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Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Siegel
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sich nicht lange genug in ihren neuen Kleidern bewundern.
    »Bitte schön: die neue Maria – ich darf vorstellen!« Sie zog den Vorhang beiseite, der den Spiegel verhüllte, und Maria entfuhr ein kleiner Schrei. Sie hatte seit ihrer Kindheit vor keinem Spiegel mehr gestanden und ihr eigenes Gesicht höchstens schemenhaft in einer Wasserschale oder auf poliertem Metall betrachten können. Jetzt sah sie eine junge Frau vor sich. Für einen Moment glaubte sie, ihre Mutter stünde ihr gegenüber.
    »Gefällt es dir nicht?«, fragte Franziska, als sie Tränen in Marias Augenwinkeln sah. »O doch. Es ist wunderschön.Nur … meine Mutter sah so aus. Ich dachte, gleich spricht sie zu mir. Ich muss mich erst an mich selber gewöhnen, glaube ich.«
    Franziska schwieg und sah Maria noch eine Weile zu, die an ihrer neuen Garderobe herumzupfte. Doch plötzlich geschah etwas, das Franziska nicht für möglich gehalten hatte. Sie wurde Zeugin einer Verwandlung. Marias Haltung, ihr Ausdruck und ihre Ausstrahlung veränderten sich innerhalb von Sekunden. Eben noch kindlich, zurückhaltend und bescheiden, stand sie nun aufrecht, mit geraden Schultern und erhobenem Kopf vor dem Spiegel. Ihr Gesicht wirkte erwachsen und selbst das Blau ihrer Augen schien tiefer geworden zu sein. Aus dem unscheinbaren Mädchen war eine begehrenswerte junge Frau geworden.
    »Trotzdem«, sagte sie plötzlich, »irgendetwas war bei meiner Mutter anders.« Sie besah sich ihr Spiegelbild genauer und betrachtete sich von Kopf bis Fuß. »Die Schuhe!«, rief sie plötzlich. »Die Schuhe meiner Mutter waren anders«, stellte sie fest. Franziska sah sie neugierig an. »Wie denn?«
    »Also zunächst mal die Sohlen. Die waren aus ziemlich hartem Leder und ganz schmal. Sie hatten genau die Form und die Größe der Fußsohle. Und hinten war … so etwas wie ein Keil, warte, ich zeichne es dir auf.« Sie sah sich nach einem Schreibgerät um, und Franziska reichte ihr ihre Schiefertafel und ein Stück Kreide.
    »Am besten zeichne ich sie von der Seite. Also hinten, unter der Ferse war der Schuh höher als vorne, das fanden vor allem die französischen und italienischen Ritterfrauen in Akkon elegant. Außerdem wollten sie gern so groß wie die deutschen Frauen sein. Ich habe mir diese Schuhe als kleines Mädchen genau angesehen und manchmal aus Spaßein Paar meiner Mutter angezogen, auch wenn sie noch viel zu groß waren.« Sie zeichnete die Seitenansicht einer eleganten Frauensandale auf das Brett, mit keilförmigem Absatz und Riemen statt Oberleder. »Für kühles Wetter gab es auch geschlossene Schuhe und für ganz kaltes und Regen solche, wie du sie hast.« Franziska sah sich die Zeichnung genau an und dachte nach.
    »Das wäre doch gelacht, wenn wir das nicht hinbekämen«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu der Freundin. »Gleich morgen gehen wir zu Hoimar, dem Schuhmacher. Er wird zwar verzweifeln, aber er muss solche Schuhe fertigen. Wir überraschen meine Mutter bei der Hochzeit damit!«
 
    Mittlerweile war es Abend geworden, und sie hörten Nele zum Nachtmahl rufen. Verschwörerisch legte Franziska einen Finger an die Lippen. »Kein Wort wegen der Schuhe!«
 
    Nele klatschte vor Freude in die Hände, als ihr die verwandelte Maria ihr vorgeführt wurde. »Du bist ein Ebenbild deines Bruders. Unglaublich! Sogar die Haarfarbe ist fast gleich. Das sieht man selten.« Bei der Erwähnung Ludwigs errötete Franziska leicht, was Nele nicht entging, sie sich aber nicht anmerken ließ.
    Für die Nacht wies Nele Maria eine eigene Kammer neben der Franziskas zu. Maria hatte noch nie alleine in einem Zimmer geschlafen und war anfangs ziemlich aufgeregt, als sie in dem bequemen Bett mit der frischen Wäsche lag. Wie eine Prinzessin, dachte sie noch, als sie schließlich doch die Müdigkeit überfiel und sie in tiefen Schlaf sank.
    *
    Siegfried von Restwangen hatte zeitlebens großen Wert auf Leibesertüchtigung gelegt und seinen Körper durch Reiten, lange Fußmärsche und den Schwertkampf gestählt. Bis weit über sein vierzigstes Lebensjahr hinaus hatte er an Turnieren teilgenommen, und nur wenige Männer hatten den alten Kämpen in den sportlichen Wettkämpfen besiegt. Seine besondere Liebe und Leidenschaft galt jedoch dem Schwimmen, das er schon als ganz junger Knabe erlernt hatte und in dem sich seine Pagen und Knappen ebenfalls üben mussten. Die Burschen von heute drohten ohnehin zu verweichlichen, ganz anders als zu seiner Zeit. Er konnte sich jedenfalls

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