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Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Siegel
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zusagen. An jedem Tier hatten sie etwas zu bemängeln, bis sie die silbergraue Stute sahen, die auf Hermanns hinterer Weide graste. »Zeigt uns dieses Tier«, forderte Bero. »Ist es als Jagdpferd zugeritten?«
    »Ich bedaure«, sagte Hermann, »die Stute ist nicht zu verkaufen.«
    »Ach was. Ihr seid Rosshändler. Führt sie uns vor.«
    »Es tut mir aufrichtig leid«, sagte Hermann, so unbehaglich er sich auch dabei fühlte, dem Adeligen zu widersprechen. »Die Stute steht nicht zum Verkauf. Obendrein gehört sie mir nicht. Ihr Eigentümer hat sie nur hier untergebracht.«
    »Wenn nicht Euch, wem gehört sie dann?«
    Hermann sagte es ihnen nach kurzem Zögern. Bero lachte auf. »Dem Gehilfen des Juden? Macht Euch nicht lächerlich. Ihr wollt nur den Preis hochtreiben. Gesteht!«
    »Die Stute ist sein Eigentum. Er hat sie mehrere Jahre lang abgearbeitet und gemeinsam mit meinen Knechten zugeritten. Sie ist für einen einarmigen Reiter ausgebildet. Wenn Ihr sie tatsächlich haben wollt, dann müsst ihr mit ihm verhandeln, aber ich glaube nicht, dass er sie verkaufen wird. Er hängt sehr an dem Tier.«
    Bero und seine Kumpane berieten sich kurz. Bero dachte nicht daran, mit dem Gehilfen eines Geldverleihers um denPreis eines Gauls zu feilschen. Schließlich bot Hermann an, einen seiner früheren Kunden wegen eines anderen Pferdes aus seiner Zucht anzusprechen, das er diesem vor zwei Jahren verkauft hatte. Der Mann war seit einiger Zeit nicht mehr bei guter Gesundheit, und möglicherweise könnte man handelseins werden. Das Tier war um nichts schlechter als die Stute, ein schönes und wertvolles Pferd, viel zu schade um nur auf der Koppel zu stehen. Bero kannte es sogar, er hatte es begutachtet, bevor er seinen Hengst erworben hatte. Beinahe hätte er sich damals schon für das Tier entschieden. Er willigte ein und wies Hermann an, ihn baldigst zu benachrichtigen.
 
    »Trotzdem verstehe ich nicht, wie ein Geschäftsgehilfe zu solch einem Pferd kommt«, sagte Haymo von Walding, einer von Beros Freunden, schließlich, als sie Hermanns Hof verließen.
    »Unterschätze den Jungen nicht. Er ist der Bruder unseres älteren Pagen. Der Vater der beiden war mein Vorgesetzter in Akkon, ein über jeden Zweifel erhabener Edelmann. Dieser zweitgeborene Sohn ist alles andere als auf den Kopf gefallen. Man erzählt sich, dass sogar die wohlhabenden Kaufleute auf seinen Rat hören und Zacharias, sein Dienstherr, soll Schuldscheine besitzen, mit denen er die ganze Stadt in die Knie zwingen könnte. Der Bursche ist seit einigen Jahren seine rechte Hand und lebt in seinem Haus wie ein Sohn.«
    »Wieso bei allen Heiligen hat sein Vater ihn denn ausgerechnet zu einem Juden geschickt? Als Edelmann …«
    »Der Vater ist längst tot, in Akkon gefallen. Und für den Jungen kam eine Ausbildung zum Knappen nicht in Frage.Er hat nur eine Hand. Er kann sich glücklich schätzen, überhaupt einen Beruf gefunden zu haben. Obendrein ist er an Sohnes statt angenommen. Hat angeblich Ludwig das Leben gerettet, als sie noch Kinder waren.« Bei den letzten Worten zuckte er mit den Schultern, als ob er selbst nicht allzu viel über die Familie wüsste.
    Gemächlich ritten sie die Straße entlang und passierten schließlich Neles Haus. »Sieh mal«, sagte Haymo plötzlich. Ein lüsternes Grinsen huschte über sein junges Gesicht. »Und du hast mir gesagt, in deiner Gegend gäbe es nur derbe Bauerntrampel.« Er folgte Franziska und Maria mit den Augen. Die beiden Mädchen liefen gerade schwatzend über den Hof und trugen zwei Stoffballen aus dem Lager in die Werkstatt. Bero erwiderte nichts, sondern verzog nur kurz abwägend die Mundwinkel. Franziska kannte er; insgeheim hatte er schon seit einiger Zeit ein Auge auf sie geworfen. Aber wer wohl das zweite Mädchen war? Irgendwie kam sie ihm vertraut vor, als hätte er sie schon einmal gesehen, irgendwo vor langer Zeit. Plötzlich traf es ihn wie ein Blitz. Er wusste, woher er sie kannte. Er sah sich selbst in einer dunklen Gasse auf Zypern, wie er die Frau in eine finstere Nische stieß, um sich ihr Schweigen zu sichern. Sie hatte ihn angefleht, an ihre Kinder zu denken und ihr Leben zu verschonen. Er sah seine eigene Faust, wie sie den Dolch in den Leib der Frau rammte. Ihn ekelte, und er schmeckte Galle, als die lange Zeit verdrängte Schandtat an den Pforten seines Gedächtnisses pochte. Sofort verscheuchte er die Erinnerung wieder. Das war doch Unsinn. Montardiers Frau war tot und begraben, sie war

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