Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
an, »sollst unter den Zunftmeistern sitzen, stell dir das vor! Ihr geht zum König, schon diese Woche!«
Franziska war sich nicht sicher, ob sie sich freuen sollte. Natürlich war es ein Zeichen von Anerkennung, dass auch das Handwerk und nicht nur die Ratsherren und die reichen Kaufleute zu dem Fest geladen waren, und dass sie sich zu seinen Vertretern setzen durfte, ehrte sie, aber sie wusste dennoch nicht so recht, was sie dort sollte. Sie fragte vorsichtig, ob Walram auch eingeladen war. »Als Zunftmeister wird sogar von ihm erwartet, dass er erscheint. Du bist seine Begleitung, so hat Meynhard das mit dem Truchsess abgesprochen. Freue dich, wir gehen auf ein Fest!«
Maria riss die Freundin aus ihren Gedanken. »Ich habe drei Kleider zur Auswahl, und ich glaube, ich werde das himmelblaue tragen, das gefällt mir am besten. Und du, Franziska, solltest über deine Garderobe nachdenken!«
»Wieso?«, entfuhr es Franziska, ehe sie sich erschreckt eine Hand vor den Mund hielt. Sie hatte für sich selbst bisher nur Alltagskleider gefertigt und im Leben nicht daran gedacht, dass sie je ein Festtagskleid für eine königliche Feier benötigen würde. Die Werkstatt erstickte in Aufträgen. Sie hatte tatsächlich keine Zeit, um für sich selbst ein Kleid zu schneidern, doch mit einem Mal lachte sie hell auf. »Wie der Schuster Hoimar in Budweis, der im Sommer stets barfuß lief. Ich habe ihn einmal gefragt, warum er das tat, und er hat geantwortet, dass seine Schuhe so beliebt seien, dass er nie dazu kommt, für sich selbst auch welche zu nähen. Jetzt ergeht es mir genauso!«
Wieder hatte Ludwig nur wenig Zeit und wurde nach einer Stunde schon wieder auf der Burg erwartet. Einerseits traurig, weil der Geliebte wieder fort war, andererseits froh, nicht von der Arbeit abgehalten zu werden, ging Franziska ans Werk. Sie entschied sich, Marias dunkelrotes Kleid für sich umzuarbeiten. Die Farbe schmeichelte ihr, und außer einer knappen Spanne an Rocklänge und ein paar Änderungen am Mieder war wirklich nicht viel daran zu tun.
Elsbeths neues Kleid hingegen bereitete deutlich mehr Mühe. Franziska hatte vorgeschlagen, es nicht ganz so kostbar wie die Roben der Ratsherrenfrauen oder der Frauen der Stadtadeligen zu machen, die schließlich ihre wichtigste Kundschaft waren, aber dafür am Schnitt neue Dinge zu wagen, die nur eine junge, schöne Frau tragen konnte. Elsbeth hingegen war anderer Ansicht gewesen: Experimente am Zuschnitt waren ihr recht, solange sie ihr zur Zierde gereichten, doch sollte das Kleid die Gewänder aller anderen Frauen übertreffen. Diesmal war es Maria, die den rettenden Einfall hatte, und Karl sollte für seine Durchführung sorgen: Er verbreitete wie beiläufig bei dem einen oder anderen Kaufmann das Gerücht, der Graf hätte eine für ein Gewand unvorstellbare Summe geboten, um seinen Schützling bei Hofe so strahlend wie möglich zu präsentieren. Ebenso lässig ließ er die eine oder andere Bemerkung darüber fallen, dass der Edelmann wohl seiner Hetäre überdrüssig sei und sie am Königshof verschachern wolle. »Wenn ein Mann wie Meynhard erst einmal seinen Spaß gehabt und sein Mütchen gekühlt hat, Ihr versteht …«
*
Die Feierlichkeit sollte am Nachmittag des Samstags beginnen. Da nicht alle Gäste in der großen Halle untergebracht werden konnten, waren auch einige Räume der Burg dafür vorbereitet worden. Die Ratsherren und die niederen Adligen saßen an den unteren Enden der halbrunden Tafel, mit freiem Blick auf den König und seine Gemahlin. Dann folgten der höhere Adel und die Geistlichkeit und am oberen Ende der Bischof, die königlichen Ratgeber und der engste Kreis des Hochadels. Die übrigen Gäste, die in Nebenräumen bewirtet wurden, hatten die Ehre, an den Majestäten und ihrem engsten Kreis vorbeizudefilieren und ihren Knicks oder ihre Verbeugung zu machen. Eine strenge Reihenfolge wurde eingehalten; ein Junker las den Namen eines jeden Einzelnen aus einer Schriftrolle.
Elsbeth saß neben Meynhard sehr weit oben an der Tafel, obwohl man dem Grafen ursprünglich einen Sitzplatz etwa an der Mitte zugeteilt hatte. Als Elsbeth angesichts des Reichskanzlers ein zufälliges, doch weithin zu hörendes »Oheim? Ihr hier? Welch eine Freude!« entfuhr, wurden ihr und ihrem Begleiter rasch bessere Plätze zugewiesen. Der König schien sehr interessiert an der Nichte seines Kanzlers zu sein, wie ein langer huldvoller Blick vermuten ließ. Ihr Kleid hatte das Seinige
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