Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
gefährlich. Deswegen verschnürt man seine Kleider doch.«
Maria nickte artig, doch zufrieden war sie mit dieser Antwort nicht. Franziska war es ebenfalls nicht, wollte es aber vor der Freundin nicht zugeben.
Auf dem Heimweg erzählte Franziska ihrem Gast alles über die Gegend und die Leute, die sie trafen. Unterwegs suchten sie noch Hermann auf, um ihm Maria vorzustellen. Maria gefiel es auf dem Hof des Rosshändlers, vor allem die kleinen Katzen hatten es ihr sofort angetan.
Gegen Abend betraten sie Neles Werkstatt und fragten die erfahrene Schneiderin, ob sie nicht eine Idee für Karls Hemden und Hosen hätte. »Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht«, gestand die Meisterin.
»Nehmt euch doch ein Paar Beinlinge und probiert ein wenig. Meist kommen einem dabei die besten Ideen.«
Die Mädchen setzten sich an den Tisch und fingerten an dem Stoff einer fast fertigen Hose herum.
»Als kleines Mädchen habe ich mal den Kittel meiner Puppe geflickt und aus Resten einen Verschluss gebastelt, ungefähr so.« Franziska knüpfte rasch aus einem kurzen Bändchen eine kleine Schlinge und nähte diese an den Hosenbund und befestigte an der anderen Seite ein Häkchen, was zwar ein gewisser Fortschritt gegenüber den Bändern war, aber weder eine neue noch eine besonders originelle Lösung darstellte. Besonders gefällig wirkte der Verschluss obendrein auch nicht.
»Kann man so einen Haken nicht direkt in den Stoff hängen? Man müsste ein Loch machen und es sauber ausnähen, das wäre doch eine Lösung.«
»Ein Loch? Lieber einen Schlitz, würde ich sagen. Probieren wir es einfach.« Franziska schnitt einen schmalen Schlitz in eine Seite des Hosenbundes und vernähte die Ränder sauber mit flinken Stichen. Maria nickte. Der Schlitz war unauffällig und praktisch. Leider hielt der Haken jedoch nicht.
»Denkst du nicht auch, dass der Haken am Bauch oder an der Hüfte scheuert?«, fragte Maria.
»Leider. Und den Haken von innen nach außen einzuhängen finde ich ganz unmöglich. Aber die Idee mit diesem Loch oder Schlitz ist gut«, sagte Franziska. »Wenn man nuneinfach … vielleicht so …« Sie hielt die Stoffstücke übereinander. »Oder doch so? Ich brauche mal Nadel, Faden und die Schere.« Sie schnitt einen weiteren kleinen Schlitz in den anderen Teil des Hosenbundes und säumte ihn rasch. Maria staunte, wie schnell und leicht Franziskas Finger die Nadel führten. Beide Schlitze waren nach nur wenigen Augenblicken fertig. »Und jetzt müsste man …«, dachte sie laut und drehte und hielt die beiden Stoffstücke aneinander. »Ich glaube, ich habe es! Sieh nur! Man macht erst den einen Schlitz und an das Gegenstück kommt einfach ein zweiter, und wenn man die Teile genau mit den Löchern übereinanderlegt, könnte man sie verbinden, so ähnlich wie eine Wagendeichsel mit der Zugstange.«
»Dafür nimmt man aber einen Pflock.«
»Ich meine ja nur, versteh doch … vielleicht finden wir ja noch etwas Besseres. Irgendeinen Verschluss oder so etwas auf die Art.«
Sie wühlten in einer Kiste mit allerlei Krimskrams, doch wollte sich nichts Vernünftiges finden, mit dem man die beiden Stoffstücke fixieren konnte. »Und wenn man zwei von diesen Dingern nimmt und sie aneinandernäht?« Maria zeigte auf ein fast fertiges Obergewand, auf das aus pfenniggroßen Hornscheiben ein Muster genäht war.
»Die Zierknöpfe? Warum nicht? Lass es uns versuchen!«
Rasch nähte Franziska zwei Knöpfe aneinander, sodass ihre Unterseiten mit einer kurzen Schnur miteinander verbunden waren. Den unteren Knopf schoben sie durch beide Löcher und es hielt!
Begeistert liefen sie zu Nele, um ihr ihre Entdeckung zu zeigen. Nele sah die Hosen genau an. »Wieso näht ihr den Knopf nicht gleich an den Stoff? Dann müsst ihr nur einLoch machen, und obendrein braucht man nur einen Knopf«, sagte sie schließlich.
»Das ist es!«, rief Franziska begeistert und umarmte ihre Mutter. »Das ist die Lösung! Und wir können mehrere Löcher nähen oder mehrere Knöpfe anbringen, dann lässt sich die Hose sogar verstellen! Und den Schlitz schließen wir auch mit Knöpfen. Darf ich es bei Hermanns neuen Beinlingen für die Hochzeit versuchen? Ja? Danke! Los, Maria, komm! Wir machen Hermanns Hosen rasch fertig, und dann nähen wir Karl gleich noch ein ordentliches Paar!« Sie zog Maria aus dem Zimmer. Lächelnd sah Nele den Mädchen nach. Dieses Ungestüm und diese Begeisterung, sie beneidete die Jugend darum. Doch Franziska hatte Recht.
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