Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
an die Befehlshaber nach Akkon zurückgekehrt und hatte sich bestimmt danach bei ihrem Mann zum Dienst gemeldet. Vielleicht hatte Henri ihn nochmals nach Zypern gesandt; möglicherweise wusste er Näheres über seinen Verbleib.
Catherine hatte noch nie zuvor eine Hafenschänke betreten und musste sich überwinden, um einen Fuß in den Schankraum zu setzen, in dem sie sofort ein ziemlich übler Geruch umwehte. Bero saß mit einem etwas heruntergekommenen Seemann und einer schmutzigen Frau von unzweifelhaftem Gewerbe an einem der Tische und hob den Becher. Die Frau leckte sich über die Lippen und sah mit geröteten Augen gierig auf den Weinkrug. Catherine trat an Bero heran und berührte ihn an der Schulter.
»Bero! Wie kommt Ihr hierher? Schickt Euch Henri? Bringt Ihr Nachricht?« Sie sah ihn hoffnungsvoll an. Bero schien zu erschrecken, fasste sich jedoch wieder und sprangauf. »Madame, was führt Euch in diese Schänke? Dies ist kein Ort für Euch! Ich geleite Euch nach Hause!« Er griff nach seinem Umhang und führte Catherine auf die Straße, weg von den Menschen auf die dunklen Gassen zu.
»Nun sprecht! Wann seid Ihr angekommen? Ich habe Euch nicht am Hafen gesehen, aber bei diesem Trubel …«
»Ich … Ich habe eine Nachricht für den König zu überbringen, von seinem Bruder.«
»Aber wie kann das sein? Der König ist erst heute aus Akkon zurückgekehrt. Warum hat man Euch …« Plötzlich durchfuhr sie ein eiskalter Schauer. Weder einer der Befehlshaber noch Henri hätten einen wehrfähigen Mann dem König noch am Tag seiner Anreise hinterhergeschickt. Wenn er hier war und gemütlich in der Schänke saß, während jeder andere Mann in Akkon unter Waffen stand, war nur eine Schlussfolgerung möglich: Er hatte Stadt, Einheit und seine Kameraden im Stich gelassen.
»Hört, Bero, ich werde zu niemandem auch nur ein Wort … Auch nicht zu Henri … Bitte … bitte lasst mich zurück zu meinen Kindern!« Sie spürte Steine in ihrem Rücken. Bero hatte sie in eine Mauernische gedrängt und drückte ihr den linken Unterarm gegen die Kehle. »Bitte …«, gelang es ihr noch zu sagen, als der Dolch schon in ihren Leib fuhr. Ihre Knie gaben nach und sie sank zu Boden. Ein Schmerzensschrei entfuhr ihr, als Bero die Waffe aus ihrem Leib riss und ausholte, um ein weiteres Mal zuzustoßen. Da hörte er Schritte auf dem Pflaster. Laute Schritte, Schritte von einem Mann, der beim Gehen weit ausholte und anscheinend Holzschuhe trug. Hastig stieß er noch einmal zu, bevor er zurücksprang, um sich in Sicherheit zu bringen. Der Griff des Dolches verhedderte sich in der Verschnürung von Catherines Kleid. Das Geklapper kam näher. Bero sprang auf und stürzte geduckt in die nächste düstere Gasse.
Rochus schalt sich, dass er so lange mit den Kindern herumgealbert hatte und sich erst nach Einbruch der Dunkelheit auf den Weg zum Hafen machte. Bestimmt war die Herrin ihm wieder entgegengegangen. Er hielt Ausschau, ob er ihre Gestalt irgendwo entdecken konnte. Es gab mehrere Straßen, die zum Hafen führten. Bisher waren sie immer dieselbe gegangen, eine schmale Gasse, die direkt unter dem Bischofspalast begann und bei den Schänken endete. Plötzlich gewahrte er den Schatten eines Mannes, der gebückt in eine der nächsten Gassen entschwand.
Als er näher kam, sah er einen reglosen Frauenkörper in einer Nische liegen. Er erkannte Kleid und Schuhe sofort. Er fiel neben seiner Herrin auf die Knie, legte den Arm unter ihren Nacken, und Tränen stiegen Rochus in die Augen, als er den Dolch in Catherines Brust stecken sah. Noch rann Blut aus ihren Wunden. Er versuchte, ihren Kopf ein wenig anzuheben. Sie öffnete die Augen. Er wusste nicht, ob sie ihn erkannte. Ihre Lippen bewegten sich. Rochus hielt sein Ohr ganz nah an ihren Mund. »Restwangen«, hauchte sie. »Bero von Rest…« Ein Zucken durchlief sie, und ihr Haupt lastete plötzlich schwer auf Rochus' Arm. Wie ein letztes Seufzen entströmte Luft ihren Lungen, und ihr Kopf fiel zur Seite. Rochus bettete ihn so gut er konnte auf den Boden und schloss ihre Augen und ihren Mund. Nur schwach konnte er Catherines Gesicht im letzten Rest des Abendlichtes sehen. Wie schön sie ist, dachte er nur, wie schön sie ist.
Zunächst hatten die Büttel ihn selbst in Verdacht, seine Herrin ermordet zu haben, doch dieser Vorwurf wurde rasch entkräftet. Sein Leumund war gut, er stand in festen Diensten und außerdem, welchen Vorteil hätte die Tat ihm eingebracht? Nach einer
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