Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
der Markt orientierte.
Noch vor der Hochzeit hatte sie mit Isaak die Idee besprochen, das Herstellen der Knöpfe nicht ausschließlich fremden Handwerkern zu überlassen, die ansonsten mit ganz anderen Aufgaben beschäftigt waren und die Knopfherstellung nur am Rande betreiben konnten. So simpel ein Knopf auch wirken mochte, es gehörte schon eine gewisse Fertigkeit dazu, Mantel-, Hemd- oder Hosenknöpfe in gleichbleibender Güte und von solcher Gefälligkeit herzustellen, dass sie auch das Gewand eines Fürsten oder Bischofs zieren konnten. Die Handwerker der Stadt arbeiteten ihrer Ansicht nach weder schnell noch preiswert genug, zudem benötigte man für die Knopfherstellung unterschiedliche Handwerker. Die einfachsten Knöpfe waren aus Holz, jedoch arbeitete Franziska nicht gern damit, obwohl das Material bei großen Knöpfen, wie man sie für Mäntel brauchte, seine Vorteile hatte. Schöner, aber auch wesentlich teurer waren Knöpfe aus Horn, die man fein schleifen und kunstvoll bearbeiten konnte. Abwurfstangen von Hirschen oder Geweihe von Rehböcken waren besonders edel, doch schwer einzukaufen, da die Jagd und die Verfügung über die Trophäen den Grundherren vorbehalten war. Am schönsten waren Knöpfe aus Edelmetall. Silber war mittlerweile sehr beliebt, auch Gold wurde bisweilen verwendet, war jedoch selbst den Reichen meist zu teuer.
Franziska hatte Erkundigungen angestellt, welche Handwerker und Arbeitskräfte vor Ort verfügbar wären, und sich lange mit Walram und Nele beraten. Keinesfalls wollte sie in Nürnberg produzieren, zu groß war die Gefahr, wieder Neid und Missgunst zu erregen, doch allzu weit durfte der Betrieb auch nicht entfernt sein.
Schließlich kam Franziska der Zufall zu Hilfe. Graf Meynhard beehrte sie wieder, diesmal um sich einen eleganten Jagdrock fertigen zu lassen. Er klagte ein wenig über die Landwirtschaft und die Abhängigkeit vom Wetter, die ihm Sorgen bereitete, zumal der König es sich mehr und mehr zur Gewohnheit machte, seine Vasallen in immer kürzeren Abständen zur Kasse zu bitten. Dazu kam, dass Meynhards Lebenswandel nach wie vor höchst kostspielig war.
»Auf Euren Ländereien findet sich doch eigentlich alles, was ich zur Herstellung von Knöpfen brauche«, setzte Franziska schließlich an. Der Graf schien zunächst nicht zu verstehen. »Ich möchte Euch einen Vorschlag unterbreiten, der Eure Sorgen und meine Bedürfnisse gleichermaßen stillen könnte. Ich möchte Knöpfe herstellen. Knöpfe, die wir Schneider hier in Nürnberg selbst verarbeiten, die aber auch über fahrende Händler landauf und landab verkauft werden. Überall im Reich und darüber hinaus sollen Nürnberger Knöpfe verwendet werden.« Der Graf sah die junge Frau fragend an. »Zu Beginn benötigen wir nur ein großes, helles Gebäude und Unterkünfte für die Arbeiter. Und ein bisschen Material, für das Ihr sorgen könntet.«
Der Graf zögerte. Er verfügte nicht über die gewiss notwendige Barschaft zur Bereitstellung des Gewünschten. Franziska erahnte seine Gedanken und enthob ihn der Peinlichkeit, indem sie ihm erklärte, dass sämtliche Geldmittel zur Betriebsgründung von ihr selbst und ihren eventuellen Teilhabern kommen sollten. Nachdem sie ihm ihre weitere Planung und den Umfang seiner möglichen Beteiligung erläutert hatte, stimmte Meynhard dem Vorhaben schließlich zu, und Franziska sah die Erleichterung in seinem Blick, als er ihr erklärte, dass er sich nun wohl nicht mehr zu Isaak begeben müsste, mit dem er sich in aller Diskretion wegeneines möglicherweise demnächst nötigen Darlehens für seinen Gutsbetrieb und vor allem für die königlichen Abgaben verabredet hatte.
»Zu Isaak müsst Ihr dennoch in Kürze – er verwahrt die Unterlagen und Dokumente zur Gründung des Unternehmens und die Vollmachten von Maria und Karl, die sich ebenfalls beteiligen wollen. Er wird Euch in die Einzelheiten unseres Unternehmens einweihen. Herzlich willkommen in unserer kleinen Gesellschaft, Herr Graf!«
*
Die Schwangerschaft verlief ohne Schwierigkeiten. Franziska war kerngesund. Sie strahlte Kraft und Lebensfreude aus. Die Schneiderwerkstatt lief erfolgreich und wuchs noch immer stetig. Um die zwanzig Männer und Frauen arbeiteten in dem Betrieb. Die anderen Schneider der Stadt sorgten dafür, dass geknöpfte Kleider für Arm und Reich und Jung und Alt zur Selbstverständlichkeit wurden.
Franziskas Schützling, der ehemals kleine Trudbert, hatte seine Gesellenprüfung abgelegt
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