dem König einfiele. Albrecht konnte bei der Verteilung von Macht und Pfründen unberechenbar sein. Johann sah seinen Ritter scharf an. War der Mann in der Lage, dieses Problem für ihn zu lösen, oder wollte er sich nur wichtig machen? Bei seinen Gefolgsleuten musste man mindestens so vorsichtig sein wie bei seinen Feinden. Diese Lektion hatte er in den Jahren bei Hof gelernt.
»Was ratet ihr mir?«, fragte er nun geradeheraus. »Ihrkennt den Burschen schließlich am besten. Hat nicht Euer Vater ihn ausgebildet?«
»Mein Großvater, genau genommen. Ihm hat er es zu verdanken, dass er überhaupt in der Lage ist, mit Albrecht und bei Hof zu verkehren. Aber so schlau und geschickt Montardier im Umgang mit dem König ist und seinen Kopf immer wieder aus der Schlinge zieht, er ist nicht unangreifbar. Er hat eine schwache Stelle.« Aufmerksam hörte Johann zu, wie Bero ihm schilderte, dass die berühmte Schneiderin aus Nürnberg, deren Kleider sogar die Königsfamilie trug, die ach so ehrenwerte Witwe eines kreuzbraven Handwerkers, in Wahrheit jahrelang Montardiers Metze gewesen war und ihm ein Kind geschenkt hat. Sogar seine vom König gestiftete Ehe hatte sie gebrochen und ihren Vollzug verhindert. Die Frau war auf dem Weg hierher, und da lag der Verdacht doch nahe, dass man wohl gemeinsam an die Güte des Herrschers appellieren und um seine Zustimmung zur Heirat ersuchen wollte. Außerdem trieb sich auch Graf Meynhard von Aarnkreutz schon wieder in des Königs Nähe herum. »Ihr wisst ja, der Mann hat diese königliche Mätresse geheiratet und damit Albrecht und dem Kanzler die Peinlichkeit erspart, sich der Frau anderweitig und deutlich kostspieliger zu entledigen. Der Mann hat in wenigen Jahren seine einfache Grafschaft zu einem reichen Herrensitz mit florierender Wirtschaft gewandelt. Möglicherweise holt der König sich Rat bei ihm, wie man aus anderen Lehen Süddeutschlands ebensolche Goldgruben machen könne. Mir will scheinen, man will Euren Erbanspruch geschickt unterlaufen und Euch um Euer Recht bringen. Oder warum denkt Ihr, kommen all diese Leute an diesem gottverlassenen Flecken zusammen und scharwenzeln hier um Albrecht herum?«
Restwangen hatte die Befürchtungen, die Johann selbst und seine engsten Freunde seit Tagen mit sich trugen, jedoch nur vage formulieren konnten, rasch und in klaren Worten zusammengefasst. Johann erkannte, dass der Mann mit seinen Schlussfolgerungen Recht haben könnte. Albrecht neigte dazu, Günstlingen überraschend unverständlich hohe Vergütungen für ihre Leistungen anzubieten. Dies tat er weniger aus überschäumender Dankbarkeit, sondern um andere Edle anzuspornen, sich ebenfalls um königliche Gunst verdient zu machen. Es war daher durchaus möglich, dass er diesen Montardier plötzlich wieder emporhob, ihn reich belehnte und Johann abermals mit geheuchelten Worten
Weitere Kostenlose Bücher