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Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Siegel
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doch einfach abzusagen und sie weiterhin mit Franziska Kleider fertigen zu lassen.
    Aber Maria von Montardier war kein Mädchen, das sich nur von seinen Gefühlen leiten ließ. Trotz des Rufs ihres Herzens arbeitete ihr Geist so, wie er erzogen worden war. Sie dachte an ihre Mutter und ihren Vater. Auch sie warenEdelleute gewesen und hatten sich den Pflichten ihres Standes gefügt. Wäre es nicht auch ihr Wunsch gewesen, sie gut an den Mann zu bringen? Und würde sie durch ein Leben bei Hof nicht auch immer in der Nähe ihres einzigen echten Verwandten sein? Hilfesuchend sah sie Franziska an, deren Gesicht wie versteinert wirkte, während Ludwig vor Stolz und Freude strahlte.
    Sie blickte sich nach Karl um, der hinter ihr stand und ihr freundlich zulächelte. Er schien erkannt zu haben, was in ihr vorging. »Angst?«, fragte er. »Die Leute bei Hof sind auch nur Menschen, habe ich mir sagen lassen, und so wie heute der Adel nach Franziska und euren Kleidern gegiert hat, wird die Werkstatt in nächster Zeit einiges mit den Wichtigen und Mächtigen zu tun haben. Ich werde also auch immer wieder in deiner Nähe sein, und bestimmt erhältst du die Erlaubnis, uns alle oft zu sehen. Der Hof ist kein Kloster und kein Gefängnis, sagt man.«
    Maria nickte. Bestimmt hatte er Recht, wie meistens.

DRITTER TEIL

WIEN   Dezember 1300
    Franziska konnte nur mit Mühe ihre Nervosität vor den Näherinnen verbergen. Der Auftrag, für den sie nach Wien gereist war, sollte der Höhepunkt ihres bisherigen Schaffens werden. Einige Tage nach dem königlichen Fest hatte der Truchsess des Hofes die Schneiderei aufgesucht. Seitdem fertigte ihre Werkstatt sogar für die königliche Familie. Königin Elisabeth hatte mehrere Kleider schneidern lassen, ihre Töchter ebenfalls, und sogar der König und der Kanzler trugen bisweilen Roben, die Franziska eigenhändig entworfen hatte.
    Die größte Ehre wurde ihr jedoch zuteil, als man vor zwei Monaten nach ihr geschickt, sie eingehend zur Leistungsfähigkeit ihres Betriebes befragt und ihr schließlich diesen Auftrag erteilt hatte: Sie sollte Kleider für die größte königliche Hochzeit entwerfen, die seit Generationen in Deutschland gefeiert wurde. Albrechts ältester Sohn Rudolf heiratete die Tochter eines der höchsten Fürstenhäuser Europas, keine Geringere als die Halbschwester des derzeit mächtigsten Herrschers des Kontinents. Prinzessin Blanche von Frankreich, die junge Braut, sollte in den nächsten Tagen in Wien eintreffen, und Franziska und die Mitarbeiter ihrer Werkstatt warteten bereits ungeduldig auf die junge Frau. Walram hatte sehr bedauert, nicht mitreisen zu können, weil er den heimischen Betrieb überwachen wollte und seine Gicht ihm langes Reisen in winterlicher Kälte unmöglich machte. Um Franziska dennoch den nötigen Schutz und dieunumgängliche Anstandsbegleitung mitzugeben, waren sein Rossknecht Giso sowie eine respektable Witwe aus einem nahe gelegenen Stift mit Franziska gereist. Beide waren über diesen Auftrag und den zusätzlichen Verdienst hocherfreut. Vor wenigen Wochen hatten sie alle die lange und beschwerliche Reise nach Österreich unternommen und mühten sich seitdem von Sonnenaufgang bis spät in den Abend, um die Wünsche des Königshauses zu erfüllen. Die Königin persönlich hatte Franziska ausrichten lassen, dass die Kleider Blanches von nie gekannter Pracht sein mussten. Die Größe der Braut war Franziska vorab mitgeteilt worden. Man hatte ihr außerdem eine Miniatur gesandt, auf der Haarfarbe und Augen der Prinzessin zumindest zu erahnen waren.
    Blanche sollte mit ihrem Gatten Rudolf, dem Herzog von Österreich, hier in Wien oder in der Steiermark leben und sich so schnell wie möglich als gewinnbringende Anlage für beide Reiche erweisen. Es war Albrechts Vision, dass einer seiner Nachkommen eines Tages über das gesamte alte Frankenreich herrschen und das deutsche mit dem französischen Königreich vereinen sollte.
 
    Unwillkürlich musste Franziska seufzen. Wie so häufig schweiften ihre Gedanken zu Ludwig ab. Sie hatten sich in den beiden letzten Jahren so oft wie möglich getroffen, und stets hatte sie für ihn das Gleiche empfunden wie früher in Budweis oder bei ihrem Wiedersehen in Nürnberg. Nun wurde sie bald achtzehn, und so langsam sollten sie über ihre Zukunft entscheiden, wusste sie. Hoffentlich brachte Ludwig das Thema endlich zur Sprache, wenn sie sich das nächste Mal sahen. Sie konnte ihrem Edelmann zwar keinen ebenbürtigen

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