Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
folgenden Samstag ein. Graf Meynhard, der wieder in der Stadt weilte, erbot sich nach sanftem Drängeln Elsbeths, Ludwig ausfindig zu machen und ihn zu Franziska zu schicken. Als Walram und die beiden Mädchen am Montag nach einem anstrengenden Arbeitstag die Werkstatt abschlossen, stand der junge Edelknappe plötzlich vor ihnen.
Verlegen lächelten er und Franziska sich an. Maria fiel ihrem Bruder um den Hals und küsste ihn auf beide Wangen. Dann zog sie sich zurück und scheuchte auch die neugierig schielenden Näherinnen und die Gesellen aus dem Haus.
Schließlich trat Ludwig einen Schritt auf Franziska zu und griff zögernd nach ihren Händen. Zärtlich drückte er sie an sich, fühlte ihren weichen Körper, roch ihr Haar und spürte ihren warmen Atem. Sie hob ihm ihr Gesicht entgegen. Vorsichtig näherten seine Lippen sich den ihren. Der Kuss war lang und sanft. Franziska wünschte, dieser Augenblick würde nicht vergehen. Für immer wollte sie den Geliebten in ihren Armen halten. Die wenigen Monate hatten ihn verändert. Sein Gesicht sah markanter aus, das Kinn energischer. Muskulös war er früher auch schon gewesen, doch jetzt fühlte sich sein Körper noch fester und stärker an. Ein sorgfältig gestutzter dünner Bart ließ ihn erwachsener und würdiger erscheinen. Aus dem jungen Burschen, der sie vor dem grässlichen Bero gerettet hatte, war ein Mann geworden.
Stolz erzählte er von der Schlacht gegen Adolf, schwärmte ihr vom Stab des Königs vor, dem die klügsten und wichtigsten Köpfe des Reiches angehörten und deren Bekanntschaft er machen durfte. Er selbst gehörte dem Tross an und bekam immer wieder Aufgaben wie Heroldsdienste oder die Beaufsichtigung der Soldatenausbildung durch die königlichen Offiziere. Der König hatte sich mit ihm sogar einmal über sein Pferd unterhalten, das dem Fürsten anscheinend Achtung abgerungen hatte. Er war überzeugt, dass Albrecht niemals vergessen würde, was er für ihn getan hatte, und spürte, dass der König durchaus ein Auge auf ihn geworfen hatte. Bestimmt würde er eines Tages den Ritterschlag erhalten, und wenn er sich lange genug bewährte, wer weiß, würde er möglicherweise eines Tages ein eigenes Lehen zugesprochen bekommen. Er malte sich sein Leben zwischen Adeligen, Kirchenfürsten und Höflingen aus und merkte dabei nicht, dass Franziskas Blick, trotz aller Verliebtheit und Bewunderung, von Traurigkeit umwölkt war. Schmerzhaft wurde ihr bewusst, dass sie trotz ihrer Tüchtigkeit und ihres Erfolgs letztendlich nur eine einfache Schneiderin war und auch nie etwas anderes sein würde. Ihr Vater und ihr Stiefvater waren durch harte Arbeit und etwas Glück in den Bürgerstand aufgestiegen, und wenn sie sich anstrengte, dann würde ihr das Gleiche gelingen, sie könnte in einer bedeutenden Stadt wie Nürnberg vielleicht eines Tages Zunftmeisterin werden. Aber hatte sie Platz im Leben und an der Seite eines Adeligen, der in die obersten Kreise gelangen wollte? Ludwig, so klug er sonst war, schien so weit noch nicht gedacht zu haben.
Doch als sie wieder seinen verliebten Blick und das Leuchten seiner Augen sah, verscheuchte sie die bitteren Gedanken. Jetzt war Ludwig hier, hier bei ihr, und das war es, was im Augenblick zählte. Sie drückte ihn fester an sich und genoss den nächsten Kuss. Sie würde niemals einen anderen Mann lieben, dessen war sie sicher.
Ludwig musste am Abend wieder in der Burg sein, in der der König und seine wichtigsten Männer sich einquartiert hatten. Er hatte einige Dinge zu erledigen, unter anderem sollte er mit dem Majordomus der Burg Einzelheiten für dasFest besprechen, das am kommenden Samstag für die Herren des Rats und ausgesuchte Bürger gegeben werden sollte. Der König legte Wert darauf, sich so vielen Menschen wie möglich zu zeigen und seine Untertanen ihm zugetan zu stimmen.
Am kommenden Tag erschien Ludwig wieder im Haus Walrams und verlangte aufgeregt, Franziska, Karl und Maria zu sprechen. Karl brütete bei Isaak über Geschäftsbüchern und musste erst herbeigeholt werden.
»Es ist ganz unglaublich! Ihr wisst gar nicht, was für mächtige Fürsprecher ihr habt. Dieser Graf Meynhard, ich hatte ihn schon mehrmals in der Nähe des Königs gesehen, hat sich für euch eingesetzt. Ihr seid alle zu dem Fest auf der Burg geladen! Ihr beide«, er sprach zu Maria und Karl, »seid als meine Geschwister Gäste an einer der Haupttafeln, ganz in der Nähe des Königs, und du«, strahlend sah er Franziska
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