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Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Siegel
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eine weite Reise, doch unser Freund hier ist der Vetter meines Gatten und weiß, wo wir ihn zu suchen haben.« Sie blickte Ditgurd an, der zuversichtlich nickte.
    Franziska wurde bange. Ihre Mutter und sie waren noch nie getrennt gewesen, waren durch die zurückliegenden Schicksalsschläge immer mehr zusammengewachsen und jetzt, da sie gemeinsam ein neues Leben aufbauen konnten, wollte Nele sie einfach allein lassen? In den nächsten Tagen schon? Sie gab sich alle Mühe, die Tränen zu unterdrücken. Ihre Mutter schien ihre Gedanken zu erraten.
    »Irgendwann wäre es ohnehin an der Zeit gewesen«, sagte sie sanft. »Irgendwann heißt es immer Abschied nehmen.«
    Maria sah von einer zur anderen und dachte an den Tag vor vielen Jahren, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war, in einem fremden Land, als ihre Mutter sie ein letztes Mal geküsst und sie ermahnt hatte, schön brav zu sein und Rochus und die Brüder nicht zu ärgern, bis sie am Abend wiederkäme. Sie hatten damals nicht ahnen können, dass diese kleine Szene voller Liebe und Zärtlichkeit ein Abschied für immer sein sollte. Tröstend legte sie ihre Hand auf Franziskas und sah Nele an. »Ihr seht Euch bestimmt bald wieder. Ein so großer Bär wie Hermann kann doch nicht so schwer zu finden sein«, sagte sie leise. Franziska schluckte. »Wann werdet Ihr fahren?«, fragte sie die Mutter.
    »Ich übernehme eine Bestellung nach Regensburg. Morgen sollte ich eigentlich los«, sagte der Fuhrmann, und Nele nickte.
    »Dann … dann will ich Euren Abschied nicht stören«, sprach Walram. Er sah auf die beiden Mädchen. »Ich habe ein Hinterhaus, in dem Ihr zwei Kammern und eine Stube und natürlich eine Küche findet. Wenn es Euch nicht unschicklich erscheint …« »Danke«, sagte Nele. »Das ist großzügig. Ich vertraue sie Euch an und freue mich auf ein Wiedersehen.«
    *
    Karl hatte es nicht besonders eilig gehabt, nach Nürnberg zu gelangen. Zunächst hatte er in Passau nach einem Zugvon Kaufleuten Ausschau gehalten, dem er sich anschließen konnte, um bereits so vor seiner Ankunft das Wichtigste über die Stadt und ihre einflussreichsten Bewohner zu erfahren. Es hatte fast zwei Wochen gedauert, bis er Reisende gefunden hatte, die ihn bereitwillig mitziehen ließen und ihm die nötigen Auskünfte erteilten. Weitere zwei Wochen wandte er auf, um das Umland der Stadt kennenzulernen und zu erfahren, mit wem aus dem Landstrich man sich gut stellen und mit wem man sich besser nicht anlegen sollte. Als er befand, sich ausreichend vorbereitet zu haben, ritt er in die Stadt und suchte Zacharias' Vetter Isaak auf.
    Der jüdische Kaufmann kannte den jungen Mann von einem Besuch in Budweis vor etwa zwei Jahren und hatte sich damals von seiner Tüchtigkeit und seiner Klugheit überzeugen können. Ruhig hörte er jetzt zu, wie Karl ihm in knappen Worten den Grund seiner Reise schilderte und ihm Zacharias' Wunsch mitteilte, ihn vorerst in der Gemeinde hier aufzunehmen und ihm möglicherweise eine Stellung zu vermitteln. »Euch unterzubringen ist ein Leichtes. Das Häuschen gegenüber steht leer. Ihr könnt umgehend einziehen. Es ist klein, aber in ordentlichem Zustand. Könntet Ihr Euch vorstellen, mir ebenso zu Diensten zu sein wie meinem werten Vetter?« Karl lächelte zustimmend, und so erklärte Isaak ihm die nächsten Schritte. »Meine Familie und ich machen diskrete Geschäfte bis in die höchsten Kreise, doch müssen wir uns als Juden natürlich im Hintergrund halten. Wir sind ein Volk ohne Land und hier wie andernorts selten willkommen, meist nur geduldet.«
    Karl nickte. »Ich weiß. Ich habe für Euren Vetter eine Reihe von Geschäften getätigt, die er deshalb nicht ausüben konnte.«
    »Und eben das sollt Ihr auch für mich tun. Es ist wichtig, dass Ihr rasch mit den bedeutendsten Persönlichkeiten der Stadt ins Gespräch kommt. Macht daher umgehend dem Bischof Eure Aufwartung. Am besten noch heute!«
    Karl dachte kurz über den Vorschlag des Kaufmanns nach, das Bindeglied zwischen ihm und den christlichen Machthabern zu bilden. Er konnte an der Idee auf den ersten Blick nichts Schädliches erkennen und stimmte zu.
    Bischof Arnold von Solms entstammte einem angesehenen Grafengeschlecht. Er galt als fortschrittliche Persönlichkeit und war bestrebt, als Vergrößerer seines Bistums in die Geschichte einzugehen. Obwohl sein Sitz eigentlich Bamberg war, hielt er sich lieber an seinem Nürnberger Hof auf, um die ständige Nähe zu Politik und Geld zu pflegen.

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