Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Burschen mit seinem Speer würdigte er kaum eines Blickes, versuchte lediglich, ihn mit seiner Schwertspitze zu erhaschen, um ihn aus dem Weg zu scheuchen. Ludwig wich mit einem Satz zur Seite aus. Er bemühte sich, die Gesamtlage einzuschätzen, wie Siegfried das immer gepredigt hatte, um dann im rechten Augenblick das Richtige zu tun. Mehrere Berittene standen einem Ritter und einer Handvoll Fußvolk gegenüber. Alles ging so rasend schnell. Der Raugraf hatte sein Pferd wieder unter Kontrolle und konnte dem nächsten Angriff des Gegners ausweichen. Mit Schrecken stellte Ludwig fest, dass Georg plötzlich ohne Waffe war. Der Morgenstern war ihm entglitten, das lange Schwert hing an seinem Sattel und hatte sich verhakt. In diesem Moment stürmte sein Gegner mit erhobener Klinge auf ihn zu. Jetzt galt es zu handeln. Ludwig rannte von schräg vorne auf den Angreifer zu. Der Ritter trug einen Helm mit heruntergelassenem Visier, der zur Seite nur eingeschränkte Sicht bot. Ludwig hoffte, möglichst lange unentdeckt zu bleiben, und behielt die ungeschützte Stelle unter dem Arm des Ritters fest im Auge. Als der Mannan ihm vorbeisprengen wollte, hob er seine Waffe und stieß mit beiden Armen zu. Der Mann schrie auf. Sein Schwert fiel zu Boden, und er sank über den Hals des Reittiers. Das Pferd scheute, sprang zur Seite und ließ den schwer gerüsteten Körper mit einem lauten Krach zu Boden fallen. Sofort war einer der Soldaten Georgs zur Stelle und gab dem Mann den Todesstoß. Der Raugraf, der endlich wieder sein Schwert in der Faust hielt, sah sich den Gefallenen genauer an.
»Adolf ist tot«, rief er. Seine Männer stimmten ein Jubelgeschrei an, während die Männer des toten Königs panisch die Flucht ergriffen.
Noch am selben Abend wurde der Knappe Ludwig von Montardier in das Zelt des Königs beordert. Dort war eine kleine Gruppe von Männern versammelt. In ihrer Mitte ein großer, hagerer, doch breitschultriger Mann. Langes, lockiges Haar umrahmte ein schmales Gesicht mit ausgeprägtem Profil. Da Albrecht vor einigen Jahren ein Auge verloren hatte, musste er sich drehen, um den jungen Mann am Eingang seines Zelts in Augenschein nehmen zu können.
»Das ist also der Knappe, der Adolf aus dem Sattel geholt hat.« Ludwig senkte den Blick und ließ sich auf ein Knie sinken. »Wieso bist du einfach in den Kampf gezogen? Hatte dein Herr dir nicht andere Befehle erteilt?«
Ludwig sah auf. »Mein Herr war gefallen. Ich wollte, dass die Schlacht gewonnen wird, und habe so gut es ging dazu beigetragen.«
»Nun, das hast du wahrhaftig. Und du hast wohlgetan. Ist es dein Ziel, Edelknappe zu werden und für deinen König zu kämpfen?«
Ludwig nickte und sah den König mit strahlenden Augen an. Albrecht nickte. »So sei es. Da du ohne Herr bist, empfange die Schwertweihe von Uns. Ihr steht ab sofort in Unseren Diensten, Ludwig von Montardier, Sohn des Kreuzritters Heinrich von Montardier. Erhebt Euch und lasst Euch gürten.« Ludwig tat wie ihm geheißen, und einer der Umstehenden hielt ihm einen Schwertgurt mit einer Waffe um den Leib. Ein symbolischer Akt, der Ludwigs Jugend beendete und ihn zu einem Mann des Schwertes machte. Der König wandte sich ab. Der Raugraf Georg grinste Ludwig an und führte ihn rasch aus dem Zelt. Draußen klopfte er ihm auf die Schulter und gratulierte ihm. »Man wollte ja mir den Ruhm lassen, Adolf ins Jenseits befördert zu haben, aber ich konnte nicht umhin, dem König die Wahrheit zu schildern. Deine Tollkühnheit zu verschweigen, hätte ich nicht übers Herz gebracht, auch wenn ich dadurch womöglich eine reiche Belohnung verspielt habe. Aber immerhin waren es meine Männer, die den Alten endgültig erledigt haben, das genügt mir als Lohn.« Ludwig schwieg noch immer.
»Was hast du jetzt vor, Edelknappe?«
»Ich werde meinen Bruder benachrichtigen, er soll mir Geld senden, damit ich mir eine Rüstung und ein Schlachtross besorgen kann. Ich will Albrecht in aller Würde dienen.«
»Eine gute Idee. Bis dahin nimm du die Waffen deines Herrn und seinen Gaul, falls wir ihn noch finden. Lass dir vom Schmied längere Arm- und Beinschienen verpassen, dann sitzt sogar die Rüstung. Der König will sobald wie möglich wieder von hier verschwinden und sich der förmlichen Ernennung durch die Kurfürsten stellen, es kann also dauern, bis du zu deinem Bruder kommst. Jetzt lass uns den armen Konrad begraben, ein Gebet für ihn sprechen und anschließend ein Fass öffnen. Heute ist wahrhaft ein
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