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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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was zu tun ist.«
    Melisande schob den Brief unter ihr Gewand, dann beugte sie sich über ihre Schwester und raunte ihr zu: »Du passt solange auf meine Knöpfe auf, Alina.«
    Als das Mädchen nickte, gab sie ihm einen Kuss, dann warf sie sich ihr Schultertuch über und lief hinaus in die Nacht.

3. Kapitel
    Mit mürrischem Gesichtsausdruck eilte der Graf von Lichtenfels über den nächtlichen Schlosshof zum Kerker. Dass der Wind dabei heftig an seiner blauen, pelzverbrämten Houppelande zerrte und ihm Strohhalme ins Gesicht wehte, trug nicht gerade zu seiner Aufheiterung bei. Enttäuschung und Zorn tobten in ihm.
    Der Überfall auf das Lager der Aufständischen war zwar erfolgreich gewesen, doch offenbar war ihnen der Urheber des Aufruhrs durch die Lappen gegangen. Jener Mann, den der Bischof mehr als jeden anderen in die Hände bekommen wollte.
    Dieser Joß Fritz narrte sie nun schon seit Wochen. Hier und da meinten Späher ihn zwar gesehen zu haben, doch sobald die Männer des Grafen auftauchten, war er fort. Durch den Verrat des letzten Versammlungsortes der Aufständischen hatte sich eine günstige Gelegenheit ergeben, Fritz zu fangen. Umso unglaublicher erschien es dem Grafen, dass es ihnen wieder nicht gelungen war. War dieser Kerl etwa mit dem Teufel im Bunde?
    Wütend trat Lichtenfels nach einem Hund, der seinen Weg kreuzte. Jaulend verschwand das Tier in der Dunkelheit. Die beiden Soldaten, die vor der Kerkertür postiert waren, zuckten zusammen.
    Es war bekannt, dass der Graf gern seine Wut an Untergebenen ausließ, an Tagen wie diesen war es daher besser, ihn weder krumm anzusehen noch ihm sonst einen Grund zu geben, nach der Peitsche an seinem Gürtel zu greifen.
    Doch dieses Mal hielt sich Lichtenfels zurück. Er tauchte in den von Fackeln nur spärlich erhellten Kerker ein und strebte der Folterkammer zu.
    Der Gestank nach Blut und Ausscheidungen durchsetzte den allgegenwärtigen Modergeruch, der von dem alten, feuchten Stroh ausging.
    Gleich nach der Ankunft der Gefangenen hatten sie mit den Verhören begonnen. Dass dabei bisher nicht viel herausgekommen war, konnte er nicht einmal den Folterknechten anlasten. Sie versahen ihre Arbeit prächtig, aber die Bauern der Gegend waren so halsstarrig, wie es ihm noch nie untergekommen war.
    Lichtenfels sehnte sich danach, sich in seine Gemächer zurückzuziehen und sich auszuschlafen. Seine Knochen fühlten sich schwer an, und seine Verdauung machte ihm seit dem letzten Ritt noch mehr zu schaffen. Aber die Pflicht hielt ihn davon ab, seinem dringendsten Bedürfnis nachzugeben.
    Um den Bischof zu beeindrucken und sein Wohlwollen zu erlangen, hatte er es sich nicht nehmen lassen, das Unternehmen gegen den Bundschuh selbst anzuführen. Nur deshalb waren seine Soldaten so gründlich vorgegangen. Wer eine Waffe gegen sie erhoben hatte, wurde bekämpft, wer nicht aufgeben wollte, bekam Schwertstahl zu schmecken.
    Doch ums Töten war es nicht vorrangig gegangen.
    Über des Grafen Gesicht, das von zahlreichen Narben verunziert war, huschte ein grausames Lächeln. Nein, es gab schlimmere Strafen als den Tod. Natürlich würde der Bischof dafür sorgen, dass der Henker zu tun bekam. Aber wo kämen sie hin, wenn sie alle Bauern des Landstrichs umbrächten? Wer sollte ihnen dann die Steuern erarbeiten?
    Nein, es war besser, wenn die meisten Bauern wieder auf ihre Scholle kamen – gebrochen, gedemütigt und mit noch höheren Steuern belegt als vorher.
    Mit einem kraftvollen Ruck öffnete er die Tür zum Folterkeller. Der ihm entgegenströmende Geruch nach Blut und verbranntem Fleisch schreckte Lichtenfels längst nicht mehr. Auf den Schlachtfeldern, die in seiner Jugend beinahe zu seinem Zuhause geworden waren, hatte er weitaus schlimmere Dinge gesehen.
    »Euer Gnaden.« Die anwesenden Henkersknechte verneigten sich tief.
    Lichtenfels bedeutete ihnen, sich wieder aufzurichten. Dann wandte er sich der Streckbank zu. Den darauf gebundenen Mann hatte man früher gewiss als ansehnlich bezeichnen können, doch nun verschwanden seine ebenmäßigen Züge unter einer Schicht aus Blut und Schmutz. Schweiß- und Tränenbäche wuschen hier und da den Dreck vom Gesicht herunter, trotzdem verbesserte sich sein Aussehen in keiner Weise.
    Den Grafen scherte es nicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde der Mann zu jenen zählen, die unter das Beil des Henkers gelangten.
    »Habt ihr seinen Namen in Erfahrung gebracht?«, wandte sich Lichtenfels an einen der Henkersknechte. Da ihr

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