Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
an, legte die Stirn in Falten und schüttelte schließlich den Kopf. »Muss das denn wirklich sein? Hast du nicht schon in Akkon gesehen, wohin Rittertum und Kampfeslust führen? Männer, die im Blutrausch Frauen und Kinder morden und verstümmeln oder wie jetzt in Böhmen, in tiefsten Friedenszeiten, in denen ihnen langweilig ist, unschuldige Mädchen schänden? Denkst du tatsächlich, dass das, was wir erlebt haben, die Ausnahmen sind? Du könntest ganz andere Dinge vollbringen, ungleich größere!«
»Mein Vater war Edelmann und Ritter und ganz bestimmt hat er nicht …«
»Henri war ein großartiger und ehrenwerter Mann, das steht doch außer Zweifel. Aber er war reif an Jahren und welterfahren. Und er war tatsächlich eine Ausnahme. Schließ dich mir an, gemeinsam können wir wahre Macht erwerben. Ich spreche von der Macht des Geldes, vor der alle erzittern, Fürsten, Bischöfe, sogar Könige und Päpste. Zacharias hat mir alles, was er wusste, beigebracht. Wir gründen ein Handelshaus, vielleicht auch eine eigene Bank, so wie die Florentiner Kaufleute und die Venezianer. In ein paar Jahren schwimmen wir im Geld, du heiratest deine wunderschöne Franziska, und schon bald wuseln kleine Bälger um deine Beine.«
Ludwig seufzte. Karl wusste, welchen Weg er gehen musste. Für ihn selbst sah die Sache beileibe nicht so einfach aus, und wie sich seine Zukunft mit Franziska gestalten würde, konnte er sich beim besten Willen nicht ausmalen. Als Kaufmann wäre es ein Leichtes, sie würden heiraten und das Leben würde seinen Lauf nehmen. Aber als Ritter? Einen kleinen Augenblick schwankte er, wollte sich bereits dem Bruder anschließen. Doch schon im nächsten Moment dachte er daran, wie wichtig seinen Eltern seine höfische Ausbildung und seine ritterliche Zukunft gewesen waren.
»Geh du deinen Weg«, sagte er schließlich mit belegter Stimme, »ich gehe den meinen.«
Beide schwiegen, scheuten sich auszusprechen, wie nah die Trennung war. Sicher würden sie bald auf Truppen treffen, denen Ludwig willkommen war. Aus den Gesprächen an den Nebentischen entnahmen sie, dass die Adeligen Kontingente aushoben, um sich den rivalisierenden Königen anzuschließen.
»Lass uns nach dem Essen unsere Mitgift betrachten«, sagte Karl schließlich und klopfte auf das Paket, das er noch immer an einem Riemen umgehängt trug. »Der Alte hat uns bestimmt ein feines Päckchen geschnürt.«
In einer kleinen Kammer neben dem Gastraum öffneten sie ihre Beutel und die Schatzkiste. Der eine Beutel enthielt Silber, im anderen fanden sich Goldmünzen, ein kleines Vermögen. Die wahren Kostbarkeiten jedoch waren die Dokumente, die Zacharias ihnen mitgegeben hatte. Zwei Wechsel, gezogen auf einen wohlbestallten Nürnberger Kaufmann, eine Aufstellung des Vermögens der drei Geschwister und eine Zahlungsanweisung, deren Höhe etwa diesem Vermögenswert entsprach, ausgestellt auf Zacharias' Vetter Isaak. Dies war das Dokument, das Zacharias noch in aller Eileausgefertigt hatte. Bei der Durchsicht der weiteren Papiere huschte ein listiges Lächeln über Karls Gesicht. Der Weitblick des Alten war zu bewundern. Der Tag würde kommen, an dem er diese Papiere verwenden würde.
Am frühen Nachmittag setzten sie ihre Reise fort. Die Pferde waren ausgeruht und sie erreichten die Donau, setzten mit einer der zahlreichen Fähren über und folgten der Handelsstraße nach Westen stromaufwärts.
In Passau, der Bischofsstadt, trafen sie auf ein Kontingent von Truppen eines österreichischen Grafen. Ludwig beschloss, ihn aufzusuchen und ihm seine Dienste anzubieten. Der Graf war ein noch junger Mann, hatte aber große Ziele. Er war Albrecht treu ergeben, doch fehlte es ihm an Material und ausgebildeten Männern. Seine Kämpfer waren Bauern und einfache Bürger, die er kurzerhand zu den Waffen gerufen hatte, was zwar zügige Rüstung versprach, seine Probleme der Heeresaufstellung aber nicht befriedigend gelöst hatte. Den einen oder anderen waffenkundigen Soldaten benötigte er noch
Entsprechend erfreut war Konrad Graf von Kieremberg, als sein Leibdiener ihm einen reisenden Knappen meldete, der einen neuen Herrn suchte. Nach wenigen Minuten waren sie handelseins. Schon am nächsten Morgen sollte Ludwig als Konrads Knappe mit zu Albrechts Truppen aufbrechen.
Ludwig war selig. Er stürzte in die Herberge, wo sie ein Zimmer genommen hatten, und schwärmte Karl von seinem neuen Herrn vor. Karl blieb erstaunlich gelassen. »Nimm nur ein bisschen Silber
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