Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Decken gewickelt, machten sie und ihre Näherinnen sich in zwei geschlossenen Kutschen, die der Hof zur Verfügung gestellt hatte, auf den Weg donauaufwärts. Die Näherinnen waren fröhliche junge Frauen und vertrieben sich die Zeit mit allerlei Scherzen und Schabernack, und Franziska ließ sich von ihrem Vergnügen anstecken, sodass sie trotz der Kälte die Reise wohlgelaunt überstanden. Franziska traf die junge Fürstentochter in der kleinen Stadt Melk, die sie bereits von ihrer Anreise im Herbst her kannte. Sie mussten über den breiten Strom setzen, der vom Winterhochwasser geschwollen war und die Fähre gefährlich schwanken ließ.
Blanche erwartete sie mit ihren Hofdamen im Kloster des Ortes, einem reichen Stift mit einer angesehenen Klosterschule, das für den Empfang hoher Herrschaften gerüstet war. Die junge Frau war höchstens so alt wie Franziska, vielleicht ein oder zwei Jahre jünger, doch selbstbewusst und energisch. Ihr Deutsch war mäßig, aber es gelang ihr, sich verständlich zu machen, während Franziska kein Wort Französisch sprach. Zunächst gab Blanche sich äußerst zurückhaltend und reserviert, als Franziska zu ihr geführt wurde. Franziska hatte in den letzten beiden Jahren reichliche Erfahrung auch mit dem höchsten Adel gesammelt und gelernt, dass das Interesse dieser Herrschaften nicht ihrer Person galt, sondern ihrem Können. Schnell nahm sie Maß an der Französin, die etwas kleiner war, als der Hof Franziska mitgeteilt hatte. Aus diesem Grund bat Franziska, man möge ihr die Schuhe der Prinzessin zeigen. Man zeigte ihr mehrere Paare, und Franziska deutete auf die Absätze und schaute fragend deren Besitzerin an. Blanche verstand sofort und wies auf das Paar mit den höchsten.
Eines der vorbereiteten Kleider, eine Kreation aus rotem Wollstoff und als Tageskleid für den Antrittsbesuch bei der Königin gedacht, entsprach in seiner Länge etwa der Größe der so beschuhten Fürstentochter. Franziska legte es ihr gemeinsam mit einer Zofe an und erklärte Blanche die Knöpfe und deren Funktion. Blanche war beeindruckt. Ein schelmisches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie rasch begriff, wie sie dank des versteckten Knöpfchens die Tiefe ihres Dekolletés verändern konnte.
Franziska hatte acht Kleider vorgefertigt, darunter das Kleid für den ersten Empfang in Wien sowie das Brautkleid, das ihr ganzer Stolz war. Das Kleid bestand aus Seide, nur an einigen Stellen wurde zur Verstärkung Leinen verwendet. Die Knöpfe waren aus teurem Schildpatt und fein ziseliertem Silber, am Mieder sogar aus Gold. Der fast weiße Stoff bot einen reizvollen Kontrast zu dem dunklen, rötlich schimmernden Haar der Prinzessin, und der raffinierte Schnitt schmeichelte ihrer schlanken Figur. Blanches Haupt sollte mit einem goldenen Reif gekrönt sein, an dem ein feiner Schleier befestigt wurde. Der Schleier bestand aus gebleichter und federleichter Muschelseide, schimmerte weißer als Schnee und durfte erst am Tag der Hochzeit erstmals angelegt werden, zu kostbar war das Material, zu groß die Gefahr, es zu verletzen.
Als Franziska das Hochzeitsgewand für Blanche entwarf und nähte, hatte sie all ihre eigenen Wünsche neben denen der Auftraggeber eingearbeitet, und jede Idee, die ihr reizvoll erschien, in der Ausführung verwirklicht. Dieses Kleid sollte sie endgültig an die Spitze der europäischen Stoffkünstler setzen, hatte sie sich vorgenommen.
Die Gewänder waren allesamt von Königin Elisabeth persönlich in Auftrag gegeben worden, die die Frau ihres Sohnes und offiziellen Herrschers der Region in beispiellosem Glanz vor den Untertanen vorführen wollte. Die Kosten für diese Arbeiten wurden der königlichen Mitgift entnommen, und Franziska hatte bereits eine großzügige Anzahlung erhalten. Die Preisverhandlungen mit dem königlichen Truchsess hatte Franziska alleine geführt. Nachdem Franziska erfahren hatte, dass die Rechnung aus den Truhen Frankreichs beglichen werden sollte, hatte sie die geforderte Summe ohne übertriebene Bescheidenheit festgesetzt.
Franziska und ihre Mädchen arbeiteten schnell und präzise. Eine der königlichen Zofen ging ihnen zur Hand und zeigte ihnen, worauf die Prinzessin bei ihren Kleidern höchsten Wert legte. Besonders gefielen den französischen Damen die teuren Pelze, die zur Verbrämung und als Futter für die Umhänge Blanches verwendet wurden. Es war beispiellos schöne und kostbare Ware aus den Gegenden des Nordens, für deren Beschaffung der
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