Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Auch zu Isaak und seiner Familie bestand eine langjährige diskrete Beziehung, aus der ein Teil der laufenden Finanzierung des aufwändigen Kirchbaus der Stadt entsprang. Bischof Arnold war der jüdischen Gemeinde stets wohlgesinnt.
Karl wurde nach der Mittagsstunde im Bischofspalast vorstellig und zu seiner eigenen Überraschung nach einer kurzen Wartezeit zu Seiner Exzellenz vorgelassen.
»Euer Name ist Euch vorausgeeilt«, sagte der Kirchenfürst, noch bevor Karl seinen Gruß aussprechen konnte. »Der Hauptmann meiner Leibwache, Ihr seht ihn hinter Euch, ist ein Veteran aus Akkon.« Karl drehte sich um und stand einem vierschrötigen, von zahllosen Gesichtsnarben gezeichneten Mann gegenüber, der ein leichtes Nicken des Erkennens zeigte.
»Ihr seid also der Sohn Henri de Montardiers?«
»Er war mein Adoptivvater«, erwiderte Karl.
»So wurde mir bereits berichtet. Der Hauptmann dienteunmittelbar unter ihm und kannte Euch als Kind, als ihr schwer verwundet von dem Ritter und seiner Gemahlin aufgenommen und als Zweitgeborener adoptiert wurdet. Euer Vater genoss in allen Kreisen höchste Anerkennung.«
Der Bischof ließ Wein und Süßgebäck bringen und forderte den jungen Man auf, von seinen Erlebnissen zu erzählen.
Eine Woche später war Karl zu einer privaten Abendgesellschaft eingeladen. Neben dem Bischof waren ein Graf, der ein entfernter Vetter des Bischofs war, und zwei weitere feine Herren mit ihren Damen anwesend. Der Graf wurde von einer sinnlichen Schönheit mit grünen Augen begleitet, die ein atemberaubendes Kleid trug, wie es die Nürnberger Gesellschaft bislang noch nicht gesehen hatte. Dazu ließ sie geschickt ihr höchst raffiniertes Schuhwerk sehen. Die beiden anderen Frauen waren ebenfalls jung und reizvoll, doch alle Blicke richteten sich auf die geheimnisvolle Schöne. Karl fielen sofort die vielen Knöpfe an ihrem Kleid auf, und er gab sich Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken.
Irgendwann im Laufe des Abends sprach der Bischof Elsbeth auf ihr außergewöhnliches Gewand und die eleganten Schuhe an. Es schien, als hätte sie auf das Stichwort gewartet.
»Stellt Euch vor, Exzellenz, ich habe vor einigen Monaten von diesen beiden jungen Meisterinnen aus Böhmen gehört, angeblich wahre Zauberinnen mit Nadel und Faden! Es hieß, ihre Kleider seien einmalig und allesamt mit diesen neuartigen Verschlüssen versehen, die Ihr auch hier an diesem Stück seht.« Sie hielt ihm einen ihrer Ärmel hin, der mit eng geknöpften Manschetten versehen war, gewährte dem Kirchenfürsten jedoch gleichzeitig einen Blick ausnächster Nähe auf ihre stramm verpackten Rundungen. »Diese Kleider sind teuer, gewiss, die Preise wage ich gar nicht laut auszusprechen, doch hieß es, sie seien jeden Gulden mehrfach wert. Das sind Handarbeit, Kunstfertigkeit und Erfindungsreichtum, wie sie in Bayern noch nicht gesehen wurden. Ich habe sofort diskrete Nachforschungen angestellt, wo diese sagenhaften Näherinnen denn zu finden wären. Oder war ich etwa einem Gerücht auf den Leim gegangen? Wollte jemand Scherze mit mir treiben? Meine Neugierde war entfacht. Schließlich ist es mir tatsächlich gelungen, die Frauen zu finden und sie mit der Verheißung auf Kundschaft, die ihrer Schöpfungen würdig ist, hierher nach Nürnberg zu locken! Und nun stellt Euch vor: Seit wenigen Tagen gehen sie hier in Eurer Stadt bei einem eingesessenen, doch zurückhaltenden Meister ihrer Kunst nach. Aus Wertschätzung und Dankbarkeit für meinen Einsatz und meine Hartnäckigkeit haben die Frauen mir das allererste Kleidungsstück ihrer hiesigen Karriere überlassen. Es ist dieses Kleid, das ich heute Euch zu Ehren und Gefallen angelegt habe.«
So sprach sie zuckersüß und sonnte sich in der Bewunderung, die die anderen Gäste und der Bischof ihr zollten. Irgendwann legte sie eine Hand auf die Schulter des Grafen und schwärmte von Beinkleidern, Wämsern und Röcken aus der Werkstatt Walrams, nach denen sich bald jedermann umdrehen würde, und forderte ihren Galan auf, er müsse dort einfach seine Kleider für seinen bevorstehenden Besuch beim König fertigen lassen, wolle er nicht wie ein altmodisches Landei wirken. Der Ärmste, der den ganzen Abend hindurch wie ein zahmes Hündchen seiner Begleitung gewirkt hatte, nickte nur ergeben. Die beiden anderen Damen bemühten sich, freundliche Gesichter zu machen und Elsbeth zu beglückwünschen, doch Karl entging nicht, wie sie ihre Gatten heimlich anzischten. Gegen Ende des Abends
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